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Aufrufe: 910 Created: 2019.11.02 Updated: 2019.11.02

Sanft aufgefangen

Schreckliche Erinnerungen

"Charly, du machst mir Angst. Was ist los?", fragt Alexander besorgt.

Ich schaue ihm kurz ins Gesicht, bevor ich meinen Blick wieder senke: "Ich hätte schon viel früher mit dir darüber reden sollen, aber ich wollte nicht, dass du dir unnötig sorgen machst."

Ich mache wieder eine kurze Pause, um mich zu sammeln.

Während ich auf meine Hände schaue, fange ich an zu erzählen: "Vor drei Wochen bin ich wieder für ein paar Tage auf dem Hauptamts-Rettungswagen mitgefahren. Am zweiten Tag wurden wir zu einem Einsatz mit der Meldung großflächige Verbrennung 2. Grades gerufen. Schon auf dem Weg zum Einsatzort kamen die Bilder wieder hoch von dem schrecklichen Einsatz mit dem Kleinkind vor zwei Jahren." Ich muss schlucken.

"Der Einsatz vor drei Wochen war wirklich lange nicht so schlimm. Der Mann hatte es irgendwie geschafft sich heißes Wasser über den Arm und Oberkörper zu schütten und hatte wie gemeldet Verbrennungen 2. Grades. Gott sei Dank trafen wir zeitgleich mit der Notärztin ein und der Mann hat schnell was gegen die Schmerzen bekommen. Aber schon während dem Einsatz hatte ich immer wieder Flashbacks an den Kindernotfall vor zwei Jahren. Ich hatte plötzlich das verbrannte, verrußte Gesicht des Jungen vor Augen. Ich konnte hören, wie er geschrien hat." Meine Stimme wird zittrig und ich muss tief durchatmen. Ich bin froh mit Alex damals alles über diesen Einsatz und die anschließende Therapie geteilt zu haben, so muss ich ihm jetzt nichts erklären, sondern er versteht genau, wie es mir geht.

"Auch nach dem Einsatz kamen die Bilder immer wieder hoch. Mein Kollege Marco hat gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt und wir haben dann lange über die Einsätze geredet. Das hat mir auch erstmal ganz gut geholfen, dachte ich zumindest. Aber seit dem Tag habe ich wieder die gleichen Albträume jede Nacht, wie vor zwei Jahren…" Ich atme tief durch, um meine Emotionen unter Kontrolle zu behalten.

"Die Bilder von damals, sie sind alle wieder da, so wie vor der Therapie", meine Stimme ist mittlerweile so zittrig, ich weiß nicht, ob Alex mich überhaupt noch verstehen kann. Die erste Träne läuft über meine Wange und ich wische sie mir schnell weg. Ich weiß, dass Alexander mich in den Arm nehmen wird, um mich zu trösten, aber ich möchte erst noch fertig erzählen, bevor ich mich in seine tröstende Umarmung fallen lassen kann.