5. Kapitel Aus Elenas Perspektive

Ich spürte schon beim letzten Gespräch mit dem potenziellen Kunden, dass mein Kreislauf sich langsam aber sicher verabschiedete. Ich war wirklich froh, als das Gespräch beendet war. Ich machte Sarah ein Zeichen, dass ich kurz nach hinten gehen würde. Ich atmete nochmal tief durch. Selbst diese paar Schritte fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Das Rauschen in meinen Ohren und die Einschränkung meines Sichtfeldes verstärkten sich noch. Ich kannte diese Symptome nur zu gut. Schnell setzte ich mich auf den Boden. Ich schloss fest die Augen und versuchte mich wirklich darauf zu konzentrieren, dass ich nicht das Bewusstsein verlor. Das letzte was ich für einige Zeit danach wahrnahm waren eilige Schritte, die sich mir näherten. Dann war alles nur noch schwarz. Rabenschwarz.

Ich spürte Hände die mich berührten. Es war unangenehm. Etwas piekste. Ich wollte meine Hand wegziehen, es ging nicht. Ich wurde festgehalten. Ich hörte Stimmen, bekannte Stimmen. ZU bekannte Stimmen. Das konnte doch nicht sein. Schlagartig öffnete ich die Augen und schloss sie wieder. Daniel? War das gerade Daniel gewesen. Es war so hell und blendete mich. Meine Flanken, mein Bauch, mein Rücken alles tat so weh. Ich wurde auf den Rücken gedreht und wollte vor Schmerzen aufschreien.

„Elena, kannst du mich hören?!"

Verdammt die Stimme war wirklich sehr sehr ähnlich. Aber was machte er hier. Das machte doch alles gar keinen Sinn. Wieder öffnete ich vorsichtig die Augen. Daniel saß tatsächlich neben mir und lächelte mich an. Er trug wie Marc eine dunkle Hose und eine rot-blaue Jacke mit dem Emblem Notarzt auf der Brust. Das durfte doch alles nicht wahr sein.

„Willkommen zurück!" Daniel lächelte mich an.

Ich versuchte mich aufzusetzen, was Daniel natürlich sofort wieder unterband. Er drückte mich zurück auf den Boden und orderte Marc an Diazepam vorzubereiten. Ich bekam immer schreckliche Kopfschmerzen davon und wollte das auf jeden Fall vermeiden. Doch sämtliche Ansätze zur Diskussion wurden im Keim erstickt. Ohne weiter auf meine Einwände zu achten, injizierte er das Mittel in meinen Zugang. Marc und Daniel schauten beide nun konzentriert auf den Monitor. Dann wendete sich Daniel wieder mir zu. Ich hatte überhaupt keine Lust auf seine blöden Fragen zu antworten. Zudem fühlte sich mein Kopf an wie Watte. Das einzige was mir gerade noch blieb war mein Trotz und den spielte ich jetzt aus.

Ich sah das mir wohlbekannte, gefährliche Funkeln in seinen Augen und mir wurde bewusst, dass ich verloren hatte. Absolut verloren. Er injizierte den Rest des Mittels in meinen Venflon. Ich schloss die Augen. Ich spürte wie Daniel mich vorsichtig in seine Arme nahm. Hier mit der Liege hereinzukommen war definitiv zu eng. Marc schien wohl dann den Corpuls und die anderen Dinge zu übernehmen. Ich kuschelte mich kurz etwas an Daniels Oberkörper heran. Er roch immer noch genauso gut, wie früher. Männlich, mit einem Hauch Aftershave. Ich überlegte, ob ich vielleicht doch noch eine Chance hatte zu entkommen, doch so sanft er mich hielt, wusste ich doch aus eigener Erfahrung, dass sein Griff unnachgiebig und fest war, wenn ich es darauf ankommen ließ. Vorsichtig wurde ich auf die Liege gelegt. Ich öffnete wieder die Augen. Marc lächelte auf mich hinunter und legte mir die Infusionsflasche zwischen die Beine. Er beugte sich zu mir herunter und schaute mich ernst an.

"Du hast es nicht anders gewollt!" Mir stiegen die Tränen in die Augen, doch ich schluckte sie entschlossen zurück. Diese Blöße wollte ich mir vor ihm definitiv nicht geben. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und versuchte all die Menschen um mich herum auszublenden.

"Abmarsch!" Daniels Kommandostimme machte uns Platz und so wurde ich auf ratternden Rädern durch die Messehallen geschoben. Ich schaute nach oben und versuchte die Tränen wegzublinzeln. Es funktionierte so mittelmäßig. Ein dicker Kloß formte sich in meinem Hals.