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Aufrufe: 1069 Created: 2022.03.07 Updated: 2022.03.07

Ein Zahnarzt alter Schule !

Teil 1

Ein Zahnarzt alter Schule

Dr. Müller ist ein Zahnarzt alter Schule.

Kleinere Karies-Defekte werden bei ihm gleich behandelt, Spritzen sind dafür unnötig.

Die Erfahrung darf auch Christine machen.

Christines erster Termin bei Dr. Müller

Sie hatte eigentlich einen Termin bei ihrer Assistenzzahnärztin. Diese ist heute leider ausgefallen.

Damit sie nicht umsonst gekommen ist, hat ihr die Helferin vorgeschlagen, dass Dr. Müller heute die Kontrolle macht.

Etwas unwillig hat Christine dann aber zugestimmt. Sie ist ja nur zur Kontrolle da.

Leider hat Dr. Müller nach kurzer Kontrolle zwei neue Löcher gefunden.

Sehr zu Christines Überraschung und zu ihrem Leidwesen, fackelte er nicht lange und fing ohne große Diskussion gleich an zu Bohren.

Er arbeitet zügig und bestimmt. Kein Nachfragen "geht es noch?", wie Christine von ihrer normalen Zahnärztin gewohnt ist.

Der Bohrer wird fest angesetzt und arbeitet sich schnell tief in den Zahn vor. Nach Sekunden setzt bereits ein unangenehmes Ziehen ein.

'Ahhh' denkt Christine. 'Muss er so grob sein?' Ihre Zahnärztin arbeitet viel vorsichtiger und langsamer. Ihre Hände krallen sich in die Armlehnen.

Sie weiß nicht, ob sie nur gedanklich aufstöhnt, oder ob das Stöhnen auch über ihre Lippen kommt. Wenn, dann lässt sich der Zahnarzt davon nicht irritieren.

Irgendwann stoppt er kurz den Bohrer. Aber anstatt ihr eine Spritze anzubieten - wie sie hofft - erklärt er nur knapp, dass sie es bald überstanden hat.

Mit unverminderter Intensität gräbt sich der Bohrer tiefer in den Zahn.

Das anfängliche Ziehen entwickelt sich zum ausgewachsenen Schmerz. Christine krallt sich fester in die Armlehnen, ihre Beine zucken und jetzt stöhnt sie definitiv laut auf. Der Zahnarzt quittiert das lapidar mit "Noch ein bisschen durchhalten." und bohrt ungerührt weiter.

Bei dem Schmerz vergeht Christine buchstäblich Hören und Sehen. Sie liegt verkrampft im Behandlungsstuhl, untätig irgendwas zu tun.

der Rosenbohrer

Dann endlich, ein paar schreckliche Sekunden später, stoppt der Bohrer. Nach kurzer Kontrolle surrt der Rosenbohrer los. Unangenehme Vibrationen durchziehen ihren Kopf und ein unangenehmer, sägender Schmerz durchzieht den Zahn.

Kurz darauf ein Kälteschmerz. Der Zahn wurde mit dem Wasser- und Luft-Spray ausgiebig ausgesprüht und getrocknet.

Die Matrize wird gesetzt, die kleinen Holzkeile zwischen die Zähne geschoben und Christines Mund mit Watterollen ausgestopft. Das alles passiert in einem Tempo, dass sie nicht mal kurz Gelegenheit hat, den Mund zu schließen und den Kiefer zu entspannen.

Noch bevor sie reagieren kann, spürt sie, wie mit kräftigem Druck das Amalgam in ihren Zahn gepresst wurde. Dabei wollte sie doch eigentlich eine weiße Füllung.

Keine Chance, Lage um Lage wird das Amalgam in ihren Zahn platziert. Der Zahnarzt lässt auch keine Diskussion zu, bügelt ihre 'ähh, ähh' mit einem "bald geschafft" ab und arbeitet fokussiert weiter.

Die Füllung ist dann auch schnell platziert und angepasst. Christine ist froh, es überstanden zu haben. Da sagt Dr, Müller: "Den Mund wieder auf!" Christine glaubt, der Zahnarzt will die Füllung noch einmal kontrollieren, aber zu ihrem Entsetzen hat sie prompt wieder Sauger und Bohrer im Mund und Dr. Müller macht sich eifrig am nächsten Zahn zu schaffen, sagt noch kühl: "Das zweite Loch machen wir auch gleich. Dann brauchen sie dafür nicht extra noch mal kommen." Und der Bohrer gräbt sich gnadenlos in den nächsten Zahn.

Es gibt für Christine kein Entkommen. Sie liegt ausgeliefert im Behandlungsstuhl und muss die Tortur über sich ergehen lassen.

Wieder arbeitet der Zahnarzt zügig und bestimmt.

'Hoffentlich wird es diesmal nicht so schlimm, wie bei der ersten Füllung' fleht Christine innerlich, als nur wenige Sekunden später wieder ein unangenehmes Ziehen einsetzt.

Wieder setzt ein intensiver Schmerz ein der Christine fast an die Decke gehen lässt. Schnell frisst sich der Bohrer in den Zahn.

Als Christine glaubt, sie hält es nicht mehr aus, stoppt der Bohrer und wird zurückgehängt. Das Bohren hat nur einige Sekunden gedauert, trotzdem kam es Christine vor, wie eine Ewigkeit.

Dankbar über den nachlassenden Schmerz schaut sie ihren Zahnarzt an.

"Nur noch die Karies entfernen, und dann haben Sie es für heute wirklich überstanden" versichert er ihr.

Hoffnung keimt auf. Na gut, der Rosenbohrer ist unangenehm, aber das geht ja hoffentlich auch schnell. Eines muss man dem Zahnarzt lassen - er arbeitet deutlich schneller als ihre sonstige Zahnärztin.

Der Rosenbohrer ist nochmal sehr unangenehm und treibt Christine die Tränen in die Augen. Umso dankbarer ist sie, als der Zahnarzt den Bohrer zurückhängt.

"War doch gar nicht so schlimm, nicht wahr?" fragt er sie, und Christine schüttelt wie automatisch leicht mit dem Kopf, während sie mit der Hand ihre tränennassen Augen trocknet.

Es ist geradezu erleichternd, als der Zahnarzt ihren Mund wieder mit den Watteröllchen ausstopft und die Metallmatrize fest um den Zahn schraubt.

Sie entspannt sichtlich im Behandlungsstuhl. Die Füllung ist zwar noch etwas unangenehm, aber es tut nicht mehr weh.

Als der Behandlungsstuhl anschließend in Sitzposition zurückfährt, lobt der Zahnarzt sie lächelnd: "So, überstanden für heute. Sie waren sehr tapfer. Zwei Stunden bitte nichts essen, und wir sehen uns in einem halben Jahr wieder".

Benommen steht Christine auf und geht mit noch weichen Knien in Richtung Ausgang....

überstanden...

Auf dem Nachhause-Weg ist Christine vollkommen erleichtert. 'Endlich überstanden', denkt sie und schaut auf die Uhr. Der ganze Termin hat inklusive Wartezimmer nur 15 min gedauert, so schnell ging es ja noch nie! Ihre normale Zahnärztin arbeitet immer so langsam und vorsichtig, fast zaghaft, was immer ewig dauert. Das war heute anders. Eigentlich war es ja auch gar nicht so schlimm. Klar ist das Bohren unangenehm, aber es war ja noch auszuhalten, denkt sie sich. Außerdem war es ja schnell vorbei.

Sie nimmt einen tiefen Atemzug der warmen Nachmittagsluft. Dann befühlt sie mit ihrer Zunge die neuen Füllungen. Klar wäre es ihr lieber ohne, aber es muss halt eben sein.

Mit Freude stellt sie fest, dass auch ihr Mund nicht so unangenehm taub ist wie sonst nach dem Bohren. Sie muss nicht die nächsten Stunden mit einer tauben Backe oder Zunge rumlaufen! Eigentlich doch besser, dass sie den Zahnarzt nicht überredet hat, ihr noch eine Spritze zu geben. Sie lächelt vor Freude und Erleichterung.

Vielleicht sollte sie einfach bei diesem Zahnarzt bleiben?...

Fast euphorisch läuft Christine den letzen Rest des Weges nach Hause. Dort erwartet sie schon ihre Mitbewohnerin. "Na, Chrissie, schon zurück? Wie war es denn beim Zahnarzt? Alles ok?" Jetzt freut sich Christine noch mehr, dass sie keine taube Wange hat, denn so kann sie einfach behaupten: "Alles super. Natürlich keine Löcher, ich habe doch eine gute Zahnpflege!" Um den Beweis anzutreten, reist Christina sogar ihren Mund weit auf.

Christine hat allerdings vergessen, dass ihre kariösen zähne nicht wie gewohnt mit zahnfarbenen composite versorgt wurden. Dies mal kam Amalgam zum Einsatz. Mit weit aufgerissen Mund präsentiert sie also ihrer Mitbewohnerin ihre neuen 3-flächigen Amalgamplomben. Die Mitbewohnerin kann sich ein Lachen und einen Kommentar nicht verkneifen.

"Oh hast du dir silberschmuck in die beiden backen Zähne da unten einsetzen lassen? Ist ja interessant, ich dachte immer das macht man nur um Löcher zu flicken! "

Christine errötet "na gut, du hast recht. Ich hatte zwei kleine Löcher. Die Frau Dr. Hildenberg war heute nicht da und ich wurde von ihrem Chef, Dr. Müller behandelt.

Er arbeitet richtig flott, es war nicht mal eine Betäubung nötig.

Dann hat er mir Amalgamplomben eingesetzt. Er sagte, dass sie viel besser, viel langlebiger sind. Aber er hat nicht gesagt, dass sie silbern sind."

Christine geht zum nächsten Spiegel, öffnet ihren Mund und betrachtet die neuen Füllungen. Sie sind frisch poliert und glänzen hell silbern. 'Naja, ein bisschen sieht man sie ja schon' denkt sich Christine 'aber sooo sehr auch wieder nicht'. Tatsächlich war der weiße Zahn und das helle Silber nicht sonderlich kontrastreich.

Noch Tage später erinnert sich Christine an ihre Behandlung. Das schnelle, intensive Bohren, danach das befreiende Gefühl, es überstanden zu haben.

In ihrer Erinnerung verklären sich die Dinge. Es hat ja doch ziemlich weh getan.... aber war es wirklich so schlimm? Eigentlich war es ja doch auszuhalten gewesen. Und schnell ging es auch...

Ein Jahr später

Es wird wieder mal Zeit für die Kontrolle beim Zahnarzt

Die Wochen und Monate vergehen. Irgendwann kommt es Christine in den Sinn, dass es wiedermal Zeit für die Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt ist. Sie spürt eine bisher nie dagewesene Nervosität bei dem Gedanken aufsteigen. 'Muss halt eben sein' denkt sie und greift widerstrebend zum Telefon.

Als die Helferin sie fragt "wieder bei Dr. Müller?" stimmt Christine ohne weiter darüber nachzudenken zu. Der Termin ist in zwei Wochen. Ihre Handflächen werden bei dem Gedanken kalt und feucht, als sie auflegt. Die Erinnerung an die letzte Behandlung kommt in ihr hoch.

In den zwei Wochen bis zum Termin kann Christine an fast nichts anderes denken. Sie putzt ihre Zähne besonders gründlich und lange, damit hofft sie Nachlässigkeit aus der letzten Zeit wieder gut machen zu können. Nach dem Putzen schaut sie sich ihre Zähne immer noch genau im Spiegel an.

An die Füllungen hat sie sich dabei gewöhnt, aber was ist das für ein dunkler Fleck auf ihrem hinteren Backenzahn? Gerne würde sie auch einen Blick auf die Zähne im Oberkiefer werfen. Aber so sehr sie den Kopf auch vor dem Spiegel dreht, das gelingt ihr nicht.

"Wird schon alles in Ordnung sein", hofft sie

Nur zur Kontrolle

Dann irgendwann ist es so weit. Ihr Herz schlägt schneller als sonst, als sie die Praxis betritt. Im Hintergrund heult der Bohrer, und Christine fühlt sich augenblicklich an ihre Behandlung beim letzten Mal erinnert. Das Geräusch erinnert sie daran, dass es eigentlich ja doch ganz schön weh getan hatte - hatte sie es in ihrer Erinnerung verklärt? Ihre Handflächen werden kalt und feucht. Eigentlich war ihr heute auch überhaupt nicht nach Zahnarzt. Sollte sie einfach wieder gehen?

Sie schreckt aus ihren Gedanken hoch, als sie merkt, dass die Assistentin an der Rezeption sie anlächelt und wiederholt anspricht.

"Äh, ja. Ich habe einen Termin bei Dr. Müller." sagt Christine und gibt ihre Krankenkassenkarte ab. "Da haben wir sie ja. Zur Kontrolle. Bitte nehmen Sie noch kurz im Wartezimmer Platz. Herr Dr. Müller ist gleich für sie da." sagt die Rezeptionistin lächelnd und gibt ihr die Karte zurück. Christine setzt sich ins Wartezimmer. Sie ist schon ziemlich aufgeregt, muss an die letzte Behandlung denken, fängt an zu grübeln: "Vielleicht hätte ich doch lieber nicht wieder zu Müller gehen sollen? Vielleicht ist diesmal ja auch nichts. Und wenn, dann bohrt er vielleicht nicht sofort. Dann könnte ich mich noch umentscheiden." Die Nervosität wächst. Da wird sie auch schon aufgerufen.

Sie folgt der Helferin in den Behandlungsraum. Als sie in der Tür steht, fällt ihr Blick auf den großen Behandlungsstuhl und ihr Herz bleibt einen Moment stehen.

Der Stuhl sieht nicht so modern wie die anderen in der Praxis aus. Er hat große Armlehnen und ein großes U-förmiges Kissen an der Kopfstütze.

Umständlich nimmt Christine platz. Die Sitzfläche ist stark nach hinten geneigt, so dass sie automatisch in den Sitz rutscht. Nachdem sie die Beine auf den Gummischutz gelegt hat, fühlt sie sich ganz und gar vom Stuhl gefangen.

Die Helferin klappt die rechte Armlehne herunter, so dass nun auch der seitliche Ausweg versperrt ist.

Christine ist nun absolut mulmig zu mute. Sie erinnert sich an die letzte Behandlung, und bei der Vorstellung an den Bohrer wäre sie am liebsten wieder abgehauen.

"Ich bin heute ja nur zur Kontrolle da, nicht wahr?" versichert sie sich bei der Helferin, um sicherzustellen, dass sie heute zumindest keine Bekanntschaft mit dem Bohrer machen muss.

"Ja, keine Angst" bestätigt die Helferin als sie ihr das Lätzchen umbindet.

Christine sieht aus wie ein Häufchen Elend. Mit mitleidsvollem Blick schaut die Helferin sie an "Der Herr Doktor ist gleich bei ihnen"

Das Warten

Dann schließt sie die Tür. Mit zunehmend flauem Gefühl sitzt Christine da,sieht sich um. Nicht nur der Stuhl, auch die Geräte sehen alles andere als modern aus. "Ist ja nur Kontrolle heute!" Versucht sie sich zu beruhigen. Aber der Anblick lässt ihr Herz doch schneller schlagen.

'Es wird schon alles okay sein' redet sie sich ein 'schließlich ist die letzte Kontrolle ja gerade mal ein Jahr her. Und sollte wirklich was sein, vereinbare ich einfach einen Folgetermin - vielleicht sogar bei meiner alten Zahnärztin'.

Christine wippt mit den Beinen und rutsch unruhig im Stuhl hin und her. 'Vielleicht einfach abhauen?' geht es ihr durch den Kopf, aber dann folgt die Stimme der Vernunft. Wie soll sie das dann beim nächsten Mal erklären? Wäre schon peinlich.

Sie versucht, mit dem Hintern etwas nach vorne zu rutschen, wie als würde sie aus dem Stuhl aufstehen wollen. Gar nicht so leicht, die Schwerkraft zieht sie immer wieder nach hinten. Sie drückt sich etwas mit den Armen ab. Auch nicht so einfach. Plötzlich fühlt sie sich völlig gefangen im Stuhl und ihr Unbehagen wächst.

Ihre Handflächen sind kalt und feucht. Sie versucht, sie an der Hose trocken zu reiben, aber ohne Erfolg.

Hoffentlich ist das hier schnell vorbei, denkt sie sich.

Dann wird sie jäh aus ihren Gedanken gerissen, als die Tür aufspringt. die Helferin hetzt rein, kontrolliert die bereitgelegt Patientenkartei und die bereit liegenden Instrumente. Dann fällt ihr Blick auf Christines verkrampfte Sitzhaltung.

"Der Herr Doktor ist wirklich gleich bei Ihnen" beruhigt sie 'er macht bereits die Füllungen bei dem anderen Patienten'. Christine weiß nicht, ob sie es als Beruhigung empfinden soll.

'Wir können schon mal den Stuhl einstellen, dann können sie etwas besser Entspannen beim Warten'. Während Christine noch überlegt, was die Helferin meint, fährt der Behandlungsstuhl ein Stück nach oben, abschließend kippt die Rückenlehne und die Sitzfläche des Stuhls ein Stück nach hinten. Diese Sitzposition macht es Christine schwer, aufrecht sitzen zu bleiben und sie muss sich zwangsläufig anlehnen und den Kopf auf die Kopfstütze legen.

Die Helferin schaltet die Untersuchungslampe ein und justiert sie auf Christines Mund. Sobald sie den Kopf nach vorne neigt, blendet die Lampe sie, so dass sie den Kopf angelehnt lässt und lieber auf die Neonröhren an der Decke starrt.

"Der Doktor weiß, dass ich heute nur zur Kontrolle da bin?" versichert Christine sich nochmal, und die Helferin bemerkt amüsiert "Keine Sorge, wenn einer gründlich kontrolliert, dann ist des Dr. Müller."

Mit den Worten verlässt die Helferin den Raum und überlässt Christine ihrem Schicksal, wie sie so hilflos im Stuhl liegt und hofft, dass sie hier schnell wieder rauskommt.

Christine schließt die Augen, um nicht vom Licht geblendet zu werden. Sie denkt daran, dass sie es mit der Zahnpflege seit dem letzten Termin doch wieder nicht so eng genommen hat und ihr fällt die komische Stelle an dem einen Zahn wieder ein. Wird er was finden? Sie wird zunehmend nervöser. Wie lange dauert es wohl noch, bis er endlich kommt?

Die Untersuchung

Dann kommt endlich Dr. Müller mit der Helferin. Die beiden setzen sich und der Zahnarzt greift zu den Instrumenten, sagt:"So, Kontrolle. Dann mal den Mund auf!"

Bisher hatte Christine Angst gehabt, doch der Anblick des alten Zahnarztes versetzt sie fast in Panik.

Wie hypnotisiert öffnet sie den Mund und als Dr. Müller mit der Untersuchung beginnt, läuft die letzte Begegnung mit ihm wie ein Film vor Christines Augen ab. Sie erinnert sich bis ins kleinste Detail daran, wie hilflos und ausgeliefert sie sich fühlte, während er sie mit dem Bohrer gequält hatte.

Endlich ist Dr. Müller mit der Untersuchung fertig. Von den Codes, die er dabei diktiert hatte, hatte Christine ebenso wenig verstanden, wie davon wieso die Helferin jetzt anfängt in Schubladen zu kramen und Dinge auf das Tablett vor ihr zu stellen. Sie will einfach nur noch weg und wartet darauf, dass der Stuhl wieder in die Ausgangslage zurück gefahren wird.

Doch es passiert nichts. Dr. Müller hält immer noch mit zwei Fingern ihren Mund offen. Was soll das? Die Untersuchung ist doch vorbei.

„Ähh?“, versucht Christine sich verständlich zu machen.

„Schhh“, macht Dr. Müller. „Sie sind für heute noch nicht fertig.“

Ohne auf die Diagnose weiter einzugehen hört Christine den Zahnarzt sagen "schön entspannen". Im selben Moment heult der Bohrer auf.

Christine schreckt in Panik auf, kann jedoch nicht reagieren.

'Wieso bohrt er sofort? Und wieso im Unterkiefer? Die Verfärbungen waren doch oben. Soll unten auch ein Loch gewesen sein?'

Wie auch beim letzten Mal arbeitet sich der Bohrer schnell in den Zahnschmelz. Christine umkrallt die Armlehnen 'hoffentlich wird es diesmal nicht so schlimm'

Aber die Hoffnung wird schnell zerstört. Schnell fängt es an zu ziehen. Christine verkrampft sich, krallt sich fester. Der Bohrer geht gnadenlos immer tiefer und dann kommt der furchtbare Schmerz. Christine zuckt und wimmert. Dr Müller macht völlig ungerührt weiter.

Verzweifelt versucht Christine Blickkontakt mit der Helferin herzustellen, doch diese schaut nur vorwurfsvoll zurück.

"Sie müssen unbedingt besser auf ihre Zahnpflege achten. Ich gebe ihnen später ein Heftchen mit ein paar Tipps für zuhause mit."

Das Bohren geht weiter und Christine krallt ihre Hände in die Armlehnen. Als der Bohrer kurz stoppt, hebt sie die Hand - jetzt geht es wirklich nicht mehr ohne Spritze. Der Zahnarzt ignoriert die Geste, und greift wieder zum Bohrer.

Die Helferin reagiert zumindest auf Christines Geste, allerdings nicht so, wie Christine gehofft hatte: Sanft, aber bestimmt drückt die Helferin Christines Arm zurück auf die Armlehne "Bitte stillhalten! Es ist bald überstanden" erklärt die Helferin anteilnahmslos. Sie schiebt den Sauger ein Stück fester in den Mund, und das fräsende Vibrieren des Rosenbohrers setzt ein. Christine verkrampft augenblicklich bei dem einsetzenden Schmerz. Tränen schießen ihr in die Augen.

Dann geht alles wieder sehr schnell: der Zahn wird mit dem Wasser ausgespült, was Christine wieder zusammenzucken lässt, dann stopft der Zahnarzt die großen Watterollen in Backe und neben die Zunge. Anschließend legt er wieder so ein Metallband um den behandelten Zahn und schraubt es fest. Das Metallband schneidet ins Zahnfleisch, und der Zahnarzt schraubt es mit so viel Kraft fest, dass Christine Angst hat, das der Zahn bricht. Hinter sich hört sie das tieffrequente Vibrieren des Amalgamrüttlers.

Mit kräftigem Druck presst der Zahnarzt Lage für Lage das Amalgam in ihren Zahn und kurze Zeit später ist die Füllung fertig.

Die erste Füllung ist geschafft

Christine freut sich schon, endlich wieder aus dem Behandlungsstuhl zu kommen. Zu ihrer Irritation fährt der Stuhl aber nicht zurück in die Sitzposition.

Da sagt Dr. Müller trocken: "So, den ersten hätten wir! Jetzt ist das Loch auf der anderen Seite dran!"

Christine ist geschockt, befolgt anstandslos den Befehl des Zahnarztes "Weit aufmachen!" woraufhin sie auch schon den Sauger im Mund hat und den Bohrer auf sich zukommen sieht.

Zu spät für einen Einwand, ergibt sie sich in ihr Schicksal und denkt nur: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm!"

Dann heult die Turbine wieder auf.

Schnell frisst sich der Bohrer in den Zahn, und Christine vergeht wie so oft das Hören und Sehen.

Sie weiß nicht, wie sie es durchgestanden hat, aber irgendwann hört das Bohren auf und die Füllung wird gelegt.

Zu Christines großer Erleichterung fährt letztendlich der Behandlungsstuhl in Sitzposition.

"Sie waren wieder sehr tapfer" lobt sie der Zahnarzt "nächste Woche machen wir dann die Defekte im Oberkiefer. Das eine Loch sieht etwas größer aus, so dass wir wohl mit Betäubung arbeiten werden müssen".

Christines Gefühle gehen auf und ab? Noch mehr Löcher? Aber dann der Silberstreif - zumindest wird mit Betäubung gebohrt.

Benommen steht sie auf und lässt sich an der Rezeption einen Termin für die nächste Woche geben.

Der Folgetermin

Eine Woche später steht Christine wieder mit zittrigen Knien in der Zahnarztpraxis.

Nach kurzer Wartezeit wird sie wieder in dieses altmodische Behandlungszimmer mit dem einschüchternden Behandlungsstuhl geführt. Ihr Unterbewusstsein erinnert sich schlagartig an die schmerzhaften Sitzungen zuvor, und alles in Christine verkrampft.

Kaum hat Christine platz genommen, wird die Armlehne heruntergeklappt und ihr ein großes Lätzchen umgelegt. "Heute werden bei Dir drei Zähne gebohrt, richtig?"

Christine zuckt bei der Frage zusammen. Ihr Zahnarzt hat ihr nicht verraten, wie viel Karies sie hat. Eingeschüchtert antwortet sie mit einem leisen "ich weiß nicht".

Die Helferin scheint keine weitere Notiz von ihrer Antwort zu nehmen.

Mit Unbehagen verfolgt Christine, wie die Helferin diverse Instrumente auf dem Tray vor ihr bereitlegt, diverse Sonden und Stopfer, Watteröllchen, die Schraubgewinde für die Matrizen und eine Kunststoffbox mit diversen Bohraufsätzen.

'Zum Glück kriege ich heute ja eine Spritze zum Bohren' denkt sie sich, als ihr Blick auf den Bohrköpfen ruht: einige sind klein und spitz, teilweise filigran, andere haben Kugelköpfe unterschiedlicher Größen. Ihr wird etwas flau im Magen, wenn sie sich vorstellt, wie einer der größeren Bohrköpfe sich heulend in ihrem Zahn frisst.

Die Helferin nimmt Notiz von Christines ängstlichem Blick "Sie müssen keine Angst haben", beruhigt sie wenig überzeugend, schiebt aber wenigstens das Tray etwas weiter weg, damit Christine die Instrumente nicht direkt vor der Nase hat.

Dann fährt sie den Behandlungsstuhl etwas nach oben und lässt ihn in eine halbe Liegeposition fahren "so ist das Warten vielleicht etwas bequemer" erklärt sie. Zu guter letzt schaltet sie auch schon die Untersuchungslampe an und richtet sie auf Christines Mund aus. Dann verlässt sie den Raum.

Die Lampe blendet leicht, und jedesmal, wenn Christine den Kopf hebt um nach vorne zu schauen, wird sie von der Lampe unangenehm geblendet. Es bleibt ihr also nichts anderes übrig, als ihren Kopf angelehnt zu lassen und zu warten.

Die Minuten vergehen scheinbar endlos. Christines Nervosität steigt jedesmal an, wenn sie vor der Tür des Behandlungsraums Aktivität hört. Jedesmal Fehlanzeige, und sie weiß nicht, was schlimmer ist: das Warten, oder die Behandlung, die gleich folgen wird.

Dann, unvermittelt, geht die Tür auf. Der Zahnarzt betritt den Raum, gefolgt von seiner Assistentin. Zielgerichtet geht er zur Patientenakte und stellt fest "Ah, die Frau Schwarz. Heute machen wir die Füllungen im Oberkiefer. Wie geht es unserer Patientin?".

Christine nickt schwach, sie fühlt sich unwohl in ihrer ausgelieferten Position.

"Schön" stellt der Zahnarzt sichtlich gut gelaunt fest "dann bringen wir es schnell hinter uns, nicht wahr?".

Er rollt mit seinem Hocker an den Behandlungsstuhl. Fast im selben Moment setzt der Behandlungsstuhl sich wieder in Bewegung. Die Rückenlehne senkt sich weiter ab, und die Beinauflage fährt höher und höher.

Christine bekommt Angst, nach hinten wegzurutschen. Sie rutscht etwas auf der Liegefläche umher, und dann fährt der Behandlungsstuhl noch weiter nach hinten.

Christine ist völlig orientierungslos und hat mittlerweile das Gefühl, dass ihre Beine hoch in der Luft sein müssen, während ihr Kopf hinten herunter hängt.

Sie hört, wie der Zahnarzt die Sonde vom Tray nimmt. "Dann mal bitte weit auf" instruiert er sie.

Gewissenhaft stochert er in den Zähnen herum, wechselt ein paar Worte mit der Assistentin und legt die Sonde zurück.

'Jetzt sollte wohl die Spritze kommen' denkt Christine in Erwartung dieses unangenehmen Piks, der gleich kommen dürfte.

Zu ihrer Überraschung spürt sie kein Piksen. Statt dessen röchelt der Sauger laut in ihrem Mund auf. "Schön entspannen" hört sie noch den Zahnarzt sagen, während dieses fürchterliche Geräusch des Bohrers aufheult.

Christine hebt panisch die Hand. 'Sollte ich heute nicht eine Spritze kriegen?' will sie einbringen, liegt jedoch so völlig ausgeliefert im Behandlungsstuhl, dass sie sich nur schwerlich bemerkbar machen kann.

Sichtlich entnervt setzt der Zahnarzt den Bohrer ab und fragt "was ist denn? Sie müssen doch wirklich keine Angst haben".

Christine ist fast schon überrascht, noch zu Wort zu kommen: "Ich sollte beim Bohren doch eine Spritze bekommen, haben sie letztes Mal gesagt" bringt sie hervor.

"Wirklich?" staunt der Zahnarzt, als würde er sowas nicht im Entferntesten versprechen.

Dann nimmt er die Sonde, und stochert etwas in den Zähnen im Oberkiefer herum "das sollte eigentlich gut ohne gehen" erklärt er "aber heben Sie einfach die Hand, falls es unangenehm werden sollte, dann können wir es immer noch einspritzen".

Ohne auf eine Reaktion von Christine zu warten setzt er den Bohrer wieder an. Christine ist zu perplex und zu orientierungslos, darauf reagieren zu können. 'Na gut, wenn er meint' denkt sie noch während der Bohrer aufheult.

Wie so oft in bei den letzten Terminen heult der Bohrer wieder auf und arbeitet sich schnell in den Zahn vor.

In Erwartung des Schmerzes krallt sich Christine an den Armlehnen fest, als auch kurze Zeit später wieder das befürchtete Ziehen einsetzt.

'Hoffentlich ist es gleich vorbei' sagt sie sich und bereitet sich geistig vor, gleich die Hand zu heben.

Dann durchzieht sie ein intensiver Schmerz. Instinktiv verkrampft sie sich in die Armlehnen, Tränen schießen ihr in die Augen.

Zum Glück setzt der Bohrer eine Schrecksekunde später seine arbeit an einer anderen Stelle des Zahnes fort.

'Hoffentlich war's das' bittet Christine innerlich und entspannt sich wieder ein Stück. Der Vorsatz, die Hand zu heben, hat sie durch den Schreck vergessen. Und jetzt geht es ja hoffentlich.

Unvermittelt durchzieht sie wieder der Schmerz, als der Bohrer an die selbe Stelle im Zahn kommt. Unwillkürlich stöhnt sie auf, was auch der Zahnarzt bemerkt

"Es ist bald geschafft" tröstet er, bohrt dann aber unerbitterlich weiter.

Christine krallt sich wieder in die Armlehnen.

Der Bohrer gräbt sich weiter in den Zahn, verursacht jetzt Dauerschmerz.

Tränen steigen ihr in die Augen.

Als Christine nun doch den Arm heben will, drückt die Helferin ihre Hand nach unten, mit einem lapidaren: "Ist ja gleich vorbei."

Und Dr Müller setzt ungerührt seine Arbeit fort.