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Aufrufe: 444 Created: Vor 5 Monate Updated: Vor 5 Monate

Anne, Laura und der Doc

Annes Wunsch (Kapitel 10)

Anne stand mit klopfendem Herzen vor seiner Tür. Sie war schon einige Male hier gewesen, allerdings noch nie alleine. Dann gab sie sich einen Ruck und drückte auf den Klingelknopf. Nach einigen Sekunden, die ihr wie Minuten vorkamen, hörte sie eine Tür in der Wohnung knarren und dann kratzte es an der Wohnungstür. Die Tür wurde erst eine Hand breit geöffnet und dann wieder geschlossen. Als sie sich erneut öffnete, sah sie Tommy mit wedelndem Schwanz vor sich.

„Nein Tommy! Nicht anspringen!“ sagte Daniel Castigo, der hinter seinem Hund in der Tür stand.

Er bat Anna herein und nachdem sie Tommy gestreichelt hatte, begrüßte sie Daniel mit einer kurzen Umarmung. Er führte sie ins Wohnzimmer, bot ihr den bequemen Sessel an und ging in die Küche um Kaffee, Kekse und herzhaftes Gebäck zu holen.

Anne erzählte ausführlich vom Feedback ihres Kunden, der Laura für sein neues Parfüm als Identifikationsfigur auserkoren und ein einwöchiges Fotoshooting mit ihr veranstaltet hatte. Für das Shooting waren zunächst fünf Tage geplant gewesen, da Laura aber nach dem ersten Tag akut erkrankte und im Krankenhaus behandelt werden musste, waren die Fotoshootings zwei Tage ausgesetzt dann aber wie geplant fortgesetzt worden.

Das Feedback des Auftraggebers war überwältigend gewesen. Anne hatte das Fotomaterial und die Filmaufnahmen sehen dürfen, was keine Selbstverständlichkeit war. Dass Laura ein ungewöhnliches Talent besaß, wusste sie natürlich, aber selbst Anne war überrascht und fasziniert von den Aufnahmen. Daniel freute sich für Anne und Laura und fragte Anne, ob sie Abzüge von den Aufnahmen bekommen hatte.

„Leider nicht!“ antwortete Anne mit Bedauern. „Ich hätte sie Dir gerne gezeigt, aber mein Kunde besteht auf absoluter Geheimhaltung bis das neue Parfüm der Öffentlichkeit offiziell vorgestellt worden ist und hat mir deshalb noch keine Abzüge zukommen lassen. Wenn ich sie bekomme, zeige ich sie Dir ganz bestimmt!“ versprach Anne.

Dann holte sie tief Luft, fasste sich ein Herz und begann das Gespräch in eine Richtung zu lenken welche ihr sehr peinlich war, aber andererseits sich nicht vermeiden ließ, wenn sie ihr Problem lösen wollte.

„Spielst Du eigentlich immer noch mit Michael Squash?“

„Unregelmäßig, aber so ungefähr alle zwei Wochen spielen wir zusammen, manchmal auch im Doppel, wenn Mark und Nadine oder andere aus unserer Clique auch da sind.“

„Ja, hm. Du weißt wahrscheinlich, dass ich bisher immer bei Michael in gynäkologischer Behandlung war…“

„Naja, ein Geheimnis war es ja nicht wie Ihr Euch kennengelernt habt.“ Daniel grinste schief.

„Und das ist jetzt das Problem. Ich kann mich nicht mehr von Michael behandeln lassen, d.h. ich brauche einen neuen Gynäkologen…“

Daniel wartete ab worauf Anne hinaus wollte. Er war sich nicht sicher, ob seine vage Vermutung ihn in die Irre leitete.

„Ich… ich wollte Dich fragen, ob Du mich gynäkologisch behandeln würdest?“ Anne wagte kaum zu atmen und wartete auf Daniels Antwort.

„Hm, grundsätzlich wäre das möglich, aber ich habe keine Praxis. Mir fehlt die ganze medizintechnische Ausstattung, die eine gynäkologische Praxis haben muss. Und zu Michael in die Praxis würdest Du wohl nicht kommen wollen, oder?“

„Vielleicht… Wenn es sich Freitagnachmittags einrichten ließe? Dann wäre die Praxis geschlossen und Michael würde ich dann nicht über den Weg laufen.“ meinte Anne zaghaft.

„Ich werde darüber nachdenken.“ meinte Daniel.

Seit er Laura kennengelernt hatte, war sein Leben vollkommen durcheinander. Egal mit welcher Tätigkeit er beschäftigt war, seine Gedanken waren bei ihr. Er vermisste sie jetzt schon wieder dabei hatten Laura und er gerade lange miteinander telefoniert. Es mussten fast drei Stunden gewesen sein. Der Verstand sagte ihm, er solle Laura vergessen. Sie lebte in Heidelberg und er in einer der Vorstadtsiedlungen von Paris. Und beide hatten sie kein Geld um sich regelmäßig zu besuchen. Das waren wirklich schlechte Voraussetzungen für eine Beziehung. Sie hatten lange darüber gesprochen wie das Problem gelöst werden konnte. Wenn er sein Medizinstudium in Heidelberg fortsetzen könnte… Aber ihm fehlte das ganze medizinische Vokabular. Sicher, viele Fachbegriffe waren lateinischen oder griechischen Ursprungs, aber ein Arzt musste sich auch mit seinen Patienten unterhalten können. Er hatte das Gefühl, dass seine Deutschkenntnisse dafür nicht gut genug waren. Laura sprach zwar sehr gut französisch und lernte aufgrund ihrer sprachlichen Begabung sehr schnell dazu, aber wovon sollte sie hier leben? Er konnte so gerade eben mit finanzieller Unterstützung seiner Eltern sein Studium finanzieren. Ob ein Stipendium möglich wäre? Er hatte intensiv nach Stipendien für das Medizinstudium in Deutschland recherchiert und auch nachgeschaut ob es so etwas wie Stipendien auch für Models in der Modebranche gab. Bisher war er leider noch nicht fündig geworden.

Vorhin hatte Daniel ihr eine WhatsApp-Nachricht geschickt und sie gebeten zu ihm zu kommen. Jetzt saß Anne wieder auf dem selben Sessel wie eine Woche zuvor. Nur dass es jetzt nicht mehr Nachmittag, sondern Abend war. Sie war etwas verunsichert. Wahrscheinlich würde er…

„Anne“ unterbrach Daniel ihre Gedanken. „Ich muss leider nein sagen.“

Wie erstarrt saß Anne da. In ihrem Kopf rotierte es. Hatte sie Daniel mit ihrem Anliegen brüskiert? War es zu aufdringlich gewesen ihn danach zu fragen, ob er sie…

„Anne?“

Anne schaute Daniel an, fand aber keinen Ärger in seinem Gesichtsausdruck. Dann lächelte er.

Laura lag in ihrem Zimmer auf dem Bett und hörte Musik. Genau genommen tat sie das nicht auch wenn Zoe Wees neuester Song aus den Kopfhörern rieselte. Sie dachte an ihn. Natürlich, wann dachte sie nicht an ihn? Obwohl sie noch nicht miteinander geschlafen hatten, fühlte Laura eine viel stärkere Liebe zu Yves als sie je zu ihrem Ex-Freund verspürt hatte.

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Lina98 Vor 5 Monate 1