Selbst früher, als noch die Wehrpflicht bestand, war das bestimmt auch schon so, dass eigentlich kein Mann direkt gezwungen werden konnte, sich bei der “Musterung” nackig zu machen. Das hätte nie durchgesetzt werden können, schon gar nicht diese superintimen Kontrollen an der Vorhaut. Entweder war das so, dass die Männer das stillschweigend akzeptiert haben und es gewissermaßen freiwillig gemacht haben oder sie waren schlecht informiert, haben sich unter Druck gesetzt gefühlt und deswegen alles mitgemacht
Das hab ich mir vor meiner Musterung auch gedacht, das geht ja gar nicht, dass man sich da vor irgendwelchen Beamten ausziehen muss, damit die einen von Kopf bis Fuße mustern können. Und als ich dann die Musterungsladung erhalten hatte, war mein erster Gedanke, dass ich das gar nicht eingesehen habe, dass ich da hingehen muss und hab das erst schwänzen wollen, aber dann wollte ich doch hingehen, aber hab den festen Vorsatz gehabt, dass ich mich jedenfalls nicht wegen irgdeneiner beliebigen gesetzlichen Vorschrift vor irgendwelchen Hanseln ausziehen wollte: mit mir nicht!
Angekommen im Kreiswehrersatzamt war das dann aber wider Erwarten so organisiert, dass wir uns schon ganz zu Beginn quasi ganz ausziehen sollten und nur eine Badehose anziehen sollten. Die sollte man laut Einladung mitbringen. Als sich dann alle gemeinsam umgezogen haben, hab ich erst noch überlegt, aber dann fand ich das irgendwie strange, wenn ich als einzigster noch in allen Klamotten rumgerannt wäre. Zu lange konnte ich da auch nicht grübeln, weil sonst alle schon umgezogen gewesen wären und ich das dann quasi vor großen Publikum hätte erledigen müssen. (Bei einem Nachzügler war das so. Der betrat erst den Wartesaal, als alle bereits umgezogen waren. Der musste sich dann vor den Augen aller anderen ausziehen mit entsprechenden Kommentaren: der Song von Joe Cocker ist ja bekannt, ich werde nie vergessen, wie der dann angestimmt wurde: take off your shoes... you can leave your hat on. Das war echt peinlich für den.)
Als der dann fertig war, wurde man zu den unterschiedlichen Stationen aufgerufen, wo man vermessen wurde, auf die Waage musste, ein Urintest, wo eine Schwester durch eine kleine Luke zugeschaut hat, dass die Probe auch von einem selbst ist und den Becher musste man ihr dann durchreichen, ein Hörtest musste an einer gewaltigen Apparatur absolviert werden. Das waren glaube alle Stationen. Dann die Voruntersuchung: da wurde man von einer Ärztin befragt und grob durchgecheckt, quasi von Kopf bis Fuß, die Kopfhaut, das Gebiss und Reflexe wurden getestet, am Knie und die Füße wurden untersucht. Als das fertig war, hab ich gedacht, jetzt wäre alles fertig. Aber dann kam noch die Hauptuntersuchung. Da wurden zuerst die bisherigen Resultate besprochen und noch Fragen gestellt. Dann wurde ich abgehört und Blutdruck gemessen. Nach 20 Kniebeugen nochmal.
Und dann kam das was ich eigentlich vermeiden wollte, die Aufforderung, dass ich auch die Badehose ausziehen muss. Und trotz aller meiner Vorsätze die Tage davor war es am Ende ein kurzer ganz spontaner Handgriff, der drüber entschieden hat, ob ich angezogen bleibe oder nackt dastehe. Da war ich von mir selbst überrascht, als ich plötzlich nackt vor dem Kontrollpersonal stand und sich das wider Erwarten gar nicht so mies angefühlt hat und mir gar nicht viel ausgemacht hat. Manchmal fällt einem etwas real doch viel leichter, als man das tagelang davor schwarzgemalt hat.