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Aufrufe: 888 Created: Vor 1 Jahr Updated: Vor 1 Jahr

Die Orgasmusspritze

Teil 1

Du sitzt in deiner Unterwäsche in dem engen Raum und hast ein mulmiges Gefühl. Ein winziger Tisch, ein Stuhl, zwei Haken an der Wand, an denen dein Mantel und dein Kleid hängen - vielleicht sechs Quadratmeter. Im Eck stehen deine Stiefel. Am Tisch liegt das Papier, das du damals, vor einiger Zeit, unterschrieben hattest. Mit Textmarker wurde das Kleingedruckte unterstrichen, das du eben noch einmal gelesen hast: Diese wissenschaftliche Studie wird mit steuerlichen Mitteln aus dem Gesundheitsministerium finanziert. Sie ist für die Teilnehmer kostenlos. Bei einem Rücktritt von der Teilnahme wird allerdings der volle Kostenersatz verlangt. Du weißt, was das bedeutet, du kannst nicht mehr zurück. Du bist dieser Studie und den dazugehörigen Wissenschaftlern ausgeliefert - kein Wunder, dass dir flau im Magen ist.

Du denkst zwei, drei Monate zurück, als du gelangweilt in deiner Küche saßest und etwas frustriert deine Zeitschrift "Die moderne Frau" durchblättertest. Eine Annonce erregte deine Aufmerksamkeit: 80% der Frauen haben Schwierigkeiten, zu einem Orgasmus zu kommen. Das muss nicht sein! Ein paar Zeilen weiter unten wurde eine seriös wirkende Kontaktadresse genannt, von einem Institut, dessen Namen du schon irgendwann gehört hattest. "Schwierigkeiten ist noch harmlos ausgedrückt, ich hatte seit Jahren keinen Orgasmus", dachtest du bei dir und fordertest die Unterlagen an. Als diese dann kamen, schriebst du dir den ganzen Frust von der Seele. Dass dir "normaler Sex" absolut nichts gibt. Dass du erotische Träume hast, die dir selbst seltsam erscheinen. Dass du dich nicht traust, mit irgendjemand darüber zu sprechen. Die Fragen gingen dann ziemlich ins Detail und du hast sie so wahrheitsgemäß als möglich beantwortet. Du hast dabei sogar selber etwas über dich gelernt. Es hat dir richtig Freude gemacht und du hast bemerkt, wie dich das dazugehörige Kopfkino feucht werden ließ.

Zum Abschluss stand geschrieben, dass ein Team von Wissenschaftlern im Auftrag des Gesundheitsministeriums daran arbeitet, das weit verbreitete Orgasmus-Problem bei Frauen zu beheben und daher intensive Studien durchführe, zu denen man sich hiermit freiwillig melden könne. Und dann galt es eben zu unterschreiben und das Ganze abzuschicken, was du in deiner erotischen Stimmung mit rotem Kopf tatest.

Danach gab es Tage, an denen du gar nicht mehr daran dachtest. Es gab auch Tage, an denen du hofftest, deine Briefsendung wäre am Postweg verlorengegangen - und es gab Tage, an denen du dir sehnlich wünschtest, du mögest endlich Antwort erhalten. Das war dann vor ca. zwei Wochen so weit. Wie warst du aufgeregt, als du den Brief vorfandest. Es stand drin, dass man zwischen drei Tagen wählen könne, um hierher zu kommen. Du wähltest gleich die erste Möglichkeit, denn du hattest ja Zeit - jetzt im grauen November.

Und nun bist du hier. Du hast dich schick gemacht - immerhin soll es in irgendeinem Sinn um das Thema Orgasmus gehen. Du warst dann sehr überrascht, als man dich in dieses Umkleidezimmerchen geschickt hat, in dem - wohl als Mahnung - dein unterschriebenes Papier liegt und auf einem Schild groß zu lesen steht: Bitte entkleiden!

An all das denkst du in diesen langen Minuten seit du hier bist. Du stehst vorsichtig von dem Stuhl auf, weil du dir am Tischbein keine Laufmasche einfangen möchtest und gehst etwas nervös auf und ab. Du kommst dir dumm vor, nur in BH, Slip und Strumpfhose nun schon minutenlang zu warten - irgendwie demütigend. Da ertönt aus dem Lautsprecher eine Stimme: "Treten Sie bitte ein, Frau Berger!" Und mit einem leisen Summen geht die Tür einen Spalt auf. Du betrittst einen großen, hellen Raum. Das Licht blendet dich extrem, da du aus dem dunklen, kleinen Kämmerchen kommst. Da vernimmst du abermals die Stimme aus dem Lautsprecher: "Sie müssen sich bitte vollständig entkleiden!" Das ist zwar eine strenge Aufforderung, aber die Stimme klingt dabei warm, männlich und freundlich. Du murmelst ein "Entschuldigung" und eilst schnell in das Kämmerchen zurück, wo du dich gedankenverloren deiner letzten, schützenden Kleidungsstücke entledigst. Dabei klopft dein Herz wie wild und du motivierst dich selbst: "Ich lasse mich nun auf dieses Abenteuer ein!" Noch einmal betrittst du den hellen Raum, diesmal splitterfasernackt. Du bist dieser Studie und den dazugehörigen Wissenschaftlern ausgeliefert - kein Wunder, dass du feucht im Schritt wirst.

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rewi Vor 1 Jahr