Auf der Krankenstation: Niklas, der Simulant

Warum auf der Krankenstation die Soldaten ein Zäpfchen nie selbst einführen durften

Eine halbe Stunde später war Niklas zurück im San-Bereich, meldete sich beim diensthabenden Sanitäter, heute also Alex. Auf dem Weg zum Krankenzimmer begegneten beide kurz dem Stabsarzt und sprach Niklas an: „Der Sani verabreicht Ihnen dann gleich ein fiebersenkendes Mittel, das auch gegen die Kopfschmerzen hilft.“ Niklas achtete nicht auf die Wortwahl. Verabreichen? Eine Tablette kann Niklas selber einnehmen. Aber der Doc verordnete ihm ein Medikament mit einer anderen Darreichungsform.

Sani Alex tauchte beim Stabsarzt auf und fragte: „Welche Medikamente erhält unser Neuzugang?“ Er kannte schon die Antwort. „Eigentlich braucht er ja nichts. Der ist kerngesund. Aber wenn er denkt, dass er hohes Fieber hat, dann wollen wir ihm gerne helfen“, sagte der Stabsarzt. Beide mussten grinsen. Er fischte aus dem Medikamentenschrank eine Schachtel mit Fieberzäpfchen heraus – Paracetamol, 1000 mg, für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene.Auf dem Stationszimmer trug der Sani die Zäpfchen-Gabe ins Krankenblatt von Niklas ein, streifte sich Handschuhe über, trennte ein Zäpfchen ab und nahm noch eine kleine Tube mit Gel zum besseren Einführen mit. Niklas lag nichtsahnend schon in seinem Bett und hatte den hellblauen Bundeswehr-Schlafanzug angezogen.

Sani Alex überrumpelte ihn. Das sah man dem jungen Rekruten an. „Gegen das hohe Fieber bekommst du jetzt ein Zäpfchen. Das hilft auch gegen die Kopfschmerzen“, sagte er und sah, wie sich die Augen von Niklas weiteten. „Wieso ein Zäpfchen, was soll das?“, protestierte er energisch: „Wenn ich mal Fieber oder Schmerzen habe, nehme ich eine Tablette. Die hilft immer sofort.“„Mag sein. Aber hattest Du dem Stabsarzt nicht erzählt, dass dir speiübel ist? Wenn du jetzt eine Tablette schluckst, kotzt du vielleicht hier noch alles voll. Nichts da, ich verpass dir jetzt das Zäpfchen“, erwiderte der Sani.Längst war klar, dass Niklas ein Simulant war. Sonst hätte er sich nicht so energisch gegen das Zäpfchen gewehrt.

Normalerweise war es die Erfahrung des Sani, dass wirklich kranke Soldaten mit hohem Fieber einfach froh waren, im Bett zu liegen. Sie ließen sich dann auch ohne endlose Diskussionen ganz brav ein Fieberzäpfchen einführen. Und das selbst dann, wenn noch ein anderer Kamerad im Zimmer lag und zugucken konnte.Niklas änderte die Taktik. Er wusste, um das Zäpfchen kommt er nicht herum. Er wollte aber um alles in der Welt verhindern, dass der junge, groß gewachsene Sani es ihm in den Arsch steckt. Niklas reagierte plötzlich freundlich und entgegenkommend: „Okay, vielleicht ist das Zäpfchen wirklich besser. Aber ich nehme das selbst. Ich weiß, wie das geht.“

Sani Alex aber ließ sich nicht erweichen und verwies auf die Stationsordnung. Demnach durfte die Zäpfchen-Gabe nur von geschultem Personal erfolgen. Er erklärte Niklas auch, warum. Es gab nichts, was der Doc in all seinen Jahren auf der Station nicht schon erlebt hatte. Einmal schob ein Patient doch tatsächlich das Zäpfchen samt Aluverpackung in seinen Arsch. Vor allem aber kam es immer wieder vor, dass - vor allem Simulanten - das vom Arzt verordnete Zäpfchen im Müll oder der Toilette verschwinden ließen, statt in ihrem Hintern. „Seitdem sind wir angewiesen, das selbst zu übernehmen. Wir machen keine Ausnahmen, auch nicht bei dir“, sagte der Sani.

Niklas gab auf. Der Sanitätssoldat zerrte mit einem Ruck die Bettdecke ans Fußende und befahl im bestimmenden Tonfall, dass Niklas die Hose herunterziehen und sich auf die linke Seite drehen soll. Ohne Widerrede tat er, wie ihm geheißen.Der Sani schälte das Zäpfchen aus der Aluverpackung und befeuchtete die Spitze mit einem Tropfen Gel. Er merkte, wie unangenehmen dem Soldaten die Situation war, der instinktiv die Pobacken zusammenkniff, wobei sich aber die für ihn beschämende Situation damit nur in die Länge zog.

Sani Alex jedoch war geübt im Verabreichen von Zäpfchen – vor allem an Soldaten, die sich dem Dienst entziehen wollen.Routiniert spreizte er mit Daumen und Zeigefinger den knackigen, runden Hintern von Niklas und legte so die runzlige Rosette frei. „So, bitte mal leicht Pressen wie beim Stuhlgang“, sagte der Sani und drückte im selben Augenblick das angefeuchtete Zäpfchen auf das Poloch. Als es dort verschwunden war, schob er noch seinen Finger hinterher, bis das Zäpfchen hinter dem Schließmuskel gerutscht war. Damit konnte es praktisch nicht wieder herausgleiten und verhinderte ein unangenehmes Brennen.

„Siehst du, war doch gar nicht so schlimm. Du kannst dich wieder anziehen und zudecken“, sagte der Sani: „Es ist wichtig, dass du in der nächsten halben Stunde nicht auf die Toilette gehst, damit das Zäpfchen auch wirken kann.“ Niklas nickte. Er hatte einen hochroten Kopf. Nicht vom Fieber, dafür aber vor Scham. Das erste Mal verfluchte Niklas, sich krank gemeldet zu haben. „Am besten, Du versuchst zu schlafen. Du brauchst vor allem Ruhe. Der Doktor schaut am Nachmittag noch einmal nach Dir“, verabschiedete sich der Sanitätssoldat.