Miss Alina
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Aufrufe: 1301 Created: 2017.10.12 Updated: 2017.10.12

Freitagabend

Freitagabend

Introduction

"Uff!". Erleichtert aufstöhnend, ziehe ich die Wohnungstür hinter mir zu. Freitagabend, 17.00 Uhr. Ich habe eine anstrengende Woche hinter mir, in der ich einige Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen hatte. Jetzt, am Ende der Woche, habe ich das Gefühl, dass mir das gut gelungen ist und bin rundum zufrieden mit mir. Ein Grund für ein kleines feines Festmahl bei Kerzenschein mit meinem Liebsten, den ich auch bald zurückerwarte.

Das Wochenende kann beginnen...

Ich lasse meine Tasche fallen, schmeiße meine Jacke über den Garderobenhaken und kicke die Riemchen-Pantoletten von meinen Füßen. Barfuß tänzele ich in die Küche, lege meine "Gute-Laune-CD" vom "Buena Vista Social Club" in den Player und mache mich an die Arbeit. Ich komme dabei ganz schön in 's Schwitzen, nicht nur wegen des Schnippelns und Brutzelns, sondern auch, weil ich es – wie so oft – nicht lassen kann, lauthals mitzusingen und durch die Küche zu tanzen. Plötzlich treffe ich auf ein unerwartetes "Hindernis"; weil die Musik so laut war, habe ich meinen Liebsten nicht kommen hören. Ich zucke ob der unerwarteten Berührung zusammen, woraufhin er mich tröstend in die Arme nimmt und an sich zieht. Er küsst mich zärtlich zur Begrüßung, sieht mir tief in die Augen und streicht mir eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei berühren seine Fingerspitzen kurz meine schweißnasse erhitzte Stirn. Sofort ändern sich sein Gesichtsausdruck und der Tonfall seiner Stimme, als er besorgt feststellt: "Du fühlst dich ziemlich warm an, Baby ....". Ob dieser Behauptung erstarre ich innerlich, denn ich ahne, worauf das Ganze hinausläuft. Ich hab' meinen Freund ja wirklich gern, aber dass er immer den examinierten Krankenpfleger "raushängen" lässt, und das, obwohl er schon länger als wir uns kennen nicht mehr in dem Beruf arbeitet, geht mir – gelinde gesagt – ganz schön auf den Keks. Ich komme mit dieser Überbesorgnis und dem Kontrollwahn, mit dem er meinen Gesundheitszustand permanent überwacht, nicht so gut klar. Also versuche ich, das Drohende charmant abzuwenden. Ihn von unten kokett anlächelnd, erkläre ich ihm, dass es ja hier in der Küche auch nicht gerade kalt sei und ich mich ja bisher schon ganz schön verausgabt hätte. Sofort wird er wieder fröhlich und wiederholt mit einem anzüglichen Lächeln meine Worte: "So, verausgabt hast du dich also? Mal sehen, wobei du dich heute abend noch so verausgaben wirst ...". Puh, noch mal gut gegangen und seiner Fürsorge für den Moment entronnen, denke ich. Allerdings ist mir klar, dass das Damoklesschwert immer noch über mir hängt und sich mit jedem Fehler, den ich von nun an begehe, tiefer auf mich herabsenken wird. Also werde ich auf der Hut sein. Für den Moment stoße ich ihn erstmal scherzhaft vor die Brust von mir weg und bedeute ihm, dass er sich einstweilen mal beim Tischdecken verausgaben könne.

Der weitere Abend verläuft harmonisch: bei offener Balkontür, die die anfangs noch laue Spätsommerluft hereinlässt, flackerndem Kerzenschein und angeregtem Gespräch genießen wir unsere Mahlzeit. Wir lassen die Woche verbal noch mal Revue passieren und freuen uns sehr auf das bevorstehende Wochenende. Da passiert es: Als er aufsteht und die der Balkontür gegenüberliegende Tür zum Flur öffnet, um eine weitere Flasche Wein aus der Küche zu holen, trifft mich ein kalter Luftzug. Es ist mittlerweile spät, und die Nächte werden jetzt schnell kühl, anders als noch vor ein paar Wochen. Ein kurzer Schauer überläuft mich und ich bekomme Gänsehaut. "Auweia!", durchfährt es mich; "hoffentlich hat er es nicht bemerkt!". Das wäre Wasser auf seine Mühlen. Aber ich hoffe vergeblich – obwohl nur die flackernden Kerzen den Raum mit dämmerigem Licht erfüllen, ist ihm mein Erschauern nicht entgangen und er zieht daraus die für ihn logische Schlussfolgerung: "Du zitterst, Kleines. Und vorhin hast du dich heiß angefühlt. Du wirst wohl krank. Und das ist auch kein Wunder, wenn du den ganzen Abend barfuß auf dem kalten Fußboden rumrennst und ohne Jacke mit bloßen Schultern in deinem dünnen Top vor der offenen Balkontüre sitzt.".

Oh Mist, das hätte mir nicht passieren sollen; ich habe ihm mit meinem Verhalten unbedachterweise - der Wein hat mich wohl alle Vorsicht vergessen lassen - eine Steilvorlage gegeben, obwohl ich genau das hatte vermeiden wollen. Ich versuche, meinen Fehler umgehend wieder gut zu machen, indem ich mich einsichtig zeige und sofort aufstehe, um mir was Wärmeres zum Anziehen zu holen. Aber er drückt mich zurück auf meinen Stuhl. "Ich wollte ja sowieso raus wegen des Weins, da kann ich dir gleich was kuscheliges Warmes mitbringen.". Nun, auch gut, denke ich. Als er wiederkommt, hat er mir meine geliebten Alpaka-Socken mitgebracht, die ich eigentlich nur im Winter trage, sowie meine oberschenkellange Strickjacke. Er kniet vor mir nieder, fordert mich auf, den Fuß anzuheben. Während er die Socke überstreift, schweigt er. Aber als sich der Vorgang beim anderen Fuß wiederholt, höre ich ihn mit Grabesstimme sagen: "Deine Füße sind eiiiiiiiskalt!". Mir wird innerlich auch gleich eiskalt, ahne ich doch schon, dass er nun durch nichts mehr davon zu überzeugen sein wird, dass es mir trotz kalter Füße gut geht. Und das tut es bisher noch, obwohl in mir allmählich der Verdacht aufkeimt, das ich am nächsten Tag doch die Quittung für meinen heutigen Leichtsinn erhalten könnte. Nun nimmt er die Strickjacke von meinen Knien, und legt sie mir, nachdem ich aufgestanden bin, um. Als er sie zuknöpft, berührt er meinen Hals und mein Schlüsselbein. "Und hier fühlst du dich ganz heiß an.", meint er vorwurfsvoll. "Und ganz rot im Gesicht bist du auch.". "Schatz, das kommt vom Wein. Du weisst doch, dass ich selten Alkohol trinke. Und wenn ja, zeigt das sofort Wirkung.", versuche ich ihn zu beschwichtigen.

"Das mag ja deine Meinung sein, aber die zählt in diesem Falle nicht. Schließlich hab' ich Krankenpfleger gelernt und nicht du. Und meiner Meinung nach sind das alles Anzeichen für einen beginnenden fiebrigen Infekt. Und ich denke, du weißt ziemlich genau, was jetzt passieren wird?!?". - Oh ja, das weiß ich leider nur zu gut. Und jetzt, wo es einmal ausgesprochen ist, gibt es wohl auch kein Entrinnen mehr. Innerlich sacke ich in mich zusammen, versuche aber, mir nach außen nichts anmerken zu lassen. "Ja, ma chère, auch wenn du 's nicht aussprechen magst; ich MUSS jetzt deine Körpertemperatur messen, um festzustellen, ob du Fieber hast und dir dann gegebenenfalls gleich Medikamente verabreichen, damit 's nicht so arg wird. Schließlich wollen wir doch noch was vom Wochende haben.".

- (vorläufiges) ENDE -

Tja, auch ich hab' mal den Impuls verspürt, mich in literarischer Form zum Thema WE zu äußern. In dieser Geschichte paaren sich selbst Erlebtes und ergänzende Phantasien. Keine Ahnung, ob das bei euch ankommt ...??? Vielleicht lasst ihr mich ja wissen, ob der Standpunkt des Herrn Krankenpflegers der richtige ist, oder ob es mir gelingen sollte, mich doch noch einmal aus der Affaire zu ziehen ... .

Comments

n/a Vor 7 Jahre  
Wildflower Vor 7 Jahre  
Master1309 Vor 7 Jahre  
Camus Vor 7 Jahre