Inkognito ins Ländle

Inkognito ins Ländle

Es war wieder einer dieser eher langweiligen Abende in den Semesterferien und ich chattete bisschen, um mir die Zeit zu vertreiben. Außerdem gab es in dem Chat einen netten Schwaben, den ich schon öfters traf und mit dem man toll über Gott und die Welt reden konnte. Naja, er war zwar Schwabe, aber nett. Er war Chef eines kleinen mittelstädtischen Unternehmens und so war auch öfters Thema, wie es bei ihm so läuft.

  • Und, alles ok bei Dir?
  • Ja, eigentlich schon, aber jetzt habe ich neuen Azubi, der mich total Nerven kostet.
  • Wieso denn das? Tut er nichts oder ist er andauernd krank?
  • Nee, da ist er schon, aber er arbeitet nicht viel und stattdessen macht dieser Jens andauernd meine junge Sekretärin an mit irgendwelchen schlüpfrigen Sprüchen. Erst grade 18 geworden und schon große Schnauze...
  • Oh, und Deine Sekretärin wehrt sich nicht?
  • Naja, die ist erst 25, ziemlich schüchtern und hat es eh schwer so als einzige Frau zusammen mit den ganzen Jungs um sich rum. Früher hätte man so einem Typ als Chef mal ein paar hinter die Löffel gegeben und das Thema wäre erledigt, aber heutzutage flennen die doch gleich los, gehen zur IHK und dann bist Deinen Ausbilderschein los, wenn Du Pech hat. Mir sind da leider die Hände gebunden.
  • Schon 25 und die lässt sich das gefallen? Bei mir hätte der Typ keine Chancen. Dem würde ich schon sagen, wohin er seine Anmachsprüche stecken kann!
  • Naja, Annette, Du bist zwar erst 23, aber halt Studentin und nicht gerade auf den Mund gefallen. Die ist zwar total nett, und schmeißt die Verwaltung super, aber Selbstbewusstsein ist nicht grade ihre Stärke.

So chatteten wir dann noch eine Weile und ich wollte ins Bett, weil ich müde war. Irgendwie tat sie mir ja schon leid, so inmitten von gestandenen Jungs und dann noch so ein Typ, der anscheinend Frauen als Freiwild betrachtet, das man beliebig anmachen und jagen darf.

In der Nacht reifte in mir ein Entschluss: Der Typ soll mal spüren, was Frauenpower bedeutet.

Ich ging am nächsten Tag gleich früh in die Apotheke, kaufte mir eine schön große Kanüle, dazu einen Kolben, der ziemlich furchteinflößend aussah und paar Einweghandschuhe. Daheim suchte ich mein Stethoskop, das ich vom Untersuchungskurs her eh hatte und lieh mir von meiner Nachbarin ihren großen weißen Kittel und ein Blutdruckmessgerät. Ihre Frage, wozu ich das denn bräuchte, habe ich nur mit einem kleinen Lächeln beantwortet.

Ich wagte einen Blick in den Spiegel: Gehe ich so schon als fertige Ärztin durch oder sieht jedermann Kilometer gegen den Wind, dass ich erst im 6.Semester bin und weit davon entfernt, eine echte Ärztin zu sein? Nee, das nimmt Dir niemand ab! Andererseits: Der Hauptmann von Köpenick hat es auch geschafft, Kleider machen Leute und ich wäre zwar vielleicht die erste Hochstaplerärztin, aber auch da gab es ja schon Typen, die das jahrelang durchgezogen haben, bis sie aufgeflogen sind und außerdem wollte ich das ja nur mal einen Nachmittag machen. Wird schon schiefgehen...

Zwei Tage später sollte es dann soweit sein. Einfach auf dem Weg zu meinen Eltern kleinen Abstecher zu der Firma machen, dem Typ seine Lektion erteilen und dann gemütlich heimfahren im guten Gefühl, einer geplagten Geschlechtsgenossin damit geholfen zu haben.

Ich packte alles in meine Laptoptasche, die wirklich recht professionell aussah und fuhr mit der S-Bahn zu dem Betrieb. Den weißen Mantel habe ich schnell in Klo eine Haltestelle vor meinem Ziel angezogen, weil es mir bisschen peinlich war, so verkleidet schon im Zug zu sitzen und habe meine Haare noch bisschen hochgesteckt. Vielleicht bringt das ja noch paar Jahre? Doch, könnte klappen, wenn ich nicht zu nervös werde. Das Bild im Spiegel der Zugtoilette grinste zurück.

Seine Firma sah ich schon von weitem. Je näher ich kam, desto nervöser wurde ich, aber desto mehr war ich auch überzeugt, dass es ja für einen guten Zweck ist.

Ich ging durch den Firmenhof zum Gebäude gleich in den ersten Stock. Glücklicherweise war niemand draußen, der mich gleich in Verlegenheit hätte bringen können. Die Türe mit der Aufschrift „Verwaltung“ sah doch erfolgversprechend aus. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, klopfte und als eine junge Frauenstimme „Ja, bitte?“ rief, ging ich rein.

„Was kann ich für Sie tun?“ Ihre Stimme war wirklich bisschen schwach.

Ich atmete nochmal tief ein und sprach meinen vorher einstudierten und geübten Satz: „AMD Böblingen, mein Name ist Lermann.“

Sie schaute mich fragend an. Irgendwas muss die Arme irritieren haben... „AMD? Sie kommen wegen unserer EDV-Anlage? Tut mir leid, aber der Chef ist heute außer Haus.“ Upps, anscheinend nahm sie mir meine Verkleidung doch nicht ab.

Ich nahm allen Mut zusammen: „Nein, nichts mit Computern, ich komme vom Arbeitsmedizinischen Dienst“

Das muss gesessen haben, denn ihr Kopf wurde leicht rot und auch ohne Gedanken lesen zu können, merkte ich, dass sie mich wohl jetzt doch als Ärztin sieht. Glück gehabt! „Bei Ihnen arbeitet ein Jens...?“ „Naja, arbeiten? Sie meinen Jens Spater? Ja, das ist unser neuer Azubi.“ Ihre leicht verdrehten Augen zeigten mir gleich, dass das der sein musste.

„Genau, Jens Spater... Den hätte ich gerne gesprochen!“

Sie ging an ihren Schreibtisch und ich hörte sie in ein Mikrofon sagen: „Jens, komm ins Büro bitte! Da ist jemand für Dich!“. „Warten Sie bitte einen Moment. Ich denke, er ist gleich da.“

So, jetzt gibt es wohl kein zurück mehr. Ich wartete, innerlich total nervös, bis die Tür aufging und ein kleiner Mann mit Overall den Raum betrat.

„Was gibt’s, mein Schatz?“

Ok, anscheinend hatte er mich noch nicht gesehen... Ich nahm nochmal tief Luft: „Herr Spater, ich bin Frau Dr. Lermann von arbeitsmedizinischen Dienst in Böblingen“. Er schaute mich an und ich merkte, dass er recht unsicher wurde. „Herr Spater, wir wurden von der IHK informiert, die der Meinung ist, dass diese Bescheinigung über die Untersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, die Sie der Firma vor Beginn Ihrer Ausbildung vorgelegt haben, den Anschein erweckt, als wäre es nur ein Gefälligkeitsattest.“ Glaubt er mir das oder merkt er gleich, was für ein Fake ich bin? „Naja....“ Ok, ertappt! Der Typ wurde merklich unruhiger, was ich mit einer gewissen Zufriedenheit zur Kenntnis nahm. „Keine Sorge, Herr Spater, deswegen bin ich ja da, um das zumindest nachträglich in Ordnung zu bringen.“ Er schwieg weiter, aber seinem Ausdruck konnte ich sehr deutlich entnehmen, dass ihm alles Andere als zum Lachen zumute war. Ich wendete mich zur Sekretärin, die daneben stand. „Gibt es hier im Gebäude denn einen Raum, wo ich mit Herrn Spater ungestört sein kann?“ Sie überlegte einen Moment. „Ja, der Pausenraum unten im Erdgeschoss ist frei.“ „Prima, Herr Spater, dann erwarte ich Sie in 10 Minuten da unten. Und waschen Sie sich vorher die Hände!“ Ok, bisher lief alles gut. Ich drehte mich wieder zur Sekretärin. „Wie war bitte Ihr Name?“ „Nele Tauscher“. „Ok, Frau Tauscher, ich habe ein kleines Problem. Die Schreibkraft, die mich sonst immer zu den betriebsärztlichen Untersuchungen begleitet, ist überraschend erkrankt. Könnten Sie vielleicht so freundlich sein und mir nachher helfen? Es dauert auch nicht lange, Frau Tauscher.“ Aus meinen Augenwinkeln konnte ich super erkennen, dass meine Worte Wirkung zeigten, denn der Typ wirkte plötzlich eher schüchtern und nicht als Frauenheld. Sie nickte, obwohl es ihr wohl eher unheimlich war. „Gut, dann zeigen Sie mir jetzt bitte den Raum!“ Die junge Sekretärin ging mit mir ins Erdgeschoss und führte mich in den Pausenraum. Nee, toll war der echt nicht, es lagen paar Bierflaschen rum und die Luft war stickig. Egal, das muss gehen und der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel.

Ich räumte einen Tisch leer, stellte drei Stühle hin, einen für Frau Tauscher, einen für mich und einen für mein Opfer. „Frau Tauscher, es ist ganz leicht. Sie setzen mich neben mich und ich werde ihnen paar Sachen diktieren, die Sie bitte notieren, ja.“ Sie nickte. Ey, hat die wirklich nicht gemerkt, dass ich zum einen 2 Jahre jünger bin als sie und zum anderen nicht gerade vom Habitus her als Ärztin durchgehe? Ich überlegte kurz, sie einzuweihen, aber nein, es muss auch so gehen.

Ich baute demonstrativ meinen Laptop auf und stellte daneben die Nierenschale mit Kanüle und Kolben. Der Sekretärin schien dieser Anblick wohl selbst etwas unheimlich zu sein, denn sie wurde doch blasser. Schnell noch das Stethoskop umgehängt und das Blutdruckmessgerät auf den Tisch. Kaum war ich fertig, als es schon an der Tür klopfte. „Ja, kommen Sie bitte rein und setzen Sie sich uns gegenüber.“ Der arme Knabe setzte sich und ich begann, ihm zunächst ganz normale Fragen zu seiner Person, seinen Vorerkrankungen und nach Alkohol- und Nikotingenuss zu stellen, die er auch brav beantwortete. „Kommen Sie gut mit ihren Kollegen hier zurecht?“ „Ja, klar!“ „Mit ihren Kolleginnen auch?“ Ich schaute ihn scharf an. „Ja, auch!“ Links von mir hörte ich ein lautes Prusten. Ich schaute zu meiner „Schreibkraft“, tat total unwissend und meinte „Nein?“ Sie sagte nichts. „Na gut, das klären Sie bitte später, Herr Spater...“ Um mich nicht verdächtig zu machen, überlegte ich mir schnell wieder ein paar Anamnesefragen, um den Typ in Sicherheit zu wiegen. Warum bleibt der so cool, obwohl doch die Nierenschale mit der dicken Nadel auf dem Tisch direkt vor ihm steht? Achso, Frau Tauscher hatte versehentlich Schreibblätter draufgelegt und er konnte sie nicht sehen. Wart mal ab, Junge...

„Herr Spater, ich bin dann durch mit meinen Fragen und möchte gerne zur körperlichen Untersuchung übergeben.“ Wie zufällig räumte ich die Blätter zur Seite....

Ich zögerte noch einen Moment, auch um mir selbst Mut zu machen. „Bitte stehen Sie jetzt auf und entkleiden Sie sich bis auf die Unterhose!“

Seinen Blick hätte selbst eine Blinde nicht fehlinterpretieren können... Erst guckte er zu mir, dann zu Frau Tauscher und dazwischen lag ja noch die Spritze. Ich spürte richtig, wie ihm zumute war und dass da vom Casanova nur noch die Hülle zu sehen war. Hinter der Fassade ein unsicherer Junge mit jeder Menge Angst. „Nele, äh, Frau Tauscher geht aber jetzt raus, oder?“ In seinen Augen lag ein Betteln, ihm doch wenigstens die doppelte Scham zu ersparen.

„Nein, sie bleibt. Sonst können sie ja später behaupten, ich hätte mich unsittlich verhalten oder so.“ Ich versuchte meinen Worten durch eine lange Sprechweise eine besondere Bedeutung zu geben, aber jetzt im Nachhinein denke ich, dass das unnötig war, denn auch so war der Typ bereits richtig eingeschüchtert. Man sah es richtig rattern in seinem Kopf... Mein gespielter energischer Blick schien ihn doch beeindruckt zu haben, denn er begann zögerlich, Arbeitsschuhe, Socken, Overall und T-Shirt auszuziehen. Der Anblick von diesem großspurigen Typen nur mit Shorts hatte was.

Ruhig bleiben, Annette! Zieh das professionell durch! Die Stimmen der Unsicherheit in mir wurden stärker, denn so ganz legal war es ja schließlich nicht, was ich mit ihm da trieb. Ich stand auf, hängte mir mein Stethoskop um und schritt zu ihm. „Ich werde sie zunächst abhören!“ Ich setzte den Kopf auf seine Brust und bemühte mich, die richtigen Auskultationspunkte zu finden. Sein Puls war doch deutlich erhöht... Ich ging um ihn herum und so hatte die Schreibkraft jetzt auch reichlich Gelegenheit, ihn zu mustern, während ich ihn am Rücken abhörte und er tief atmen musste. „Ok, dann möchte ich Ihre Wirbelsäule inspizieren.“ Der arme Knilch stellte sich gerade hin und ich tastete mit einer Mischung von medizinischem Handeln und Freude an seiner Unsicherheit den Rücken herunter. Wenn der wüsste... „Gut, dann gehen Sie langsam zur Türe!“ „Ok, und jetzt wieder zurück. Langsamer bitte!“ Ich bemerkte, dass nicht nur ich ihn anschaute, sondern auch Frau Tauscher diesen Anblick wohl nicht uninteressant fand und es vielleicht auch mochte, ihn mal kleinlaut zu erleben. „Stellen Sie sich noch einmal gerade vor mich!“ Es war ihm total unangenehm, klar, das war nicht zu übersehen, aber anscheinend reichte meine Ausstrahlung als „Ärztin“ doch, um ihn davon abzuhalten, zu widersprechen. „Ich taste jetzt die inneren Organe ab“. Meine Finger wanderten auf seinem Körper, mal fester, mal lockerer, während er sich seinem Schicksal zu ergeben schien. Wie zufällig wanderten meine Finger zum Abdomen und erreichten den Rand seiner Shorts...

Annette, aufhören! Der Typ liegt schon am Boden. Annette, das kannst Du echt nicht bringen! Die Stimmen in mir wurden lauter. Lass ihn laufen!

Ich zögerte noch einen Moment, spürte die absolute Stille im Raum und sein leichtes Zittern.

Dann ging ich zum Tisch zurück. „Ok, Sie können sich jetzt wieder anziehen! Das Attest werde ich der IHK übermitteln.“

„Kann ich gehen?“ „Ja, Frau Tauscher, und vielen Dank für Ihre Mithilfe!“

Der Azubi zog sich wieder an, immer noch knallrot und ging. Ich packte schnell meine Sachen zusammen, verliess fast fluchtartig das Firmengelände, zog an der nächsten Häuserecke schnell den weißen Kittel aus, verstaute ihn in meiner Tasche und nahm die nächste Bahn zu meinen Eltern. Hoffentlich ging das gut....

Die Woche darauf chattete ich wieder mit meinem Bekannten.

  • Du, wie geht’s eigentlich Deinem Azubi?
  • Der ist seit ein paar Tagen wie verwandelt und unsere Sekretärin macht er auch nicht mehr an.
  • Echt? Erzähl.....

Comments

Jupiter Vor 8 Monate  
Dr Bostrom Vor 9 Monate  
-Melle- Vor 12 Monate  
dr3amc4tcher Vor 1 Jahr  
Selfie-Shot Vor 2 Jahre  
Mefant Vor 3 Jahre  
Jupiter Vor 3 Jahre  
Jupiter Vor 3 Jahre  
JSaSa7571 Vor 3 Jahre  
Annette1997 Vor 3 Jahre  
Chris80 Vor 3 Jahre  
Chris80 Vor 3 Jahre