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Auf Abschlussfahrt

Befundaufnahme

Rechts und links vom Gang gehen Glastüren zu den Behandlungszimmern ab, mit Nummern versehen und dem großen “grinsendem" Zahn- Logo.

Zögerlich betritt Julia den Raum und bleibt neben dem Behandlungsstuhl stehen. “Nimm Platz” sagt die Helferin und legt ihr den Papierlatz um. Auf dem Tischchen vor ihr liegen der Zahnarztspiegel sowie mehrere spitze Sonden. “Der Doktor ist gleich bei da”, mit diesen Worten verlässt sie den Raum. Sabrinas Blick bleibt an der Konsole mit den Bohrern hängen. Aus einem der anderen Behandlungszimmer ist heulendes Bohrgeräusch zu hören. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm, versucht sie sich Mut zu zusprechen. Vielleicht macht er nun den Zahn provisorisch zu und ich kann zu Hause zum Zahnarzt gehen. Ansonsten sah die Ausstattung auch im Behandlungszimmer sehr modern aus. Richtig

High- Tech im Vergleich zu ihrer Zahnärztin. Die ist sicher über 60 und behandelt nur noch Privatpatienten. Aber ihr Vater steht auf die Tussi. "Kein Schnickschnack, sorgfältige und solide Arbeit. Da wird einem wenigstens nichts aufgeschwatzt" hört sie ihn sagen,

Nach weiteren 10 Minuten, die sich anfühlen wie Stunden, wird die Tür schwungvoll geöffnet und der Arzt betritt den Raum.

"Guten Tag, mein Name ist Schneider und ich mache heute die Schmerzbehandlungen." Er setzt er sich auf einen Rollhocker und rollt in ihre Richtung. Ebenfalls ein recht junger Arzt, vielleicht Anfang dreißig. Schlank, gut trainiert, das dunkle Haar zurückgegelt. Graues Poloshirt (auch dem Praxis- Logo versehen), und sie Armmuskeln ließen auf ein regelmäßiges Training im Studio schließen.

"Was ist denn das Problem?" "Wir sind hier auf Klassenfahrt und mir ist ein Stück vom Zahn abgebrochen, sicher nur eine Kleinigkeit", Julia versucht cool und souverän zu wirken. "Ahja, und als Begleitung ist dein Freund dabei?" Julia spürt, wie ihr erneut die Röte ins Gesicht schoss. "Nein, das ist mein Lehrer".

"Nun gut, dann schauen wir mal. Ich nehme an, du gehst regelmäßig zur Kontrolle? Er duzt sie ungefragt. Wann warst du zuletzt bei deinem Zahnarzt? Wurde der Zahn schon mal behandelt". "Alle 6 Monate zur Prophylaxe. In drei Wochen ist eigentlich der nächste Termin. Der Zahn hatte mal ein kleines Loch, das wurde gefüllt. Ist schon ein paar Jahre her".

Das war natürlich vollkommen erlogen. Nach dem letzten Termin vor 2 Jahren hatte sie den Folgetermin zum Bohren "vergessen" und sich um die Kontrolltermine herumgemogelt.

Der Stuhl wird zurückgefahren und die Lampe ausgerichtet. Der Zahnarzt greift nach Sonde und Spiegel. "Dann lass mal sehen." Zögerlich öffnet Julia den Mund. "Weiter, sonst kann ich nichts sehen. Ahja, da haben wir es ja." Mit dem Puster wird der Zahn trocken gepustet, was ein ungutes Ziehen zur Folge hat. "2.6 mit großer Kavität sowie Resten einer insuffizienten Composite Versorgung." Die Helferin tippt im PC mit. Mit dem Ende des Instruments klopft der Zahnarzt beherzt gegen den Zahn. "Aua" kommt es gequält aus Julia Mund. "Perkussion positiv, einmal Vitalität bitte." Diesen Ausdruck kennt Julia nicht. Die Helferin reicht ein kleines Tablett, von dem sich der Zahnarzt mit der Pinzette eine kleine Wattekugel nimmt und diese tief in das Loch im Zahn drückt. "Ahhh" diesmal entweicht ihr ein leiser Schrei. Sie hält sich die Wange. Der Zahnarzt nimmt die Instrumente aus dem Mund und fährt den Stuhl wieder hoch. Sollte es das schon gewesen sein, fragt sich Julia ungläubig. Wohl kaum, denn der Zahn schmerzt mehr denn zuvor.

"So, dann will ich dir erklären, was Sache ist. Sie können derweil schon einmal eine Lokalanästhesie vorbereiten", sagt er an die Helferin gewandt, "Der Zahn hatte eine- nicht ganz kleine- Kunststofffüllung, wie du weißt. Die sehen zwar hübsch aus, neigen aber zu Undichtigkeit, deshalb sollte man diese engmaschig kontrollieren. Denn ansonsten tobt sich die Karies darunter aus und das Ergebnis sehen wir nun. Du hast Glück, der Nerv liegt zwar frei, ist aber noch nicht abgestorben. Ich mache nun eine medizinische Einlage und fülle den Zahn provisorisch. Dann solltest du für die nächsten Tage Ruhe haben. Zu Hause steht dann aber eine Wurzelbehandlung bei deinem Zahnarzt an und anschließend wird der Zahn eine Krone brauchen. Das ist natürlich unerfreulich in deinem Alter." Julia schluckt und guckt unglücklich. Wurzelbehandlung? Sie hatte mal gehört, wie sich Erwachsene darüber unterhalten haben, etwas schlimmeres schien es beim Zahnarzt nicht zu geben. Sie merkt, wie sich die Härchen auf ihren Armen aufstellen.