„Dafür gehörst du eigentlich übers Knie gelegt.“ Ihre Antwort war vielversprechend: „Vielleicht gefällt mir das ja?“
Na herzlichen Glückwunsch zu diesem seltenen glücklichen Zufall.
Aus meiner Erfahrung ist so eine Reaktion auf sexuelle Provokation weder selten noch Zufall, sofern man zuvor die passenden Rahmenbedingungen dafür geschaffen hat. Es muss vom Gegenüber bereits genügend sexuelles Interesse bestehen und ein solides Vertrauen, dass man ein vernünftiger Mensch ist und kein Spinner (gilt auch beidseitig, ich werde nichts Intimes erzählen, wenn ich meinem Gegenüber nicht vertraue). Das dauert aber in der Regel nicht lange und meiner Erfahrung nach, wenn nicht beides spätestens zum Ende des ersten Dates erreicht ist, gibt es kein Zweites. Man kann also davon ausgehen dass man spätestens bei einem zweiten Date damit loslegen kann. Ich rate aber dazu den Temperaturfühler zu entwickeln und entsprechend schon frühstmöglich beim ersten Date damit loszulegen, da solche Schäkereien die Lust auf ein zweites Treffen zementieren und es sich andernfalls oft trotz guter Grundlage verliert. Es gibt heute schlichtweg zu viele Optionen als dass man die Dinge mit dem Schneckentempo der Schüchternheit angehen kann.
Jetzt speziell zur WE: Immer wenn jemand nicht von vornherein eigenen (Nischen-)Fetisch mitbringt (also zu 90-99%) ist es von zentraler Bedeutung schrittweise Brücken zu bauen und es für denjenigen greifbar zu machen, warum dieser Fetisch so aufregend sein kann. Es ist nicht sinnvoll alles direkt auf den Tisch zu knallen, da es schlichtweg nicht auf einmal verdaut werden kann. Im Gegenteil, solange man selbstbewusst und unverfroren das erste bestverdaulichste Stück auf den Tisch legt, erhält man oft den Schleier des Mysteriums ("was wohl noch alles an aufregenden Geheimnissen in ihm/ihr steckt?!").
Konkret habe ich vor langer Zeit als noch unerfahrener Jüngling irgendwo gelesen, dass viele Frauen auf Fesselspiele stünden und hatte direkt das Potenzial darin erkannt, dies als Brückenpfeiler hin zur WE zu nutzen. Also kaufte ich mir ein 4-Punkt-Fesselset, das sich an jedem Bett anbringen ließ und gleichzeitig einfach zu verstecken war. Von da an streute ich bei Gelegenheit entsprechende Anspielungen ins Gespräch ein, sobald die Chemie stimmte. Mit dem ersten Mädel war es dann doch für mich verwunderlich, dass sie sich obwohl wir uns noch kaum kannten direkt beim ersten Mal im Bett bereitwillig an allen Vieren fesseln ließ und mir somit komplett ausgeliefert war. Es war ein prägendes Erlebnis, ich hatte nun einen handfesten Beweis dafür, dass Frauen wirklich für BDSM Spiele zu haben waren und es nicht weiter nur Fantasie bleiben musste. In dieser Beziehung tischte ich (evtl. deutlich später) noch etwas mehr auf und brachte sie dazu sich als sexy Krankenschwester zu verkleiden, von den spezielleren Fetischen wie dem Spritzenfetisch hatte ich mich aber glaube ich noch nicht zu erzählen getraut.
Von da an war es ein Grundsatz beim ersten Mal im Bett immer direkt die Fesseln herauszuholen (mit entsprechenden Andeutungen zuvor um auch dies nicht aus heiterem Himmel zu beschwören, welche sie aber gleichzeitig rätseln ließen: "Meint er es ernst oder ist es nur Spaß?"), um direkt klarzumachen, dass ich kein "Vanilla"-Typ bin, sondern es etwas aufregender und spezieller wird. Zu meiner Überraschung gab es bis heute keine einzige Frau, die das gefesselt werden abgelehnt hat (Vorsicht: Das heißt natürlich nicht, dass es das nicht gibt!). Irgendwann hatte ich die roten Stofffesseln durch weiße Lederfesseln ersetzt, die optisch bereits viel mehr nach Psychiatrie wirkten.
Fesselspiele waren letztlich ein super erster Schritt, um den Fuß in die Tür zu bekommen. Doch wie konnte es weitergehen? Ich hatte mich dazu entschieden, spätestens nach dem ersten Mal im Bett grundsätzlich von meinem MedFet zu erzählen, dass ich auf solche Rollenspiele stehe, aber ohne ihr Druck zu machen, Erwartungen zu schüren und auch erstmal nur allgemein ohne die extremeren Details. Auf eine Frau, die von sich aus schon Interesse an sowas hatte bin ich noch nie gestoßen, trotzdem war meist eine gewisse Neugier geweckt und auch etwas Offenheit für so ein Rollenspiel da. Ich muss aber dazusagen, dass es für sie eben im sexuellen Kontext nur interessant war und nicht als seriöses Untersuchungsspiel - für mich genau das Richtige aber ich weiß, dass einige dies hier anders sehen. Also boten sich Rollenspiele an, wo ich der dominante Arzt war und sie Patientin oder Krankenschwester oder eben sie eine Krankenschwester, die von ihrem Patienten überwältigt wird.
Damit es aber nicht nur "Ficken im Kostüm" war, baute ich "harmlose" Dinge mit ein wie ein Thermometer im Po, ein Zäpfchen oder nen kleinen Plug. Blutdruckmessen oder Auskultation dürfte sich ebenfalls super als Einstieg eignen, besaß ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht. Was ich eher hinten anstellen würde sind Dinge wie Spritzen, Einläufe, E-Stim, Spekulum-Untersuchungen, Sounding, Katheterspiele. Solche Fetische würde ich erst erwähnen, nachdem zumindest ein paar Schritte Richtung Fetisch-Sexleben erfolgreich gemeistert wurden und würde sie erstmal nur ganz ohne jede Erwartungshaltung erwähnen. Etwas Zeit kann einiges bewirken und die brennende Begeisterung des Partners für etwas auch, aber eben nur wenn man den Raum hat sich im eigenen Tempo dafür zu öffnen.
Bonus Story: Als ich meine Frau zum ersten Mal traf, gingen wir nach dem Essen noch spazieren und mussten dann Schutz vor dem einsetzenden Regen suchen auf einer Bank. Da das Date gut lief erzählte ich ihr dort bereits grob von meinen Vorlieben für Fesseln und Doktorspiele und dass ich auch verrückte Geschichten darüber schreibe. Später verriet sie mir, dass sie sich in diesem Moment dachte, dass sie mich kein zweites Mal treffen würde. Die Spannung in der Luft war enorm. Keine Minute später küsste ich sie zum ersten Mal und wir waren kaum noch voneinander zu trennen. Natürlich gab es ein nächstes Treffen 😉
Ansonsten findet sich Courage am Boden einer jeden guten Rotweinflasche.
Davon würde ich explizit dann abraten, wenn man es sich eben nur angetrunken sagen traut. Die Energie schwingt immer mit und es kann dann schnell der Eindruck entstehen, dass er doch ein gefährlicher Spinner ist, dem das unter Alkoholeinfluss rausgerutscht ist und dass man sich lieber flüchten sollte. Allenfalls beweist es aber weniger Mut. Beide Szenarien sind der Anziehung nicht zuträglich.
Verzeiht mir den ungeplant überlangen Post, ich fand das ein selten interessantes Thread Thema, Danke @DrCastigo, und wollte nicht nur ein paar einzelne Schlagworte in die Manege werfen. Das Wichtigste ist eine hohe soziale Intelligenz, wann man welchen Schritt gehen kann oder sogar sollte. Und das braucht etwas mehr Nuance als "probiert es doch mal mit Bondage".