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Aufrufe: 2108 Created: 2017.05.06 Updated: 2017.05.06

Bettys Pein

Kapitel 2

- In der Praxis -

Halbwegs mutig komme ich noch über die Straße, aber vor der Eingangstür der Praxis von Dr. Behrens bleibe ich wie angewurzelt stehen und gehe keinen Schritt weiter. „Betty, kommen Sie. Ich verspreche Ihnen, dass ich auf Sie aufpasse.“ Er redet noch weiter auf mich ein, ohne dass ich auch nur den Sinn eines einzigen Wortes wahrnehme. Wie in Trance gelange ich Schritt für Schritt in die Praxis und ehe ich weiß, wie mir geschieht, sitze ich in einem Behandlungszimmer auf einer Liege. Anscheinend wurden wir gleich durchgewinkt.

Ich sitze da, stocksteif und die Finger in den Rand der Liege gekrallt, während mein Chef immer noch neben mir steht und mir gut zuredet. Plötzlich geht die Tür auf und Dr. Behrens stürmt mit einem fröhlichen „Hallo Bruderherz, wen hast du mir denn hier Schönes mitgebracht?“ herein und blickt mich an. Ich zucke zusammen, mein Herz fängt an zu rasen und Schweiß bricht mir aus. Dr. Behrens tritt an uns heran und die beiden begrüßen sich. „Das ist meine Assistentin Betty. Ich habe dir ja schon von ihr erzählt.“ „Ja, wie ich sehe, hast du nicht übertrieben.“ Was? Wieso redet mein Chef mit seinem Bruder über mich? Und was hat er dem erzählt?

„Hallo Betty, ich bin Dr. Behrens.“ Er streckt mir seine Hand entgegen, und ich zwinge, meinen Klammergriff um die Liege zu lockern und reiche ihm mit einem piepsigen „Hallo“ meine eiskalte Hand. „Was kann ich denn für Sie tun!“ fragt er mich. Geh aus dem Weg und lass mich schnell hier raus, schreit es in meinem Kopf, den Mund bekomme ich aber nicht auf. Für zwei Sekunden sehe ich ihn aus großen Augen an, dann senke ich schnell den Blick zu Boden. Dafür antwortet mein Chef, „Betty leidet seit fast zwei Wochen unter Halsschmerzen, heute Morgen konnte sie fast gar nicht mehr schlucken und sprechen. Und trotzdem geht sie freiwillig nicht zum Arzt. So, du bist nun auf Stand, ich warte dann mal draußen auf euch.“ Er wendet sich zur Tür und schreitet langsam los. Panik flackert schon wieder in meinem Blick auf. Nein, bitte, ich will nicht allein bleiben mit dem Arzt! „Wäre es für Sie weniger schlimm, wenn Jens bei Ihnen bleibt?“ fragt Dr. Behrens mich ruhig. Kaum merklich nicke ich nach kurzem Zögern. „Warte Jens, bleibe bitte hier als moralische Unterstützung.“ Mein Chef hält inne, kurz huscht Erstaunen über sein Gesicht, nickt dann aber und kehrt zurück.

„So Betty, ich darf Sie doch Betty nennen?“ Schweigendes Nicken meinerseits. „Ich möchte einmal in Ihren Hals schauen. Bitte haben Sie keine Angst. Ich werde ganz vorsichtig vorgehen und Ihnen immer vorher erklären, was ich machen werde.“ Er nimmt etwas aus einer Schublade, setzt sich auf seinen Hocker und rollt vor mich. „Sehen Sie, mit der Lampe leuchte ich gleich in Ihren Hals und mit diesem Spatel werde ich Zunge ein bisschen herunterdrücken. Machen Sie den Mund weit auf, strecken mir die Zunge raus und sagen Aaaa.“ Ich schließe die Augen, atme tief durch, ein kurzer Blick zum Chef, der mir aufmunternd zunickt, dann öffne ich langsam den Mund. „Aaaa,“ macht es mir Dr. Behrens noch einmal vor. „Arrrgrgrgr“ kommt es gurgelnd von mir zurück, als er mir in den Hals leuchtet und auf meiner Zunge herumdrückt. Als er wieder ein Stück zurück rollt sagt er, „Da haben Sie aber eine dicke Entzündung im Rachen.“ Ein verzweifelter Blick von mir. „Keine Sorge, das bekommen wir wieder in den Griff,“ zwinkert er mir zu.

„Wir müssen nur noch genauer einkreisen, welche Ursache die Entzündung hat und wie wir sie behandeln können. Schauen Sie mich einmal gerade an, ich taste nun Ihren Hals seitlich und Ihre Nebenhöhlen ab.“ Mein Herz pocht immer noch wie wild, ich zwinge mich aber, ruhig sitzen zu bleiben, als er seine Hände um meinen Hals legt. „Hatten Sie in den letzten Tagen Kopfschmerzen?“ Ich nicke. Keine gute Idee, wenn gerade jemand am Hals herumdrückt. Ich röchle kurz und antworte leise, „Ja.“ Er wechselt vom Hals zum Gesicht. Er legt die Hände seitlich am Kinn entlang mit den Fingern bis an die Ohren und beginnt mit den Daumen seitlich der Nase sanft zu drücken. „Tut es hier weh oder spüren Sie übermäßigen Druck? Bitte nicht nicken, ich möchte nicht einen Finger in Ihr Auge spießen,“ warnt er mich lächelnd. Ganz zaghaft muss ich auch ein wenig lächeln. „Nein“

„Gut. Betty, ich möchte jetzt Ihren Herzschlag abhören. Sie müssten dazu bitte Ihre Bluse öffnen.“ Mir läuft es kalt den Rücken runter und ich kann mich nicht bewegen. „Betty? Schauen Sie mich an.“ Zögerlich blicke ich zu ihm hinauf. „Ich merke, Sie sind sehr nervös und ängstlich mir gegenüber. Sie wissen aber auch, dass ich Ihnen nichts Böses antue, richtig?“ Mit ängstlich geweiteten Augen schaue ich ihn an und nicke leicht. „Ich möchte Ihnen helfen, dass Ihre Beschwerden weggehen und sich nicht noch weiter verschlimmern. Eine Entzündung kann gefährlich werden, wenn sie sich immer weiter ausbreitet. Ich will aber nicht mit Ihnen experimentieren und verschiedene Behandlungen ausprobieren, die vielleicht helfen könnten oder vielleicht aber auch nicht, sondern gleich richtig, damit Sie schnell wieder gesund werden. Dafür muss ich aber genau herausfinden, was die Ursache Ihrer Beschwerden ist und noch ein paar Untersuchungen durchführen. Für Sie persönlich ist das vielleicht unangenehm, aber glauben Sie mir, dass ich Sie nicht unnötig quälen werde. Ich muss noch zwei, drei Dinge abklären, bevor ich sicher sagen kann, was Ihnen fehlt.“ Mir steigen ein paar Tränen in die Augen, ich nicke aber.

Mit zitternden Fingern nestle ich an meinen Knöpfen herum. Es dauert ewig, bis ich alle acht offen habe, Dr. Behrens wartet geduldig, bis ich soweit bin und steckt sich dann das Stethoskop in die Ohren. „Geben Sie mir mal Ihre Hand, Betty,“ fordert er mich auf. Ich reiche ihm meine zitternde Hand. Er ergreift sie mit seiner linken Hand, mit der rechten legt er das untere Ende des Stethoskops auf meinen Handrücken. „Genau so werde ich nun das Stethoskop auf Ihrem Oberkörper und Rücken anwenden. Versuchen Sie, ganz ruhig zu atmen. Nicht hecheln und nicht die Luft anhalten. Schaffen Sie das für mich?“ Ich nicke leicht und flüstere, „Ich versuche es.“

„Gut Betty. Wir fangen vorne an. Setzen Sie sich gerade auf, den Kopf etwas nach oben.“ In dem Moment spürte ich am oberen Rücken eine Berührung, vorne näherte er sich mit der Stethoskophand meinem Brustkorb. Mein ohnehin schon hämmerndes Herz überschlug sich fast und ich konnte den Herzschlag bis in den Hals spüren. Das blieb natürlich auch Dr. Behrens nicht verborgen. „Ein paar Mal tief ein und wieder ausatmen,“ fordert er mich auf, während er mit dem Ding über meinen Brustkorb wandert. Das gelingt nur nicht so recht, ich hatte alle Mühe, überhaupt halbwegs normal zu atmen und nicht panisch einfach die Luft anzuhalten.

„In Ordnung, jetzt noch von hinten. Nicht erschrecken, ich gehe unter Ihre Bluse.“ Das untere Ende des Stethoskops wechselte die Hand und während nun die eine Hand meine Schulter hielt, wanderte die andere mit dem Stethoskop über meinen Rücken. Erneut musste ich gegen die Panik ankämpfen und vergaß dabei das Atmen. „Atmen, Betty!“ fordert mich Dr. Behrens ruhig auf. Mit Mühe stoße ich die Luft wieder aus. „So ist es gut. Wir sind hiermit auch gleich fertig.“ Na Gott sei Dank, ich will nur weg hier und nach Hause! Er beendet seine Wanderschaft über meinen Rücken und hängt sich das Stethoskop wieder locker um den Hals. Sofort suchen meine immer noch zitternden Hände die Knöpfe meiner Bluse und nesteln am obersten herum.

Dr. Behrens fordert mich jedoch auf, ihn wieder anzublicken. „So, Betty, nun legen Sie sich einmal flach auf den Rücken. Ich taste Ihren Bauch noch ab. Ich muss ausschließen, dass sich dort auch noch ein Problemherd verbirgt.“ Mir entfährt ein Stöhnen und meine Blicke hetzen wild durch den Raum, wie auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. „Beruhigen Sie sich, Betty.“ Er ergreift meine Hand. „Fühlen Sie, ich habe ganz warme Hände. Ich werde nur an verschiedenen Stellen leichten Druck ausüben. Kommen Sie, lehnen Sie sich zurück, ich halte Sie.“ Ich bleibe wo ich bin, eine Hand verkrampft in der Bluse und die andere umklammert von Dr. Behrens. Diese ganze Situation hat mich schon so mitgenommen, dass ich kaum noch Kraft habe und kaum dagegen ankomme, als er mich sanft nach hinten drückt und längs auf die Liege dreht. Ich zucke wieder zusammen, als mein Rücken die Liege erreicht. „So ist es gut, die Beine noch hinterher und flach auf die Liege. Stellen Sie sich einfach vor, Sie liegen am Strand auf einem Laken in der Sonne.“ Ich schaue ihn zweifelnd an und wünschte, ich wäre wirklich da statt hier in einer Arztpraxis mit meinen Halsschmerzen und Panikattacken.

„Ich schiebe Ihre Bluse nun ein Stück zur Seite, damit ich an den Bauch komme. Sie können die Arme über der Brust verschränken, wenn das angenehmer für Sie ist.“ Verkrampft liege ich da, den Körper auf die Liege gepresst. Mit ruckartigen Bewegungen verschränke ich beide Arme verkrampft über der Brust. „So, Betty. Sie spüren meine Hand nun an Ihrer linken Seite.“ Bei der ersten Berührung zucke ich zusammen. „Alles ist gut, Betty. Versuchen Sie, sich zu entspannen. Sie sind so verkrampft, dass alles hart ist und ich Sie so nicht untersuchen kann. Atmen Sie ruhig und tief ein und aus.“ Vergeblich, entspannen ist unmöglich. Während seine Hände noch auf meinem Bauch liegen beginnt er zu fragen, „Hatten Sie in den letzten Tagen Bauchschmerzen?“ Ich schüttle mit dem Kopf. „War Ihnen übel oder haben Sie sich unwohl gefühlt? Gefroren oder geschwitzt?“ fährt er mit den Fragen weiter. Ich blicke zur Seite, wieder schüttle ich den Kopf. „Und ehrlich?“ kommt die Stimme meines Chefs aus dem Hintergrund. Mist, jetzt fällt er mir auch noch in den Rücken. Ich zögere mit einer Antwort. Schließlich gebe ich zu, „ja, etwas schlecht war mir in den letzten Tagen schon, aber immer nur kurz und nur ganz bisschen.“

„Schau an, Sie können ja richtig reden,“ grinst Dr. Behrens mich an. Verwundert blicke ich ihn an. „Mehr als jeweils ein Wort hatte ich bislang noch nicht von Ihnen zu Hören bekommen,“ zwinkert er mir zu. Wider Willen muss ich auch lächeln, wenn auch immer noch sehr verkniffen. Auch mein Bauch hatte sich nun entkrampft. Zwar liege ich noch immer stocksteif und alles andere als entspannt auf der Liege, aber Dr. Behrens beginnt nun vorsichtig, an verschiedenen Stellen zu tasten und zu drücken. Mein Blick eilt wieder wirr durch den Raum, dennoch merke ich, dass er mein Gesicht keine Sekunde aus den Augen lässt. Als er mit der rechten Seite beschäftigt ist, muss ich einmal heftig blinzeln und spanne den Bauch an, als er eine empfindliche Stelle trifft. „Tut mir leid, Betty. Das war der Blinddarm. Ich muss noch einmal hier leicht drücken.“ Das macht er auch direkt, diesmal aber zum Glück mit etwas weniger Druck. Dennoch stockt mir kurz der Atem und ich spüre einen neuen Panikschub anrollen. „Alles in Ordnung, um den Blinddarm herum sind viele Menschen etwas empfindlicher. Eine Entzündung haben Sie hier nicht.“ Erleichtert atme ich langsam wieder aus.

„So,“ er legt mir die beiden Seiten der Bluse wieder zusammen auf den Bauch. „Sie können die Knöpfe wieder schließen.“ Schnell setze ich mich wieder auf und nestele an den Knöpfen herum. Es war ja schon schwierig, die Dinger mit kalten, zittrigen Fingern aufzubekommen, aber zu ist es noch schwieriger. Gefühlte Stunden brauche ich für die acht Knöpfe.

- Ende Teil 2 -

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Jupiter Vor 7 Jahre  
Waldfee Vor 7 Jahre  
Jupiter Vor 7 Jahre  
Jenny94 Vor 7 Jahre  
Kopfkino Vor 7 Jahre  
Jupiter Vor 7 Jahre  
Kopfkino Vor 7 Jahre  
Jupiter Vor 7 Jahre