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Aufrufe: 2341 Created: 2019.10.20 Updated: 2019.10.25

Die Geschichte der Sarah Gonfler

Kapitel 1-3

Die Geschichte der Sarah Gonfler

1

Sarah Gonfler sah auf den Mann herab, der gerade ihre ausgelatschten Schuhe küsste. Ergeben und Seufzer ausstoßend be­handelte der Mann ihre Füße, als seien sie das Wertvolls­te auf Erden. "Sei froh, dass ich noch einen Termin frei hatte, Gilbert. Stell' dir vor, ich wäre jetzt weg!" Der Mann zu Sarahs Fü­ßen schrak kurz zusammen und stam­melte: "Bitte, Made­moiselle Gonfler. bitte!" Sarah Gonfler brach in ein spitzes und kühles La­chen aus und rief: "Gilbert, wie oft warst du die­se Woche schon bei mir?" Gilbert senkte den Kopf: "Viermal, Made­moiselle."

"Und du hast noch nicht genug, wie? Du möchtest noch ein weite­res Mal aufgepumpt werden? Bis du wieder wimmernd vor mir liegst wie ein Hund unter den Füßen seines Frauchens?"

Sie schaute dem Mann in die Au­gen, die in glühender Faszination zu ihr aufblickten - ein Stammgast ihres Etablissements. Ein Kunde von vielen, den sie mit ihren Künsten langfristig an sich gebunden hatte. Sarah Gonfler strahlte eine fast schon unheimliche Erotik aus: ein perverses Funkeln der Augen und ihr lasziv-strenges, auch derbes Auftreten – Dominanz in einer Form, die sowohl Männer als auch Frauen aus allen Gesellschaftsschichten anzog und bannte.


2

Schon als 8-Jährige wusste Sarah viel über die Ar­beit ihrer Mutter, die damals als Krankenschwester arbeitete und so den spärlichen Lebensstil der beiden ermög­lichte. Im Alter von 14 Jahren wurde sie dann Zeugin, wie ihre Mutter einem jungen Mann ein Klistier verabreichte, während dieser ein seltsames Stöh­nen von sich gab. Mit star­rem Blick besah sich Sarah die­se Szene, bis ihre Mutter sie ent­deckte und aus dem Zim­mer schickte. Doch Sarah hatte schon etwas Wichtiges gelernt...

Sie lebte zu Zeiten, da die Darmpflege in höheren Krei­sen der Gesellschaft fast schon zum Volkssport ausartete. Man ließ sich durch die verschiedensten Klistierapparate befüllen; drückte, presste, pumpte und spritzte Wasser, Luft und vieles mehr in den After. Es beeinflusste in ho­hem Maße die Libido der herrschenden Schicht, weswe­gen sich auch bald ein Ge­werbe bildete, das dem der Pro­stitution in mancher Hinsicht ähnelte. Ein großer Teil der Bevölkerung ließ sich zwar nach ärztlichem Rezept von Apothekern Klistiere verabreichen - andere jedoch zog es zu den Klistierfrauen, den lavementières hin, die sich ganz auf ihr Gewerbe spezialisiert hatten und dabei auch der Libido ihrer Kundschaft gerecht wurden, wobei jedoch der me­dizinische Nutzen der Behandlung stark in den Hinter­grund trat.


3

Sarah war mit ihren damals 19 Jahren eine äußerst aufreizende Erscheinung in der Blüte ihres Äußeren und strahlte Selbstbe­wusstsein und Zielstrebigkeit aus. Meist traf man sie in ihrer kleinen Praxis in der Nähe des Montmartre an, in ge­wöhnlicher Hausgarderobe, die nackten Füße in einem Paar Holzpantoletten, was ihrem festen Gang eine zusätzli­che un­überhörbare Note gab. Den Arm in die Hüften ge­stellt, taxierte sie jeden der Vorübergehenden mit leicht spöt­tischem Blick und pries schamlos ihre me­dizinischen Dienste auf einem großen Plakat an: "Luft- und Tabak-Klistiere ab 3 Francs, kleines Klistier: 5 Francs, kom­plette Darmspülung: 20 Francs". Viele der Passanten, meist Männer, blieben kurz an der Er­scheinung Sarah Gonflers hängen, wenn sie sich in der en­gen Rue des Lavementières nach einer geeigneten "Therapeu­tin" umsahen.

Sarah verfügte - dank der vielen Patienten ihrer Mutter - bin­nen kurzer Zeit über einen festen Kundenstamm. Die ersten lockte sie mit einem versteckten Augenauf­schlag und dem schnell geflüsterten Angebot in des Patienten Ohr... Die Mutter kam zwar hinter ihr Spiel, wollte es ihr auch zuerst verbieten, doch als sie sah, wie viel Geld Sarah innerhalb kürzester Zeit verdient hat­te, willigte sie schließlich ein, dass Sarah ihr Talent in einer eigenen Praxis in der Rue des Lavementières unter Beweis stellen durfte.

Der kleine Raum, den Sarah mietete, war spartanisch eingerichtet: eine Holz­liege und etliche Spritzen aus Gummi, Glas und Metall, an den Wänden hingen lange Gummischläuche, Hand- und Fußblasebäl­ge, verschieden dicke Darmrohre und Klistier­beutel in allen Grö­ßen, aus Tierdärmen und Gummi. Und Sarah wusste mit dieser Ausrüstung umzugehen! Gehei­me Kräuterrezepte und ihr an­geborenes Schauspieltalent verstärkte die Wirkung ih­rer Klistiere nachhaltig, so dass viele ihrer Klienten wieder­holt bei ihr auftauchten und um die Fortführung der Behand­lung ba­ten...