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Aufrufe: 444 Created: Vor 3 Monate Updated: Vor 3 Monate

Der Zahnarztbesuch beim Notdienst

Das Bohren beginnt

Mein Blick trifft Dr. Steedt Blick. Doch statt irgendwelcher erlösenden Worte erkärt er nur sachlich, das jetzt die Karies gründlich ausgebohrt wird.

‘Gründlich ausgebohrt?’, schon diese Formulierung lässt die Panik in mir gleich um ein vielfaches ansteigen. ‘Nein, bitte nicht - das gerade eben war schon schlimm genug’, denke ich, unfähig, etwas sagen zu können.

Stattdessen zerre ich an den Gurten, und versuche, meinen Kopf zu bewegen. Hoffnungslos.

Dr. Steedt scheint davon völlig unbeeindruckt zu sein. Aber immerhin lehnt sich die Assistentin etwas vor. Ich schaue sie flehend an, und unter ihrem Mundschutz meine ich, ein fürsorgliches Lächeln erkennen zu können.

Sie greift zum Mundspreizer. ‘Ja, bitte, nimmt das Ding raus, damit ich mich vernünftig unterhalten kann’, denke ich.

Ein sanfter Druck, vermutlich muss er noch ein Stück angezogen werden, um wieder geöffnet werden zu können. Also lockere ich meinen Kiefer ein bisschen. Zu meiner Überraschung wird der Mundspreitzer aber nicht gelockert, sondern noch weiter angezogen. Ein leises metallisches ‘klack-klack-klack’ signalisiert, dass er in weitere Arretierungen einrastet.

“Schööön weit auf!”, erklärt die Assistentin mit einem sarkastischem Ton.

‘Nein, bitte!’ - ich schaue abwechselnd den Zahnarzt und die Assistentin an in überkommender Panik. Den Zahnarzt scheint es kaum zu interessieren - er hantiert am Bohrer und erklärt nur beiläufig:

“Wenn es weh tut, heben Sie die Hand”. - ‘Soll das ein Witz sein, wie denn?’

Ich verfolge, wie er -sichtlich gemütlich- die Turbine vorbereitet. Die Assistentin kramt lautstark in irgendwelchen Schubladen hinter mir, dann sehe ich, wie sie ihm eine Box mit Bohraufsätzen reicht. Mir wird ganz flau, wenn ich diese fiesen, kleinen Bohrspitzen sehe.

Weder Zahnarzt noch Assistentin nehmen Notiz von mir. Beide scheinen sich nur auf ihre Aufgabe zu fokussieren, und scheinen sich wortlos, allein über ihre Blicke zu verstehen - die Assistentin beobachtet ihn genau und scheint ihm jeden Befehl von den Augen abzulesen, was sie dann auch zügig umsetzt.

Gleichzeitig lässt Dr. Steedt keinen Zweifel darüber, wer hier Herr im Haus ist. “1-8, 1-7, 1-6”, erklärt er knapp, und die Assistentin reagiert sofort, während ich mich noch frage, was das wohl zu bedeuten hat.

Sie platziert zwei dieser Watteröllchen in meine rechte Wange oben, und drückt sie unsanft fest. Die Wange ist damit zur Seite weggedrückt, die Zähne liegen frei, bereit zur Behandlung.

Dann folgt auch schon der Bohrer, der den Zahn ganz hinten bearbeitet. Es ist eigentlich gut auszuhalten, ich hatte das Bohren schlimmer in Erinnerung. Ich spüre eigentlich fast nichts - bis dann plötzlich doch ein Ziehen einsetzt.

‘Ahh’, denke ich und werde unruhig. Irgendwelche Instrumente werden noch tiefer in meinen Mund geschoben, der Sauger drückt jetzt zusätzlich unangenehm in den Gaumen.

Währenddessen geht das Bohren. Es geht immer tiefer, aus dem anfangs leichtem Ziehen ist ein handfester Schmerz geworden. Ich verkrampfe, hoffe, dass es bald zu Ende ist.

Der Zahnarzt macht jedoch keine Anstalten, aufzuhören. Unbeeindruckt bohrt er immer tiefer und das Ziehen wird heftiger. Ich rutsche im Behandlungsstuhl hin und her, und meine Arme ziehen unwillkürlich an den Gurten.

‘Ahh, aua, wie tief geht das denn noch?’, die Panik steigt, aber der Zahnarzt macht keinen Anschein, dass es bald zu Ende ist.

Ich versuche, durchzuhalten, aber der Schmerz übermannt mich. Durch einen Schleier meines schmerzvernebelten Hirns höre ich mich, wie ich leise aufstöhne.

“Ja, das ist unangenehm, wir sind fast am Nerv.” erklärt der Zahnarzt trocken, ohne dass er den Bohrer stoppen würde. Ich verkrampfe weiter, versuche es, das unvermeidliche so gut wie möglich zu ertragen.

Eine tröstende Stimme der Assistentin: “Einer von mindestens zwölf ist schon zur Hälfte geschafft”.

Ich schlucke - ‘Was?’. Ich könnte heulen vor Verzweiflung. Das hier jetzt ist ja schon kaum auszuhalten, und das soll erst der Anfang sein?

“Schön locker lassen, ganz entspannt bleiben”, schiebt sie nach. Wie soll ich das denn schaffen, es tut so unglaublich weh. Ich verkrampfe immer mehr im Stuhl, während das Bohren kein Ende nimmt.

“Weit auf, locker lassen”, korrigiert mich jetzt auch der Zahnarzt nochmal. Meine Hände umkrallen derweilen die Armlehnen, alle Muskeln im Brustkorb und im restlichen Körper sind angespannt, der Schmerz zieht von dem Zahn durch den Schädel in den ganzen Körper. Immer wieder entfährt mir ein leises Stöhnen, das ich kaum mehr kontrollieren kann.

Dann endlich stoppt der Bohrer nach einer gefühlten Ewigkeit. Endlich. Die Verkampfung löst sich. Der Körper sinkt erschöpft in den Behandlungsstuhl. Hoffnung durchfließt mich, ist es geschafft?

Die Assistentin reicht ihm die Sonde. Mein Atem stockt. Hoffentlich ist es vorbei, und er muss nicht weiter bohren.

Mit größter Anspannung und Nervosität verfolge ich, wie der Zahnarzt mit der Sonde den Zahn ausgiebig kontrolliert….

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xxxgrl Vor 3 Monate 1