Die Impfung der jungen Gräfin
Die verschlossene Tür
Die Patienten rüttelt an der Tür, ich schüttele liebevoll den Kopf. „Sie können sofort gehen, aber Sie haben gehört, zuerst muss ich Sie impfen.“ Ihre grünen Augen blitzen, und jetzt fällt mir erst auf, was für einen wunderschönen rötlichen Schimmer ihre zwischen dunkelblond und braun changierenden Haare haben. Sie bekommt die Chipkarte in die Hand, die ich an einem Riemen am Hosenbund befestig habe – lang genug, dass sie sie an das Türschloss führen kann. Es hilft ihr nichts, die Tür bleibt verschlossen. „Es funktioniert nur mit meinem Fingerabdruck֧“, erklärte ich geduldig, „und Sie wollen mir doch keinen Finger abschneiden?“ Tatsächlich sieht sie sich jetzt suchend im Behandlungszimmer um. „Nein, Skalpelle habe wir nicht“, erläutere ich. „Wenn ich schneiden muss, sediere ich Sie und bringe Sie dann in unsern großen gynäkologischen OP. Die örtliche Betäubung im Intimbereich wird etwas ziehen, aber dann haben Sie das Schlimmste auch schon hinter sich. Der OP hat sogar Zuschauersitze und Videotechnik, denn wir sind hier Akademisches Lehrspital.“
Jetzt bricht sie in Tränen aus! Sie kommt, und das muss ich den Notfallpatientinnen in dieser Situation immer wieder liebevoll verdeutlichen, sie kommt einfach nicht wieder aus diesem Raum heraus, bevor ihr süßer Apfelpo ordentlich mit den ärztlich von mir angeordneten Spritzen versorgt worden ist. Denn neben der Tollwutimpfung, das erkläre ich ihr nun, müssen wir auch Tetanol und Immunglobulin geben, da ich ja keinen Impfpass gesehen habe. Und da wir hier im Zeckenrisikogebiet sind, ist sie auch gegen FSME zu immunisieren. Da gebe ich nicht nach, so leid sie mir tut, wie sie da vor mir sitzt. Wie da immer neue Tränchen über ihr schönes Gesicht rinnen! Ich möchte doch keine weinenden Patientinnen, aber ich muss nun mal zu ihrem eigenen Besten in solchen Dingen streng sein! Sie ist so süß, ich versuche sie zu trösten. Ein paar Spritzen! Das steckt eine sportliche Frau wie sie doch einfach weg! Erstmal gebe ich ihr ein Taschentuch, kein Tempo, sondern ein richtiges feines Taschentuch aus frisch gebügeltem weißen Stoff mit Monogramm, damit sie sich das Gesicht abtupfen kann.
So ganz langsam, wo die ersten Tränen gestillt sind, verlegt sich meine Süße aufs Betteln. Sie verspricht, zu ihrem Hausarzt zu gehen, ihm die Wunde zu zeigen und sich dort die Spritzen geben zu lassen, wenn es immer noch nötig ist. Das hilft ihr nichts. Die Tollwutspritze muss sofort gegeben werden. Außerdem kann ich doch gar nicht kontrollieren, was ihr Hausarzt macht. Wenn sie denn überhaupt hingeht. Ihr nächster Versuch: Wenn die Tollwutspritze unbedingt sofort sein muss, wie wäre es, wenn sie die akzeptiert, aber danach sozusagen begnadigt wird und die drei weiteren Injektionen nicht bekommt? Als Antwort auf diese Idee biete ich an, ihr jetzt erst einmal ein schönes großes Beruhigungszäpfchen zu geben, ganz angenehm langsam und tief eingeführt, und notfalls lege ich sie dafür übers Knie. Jetzt macht sie sich noch mehr Sorgen. Bitte, bitte, bitte keine Zäpfchen, die sind so dick und tun im Po so weh! Und sie schämt sich doch ohnehin schon so!
Mhm, was soll ich mit ihr machen? Ich sage erstmals nichts. Langsam wird ihr Blick verunsichert und gleitet hin und her durch den Raum. Ja, hin und her, denn mitten im Raum steht der Rolltisch mit dem Edelstahltablett, auf dem die fertig aufgezogenen vier Spritzen liegen, dazu Alkoholspray, Tupfer, Pflaster und, oh je, verschiedene noch verpackte Zäpfchen, eins größer als das andere, so wie sich die Formen in den Blisterpackungen abzeichnen. Und an der Wand droht die grüne Behandlungsliege, die ich mit Hebeln verstellen und so vermutlich in die peinlichsten Untersuchungspositionen bringen kann. Und quer auf der Liege liegt ihre eigene Reitgerte. Die gehört ihr ja, die haben die Pfleger eingesammelt und mitgebracht. Das Pferd hat der Pächter ja schon weggeführt.Ist sie überhaupt gebissen worden? Von Nähen oder Verbinden war ja nicht die Rede, nur von Wundspray, und ich sehe die kleine Schramme an ihrem leicht gebräunten linken Unterarm. Vielleicht hat die Katze sie gekratzt. Aber bei Tollwut muss man aufpassen, und außerdem die edle enge Reithose ihren Po so wunderbar. Wegen dieses Anblicks sind die Sanis und Pfleger wohl auf die Idee mit der Tollwutpritze gekommen, aber sie dürfen die Prozedur nur durch die Videoübertragung im Beoachtungsraum verfolgen. Ich weiß schon, die Sanis fahren am liebsten den ganzen Tag lang in ihrem nagelneuen Krankenwagen durch die Gegend und sammeln auffällig viele besonders hübsche weibliche Betroffene kleiner Unfälle ein, die dringend zum Arzt gebracht werden müssen. Und dann schauen sie über die Sicherheitskamera zu. Dabei können sie was lernen, nämlich wie man einfühlsam und nicht waldviertlerisch-grob die notwendigen medizinischen Maßnahmen erklärt und durchsetzt.
Ich greife wie zufällig nach der Gerte, biege sie spielerisch und frage ganz unverfänglich, ob der Po meinen schönen Patientin vielleicht statt des Zäpfchens lieber ein paar kleine Hilfen mit dieser Gerte mag? Solche Spielchen macht ihr Freund doch auch bestimmt mit ihr? Oder möchte ihr Po sogar beides, erst die Züchtigung, dann das Zäpfchen? Jetzt wird meine süße Gefangene ganz ängstlich, der Blick wandert wieder auf die vier Spritzen und dann höher, zum Glasschränkchen, wo noch ganz andere unangenehme Sachen liegen, ein kleines Spekulum zum Beispiel, bei dem sie sich sofort vorstellen kann, dass es genau richtig für ihre verwöhnte enge Vagina ist, und ein noch schmaleres, aber ziemlich langes – oh, ist das etwa für ihren Po gedacht? Natürlich, das ist extra für ihren armen kleinen Po, das kann sie sich ja denken, das ist ein Analspekulum, sie hat so etwas schon im Medizinlexikon gesehen. Was werde ich also alles mit ihr tun, wenn sie jetzt nicht kooperiert? Besser nicht fragen. Ihr Poloch ist doch noch ganz zart und unschuldig, sie hat ihren Freund noch nie reingelassen.
„Ja“, sage ich gravitätisch, „bei auffälligen Patientinnen muss ich den Befund gynäkologisch und proktologisch überprüfen. Denn panische Angst vor Po-Spritzen hat meistens etwas mit neurologischen Störungen im Intimbereich zu tun. Und natürlich muss ich das dann auch rektal abklären.“ Nun schluchzt meine süße Patientin nur noch, und genau in diesem Zustand wollte ich sie haben. Da brauche ich doch keine groben Pfleger, die sie zu irgendetwas zwingen.
„Was ist denn das Problem mit ihrem Po?“, frage ich ganz zart. „Die Nadeln sind so dick, es tut so weh“, weint sie. „Aber das Jammern hilft Ihnen doch gar nichts“, ermahne ich sie. „Und wer behauptet, ich nähme dicke Nadeln? Für unartige Krankenschwestern mit ihren prallen Popos vielleicht, da bekomme ich die monatlichen Pflichtimpfungen sonst ja gar nicht reingejagt, aber doch nicht für eine zarte junge Frau wie Sie. Nur bei dem dickflüssigen Immunglobulin kann ich ihnen eine etwas stärkere Nadel nicht ersparen, aber dafür brennt das nicht so, wie die anderen Spritzen es leider tun.“ Brennen? Sie schluchzt wieder und blickt auf die Tür, die verschlossen ist und verschlossen bleibt.