Fieberzäpfchen
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Aufrufe: 1450 Created: 2021.04.18 Updated: 2021.04.18

Lotte ist krank

9 - Arme Lotte

Ich gehe die Treppe runter und in die Küche. Aus dem Schrank hole ich zwei Tassen, in der einen mache ich wieder einen Kräuter- und in der anderen mache ich einen milden Früchtetee. Als die Tees aufgegossen sind und nun ziehen, hole ich aus dem Schrank drei Handtücher. Diese weiche ich unter dem Wasserhahn in kühlem Wasser ein und wringe sie dann aus, damit sie nicht so sehr tropfen.

Mit den Handtüchern gehe ich wieder nach oben zu Charlotte. Als ich ihr die Decke zurückschlage, zuckt sie zusammen und will sie mir im Halbschlaf wieder entreißen, aber ich nehme ihr die Decke ganz weg. Davon fängt sie an zu weinen. “Ganz ruhig, Mäuschen, ich tue dir nichts”, flüstere ich und ziehe ihr jetzt auch noch langsam die Schlafanzughose aus. “Bitte nicht”, weint sie dabei leise und ich beruhige sie: “Keine Angst, es gibt jetzt kein Fiebermessen und kein Zäpfchen.” Sie entspannt sich etwas, aber zittert immernoch.

Vorsichtig hebe ich ihren Unterschenkel an und wickele eines der Handtücher darum. Bei der Berührung mit dem kalten und feuchten Stoff zuckt Charlotte zurück und will sich aus meinem Griff befreien, aber ich halte sie fest und wickele auch noch um den anderen Unterschenkel ein Handtuch. Dann nehme ich die Bettdecke und lege sie wieder behutsam über den zitternden Körper meiner großen aber eigentlich noch so kleinen Tochter. Dann fühle ich ihre heiße Stirn. Mit einem Taschentuch wische ich sanft die Schweißperlen ab und lege dann das dritte Handtuch auf ihre Stirn. Langsam versiegen die Tränen und sie liegt jetzt ruhig im Bett. Hoffentlich hilft das. Ich gehe wieder nach unten in die Küche, wo der Tee mittlerweile fertiggezogen ist. Mit den zwei Tassen in der Hand gehe ich wieder nach oben. Die eine Tasse mit dem Kräutertee stelle ich auf Charlottes Nachttisch und dann klopfe ich an meiner Zimmertür. Ein leichtes Murmeln von Michael kommt als Antwort, deshalb gehe ich rein. Er liegt schon im Bett. “Hey, ich habe dir einen Tee gemacht”, flüstere ich und stelle die Tasse auf den Nachttisch. “Danke, das ist lieb von dir”, murmelt Michael.

Mein Blick fällt auf die Kiste, die immernoch vor dem Schrank steht und mir kommt eine Idee. Schnell gehe ich zu der Kiste und öffne sie. Der müsste doch auch noch hier irgendwo sein… “Was suchst du, Ben?”, Michael blinzelt mich verschlafen an. “Da ist er ja”, freue ich mich und zeige ihm den Inhalator. “Und Tabletten sind auch noch dabei”, freue ich mich und erkläre Michael: “Vielleicht hilft Charlotte das Inhalieren ja, um ihre Lunge frei zu machen, damit sie besser Luft bekommt” Dann gehe ich raus und lasse Michael in Ruhe schlafen. Mit dem Inhalator gehe ich nach unten in die Küche, wo ich Wasser aufkoche und in den Inhalator fülle. Dann werfe ich eine der Inhalationstabletten in das Wasser und gehe wieder hoch zu Lotte, die noch immer im Bett liegt. Ich stelle den Inhalator auf dem Nachttisch ab und setze mich dann zu ihr ins Bett. “Sieh mal, ich habe dir einen Inhalator mitgebracht”, flüstere ich und sie grummelt etwas Unverständliches, öffnet die Augen aber nicht. Vorsichtig hebe ich sie aus dem Bett und setze sie auf meinen Schoß. “Das ist, damit du besser Luft bekommst, das tut deiner Lunge gut”, erkläre ich und halte ihr den Inhalator vor das Gesicht. Zuerst wehrt sie sich und drückt den Inhalator weg, aber ich streichele ihr über die Wange und schließlich atmet sie den Dampf des Inhalators ein. Währenddessen sieht sie mich unsicher an, aber ich lächele sie an und nicke. Müde lehnt sie ihren Kopf gegen meine Schulter und ich halte ihr den Inhalator weiterhin vor das Gesicht. So sitzen wir aneinandergekuschelt da und ich helfe ihr beim Inhalieren. Keiner spricht ein Wort, ich lausche nur ihren leisen Atemgeräuschen. Als der Dampf nach circa 10 Minuten langsam verschwindet, stelle ich den Inhalator wieder weg und Lotte öffnet verwirrt die Augen. Sie ist während des Inhalierens eingeschlafen. “Kriegst du schon ein bisschen besser Luft?”, frage ich und sie nickt schwach. Dann nehme ich die noch halb volle Tasse Tee vom Nachttisch und halte sie ihr hin. Charlotte trinkt ein kleines Schlückchen und will die Tasse dann wegstellen, aber ich ermahne sie: “Charlotte, du musst viel trinken, du bist krank.” Sie seufzt und trinkt dann auch noch den Rest der Tasse leer.

“Gut gemacht”, lobe ich sie und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Dann lege ich mich gemeinsam mit ihr ins Bett und sie kuschelt sich an mich. Sanft umarme ich ihren kleinen, warmen Körper und sie schläft friedlich in meinen Armen ein. Verträumt blicke ich in ihr blasses, süßes Gesicht mit den geröteten Wangen. Dann spüre ich auch, wie ich von dem hektischen Morgen etwas müde werde und schließe kurz die Augen.