Fieberzäpfchen
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Aufrufe: 1835 Created: 2020.05.24 Updated: 2020.05.24

Lotte ist krank

2 - Was ist mit Lotte?

Es ist kurz nach sieben Uhr und ich wundere mich, wo Charlotte bleibt. Das Frühstück ist schon längst fertig, sie muss bald los zur Schule. Ich sollte mal nach ihr sehen, vielleicht hat sie verschlafen.

Also stehe ich vom Küchentisch auf und mache mich langsam und fröhlich pfeifend auf den Weg die Treppe hoch. Aus ihrem Zimmer ist kein Ton zu hören, sie scheint wirklich noch zu schlafen.

Innerlich muss ich schmunzeln. Wahrscheinlich hat sie gestern Abend wieder viel zu lange gelesen. Sie wirkte ziemlich fertig, als sie hochgegangen ist und scheint unter dem Schlafentzug durch das viele Lernen zu leiden. Warum müssen Jugendliche abends auch immer so lange wach bleiben? Da ist es doch kein Wunder, dass die Kleine jetzt verschläft. Ich muss unbedingt darauf achten, sie früher ins Bett zu schicken!

Vorsichtig klopfe ich an ihrer Zimmertür, doch drinnen rührt sich nichts. Langsam öffne ich die Tür und betrete den Raum. Lotte liegt in ihrem Bett, mit dem Rücken zu mir und nur ihre Haare schauen noch unter der Bettdecke hervor.

“Charlotte, du hast verschlafen”, sage ich, doch sie bewegt sich nur ein bisschen. Seufzend setze ich mich auf die Bettkante und nehme sie an der Schulter.

Dabei erschrecke ich, wie warm ihr Körper sich anfühlt. “Charlotte, ist alles in Ordnung?”, frage ich besorgt und ziehe die Decke ein bisschen zurück. Dann drehe ich sie vorsichtig auf den Rücken.

Charlottes Gesicht ist kaltweiß, sie hat dicke Schweißperlen auf der Stirn und scheint vor Kälte zu zittern. Sie atmet schwer und blinzelt mich mit glasigen Augen an.

“Was ist denn mit dir passiert?”, ich bin bestürzt, aber sie antwortet nicht. “Dir geht's ja gar nicht gut”, murmele ich und berühre ihre feuchte Stirn, die glühend heiß ist.

“Lotte, du hast Fieber”, wispere ich, “Tut dir etwas weh?” Sie nickt und röchelt leise, mit Tränen in den Augen: “Meine Arme und meine Beine und mein Bauch und der Kopf und das Atmen, Alles.”

Beruhigend streichele ich über ihre Wange und wische die Schweißperlen von ihrer Stirn. “Ist dir schlecht? Musst du dich übergeben?”, erkundige ich mich besorgt und sie antwortet mit schwacher Stimme: “Ein bisschen.”