Die Analregion ist sicher die am stärksten mit Scham und Ängsten besetzte Region unseres Körpers. Wir haben heute eigentlich wenig Probleme mit Nacktheit z.B. am Strand, in der Saune, bei der Massage, im Zeitalter der Intimrasur auch nicht mit der vollständigen Sichtbarkeit der primären Geschlechtsmerkmale, aber die Pofalte, die ist was anderes.
Das merke ich eigentlich jedes Mal, wenn ich einer Patientin die Notwendigkeit der rektalen Untersuchung erkläre. Auch von der "echten" Frauenärztin/dem Frauenarzt kennen viele das ja nicht, obwohl es lehrbuchmäßig zur vollständigen gynäkologischen Untersuchung dazu gehört! Manche sind sehr ängstlich, andere versuchen zu verhandeln oder lassen sich die medizinische Notwendigkeit zumindest genau erklären. Manche schlucken bei dem Gespräch, eigentlich alle werden rot, sie fächeln sich Luft zu, wenn sie sitzen, krampft sich die Hand um die Stuhllehne zusammen... Gerade Erstpatientinnen tun sich dann schwer damit, den Po lockerzuhalten - obwohl es die Untersuchung ja viel unangenehmer ist, wenn sich die Patientin verkrampft. Auch wenn ich sie endlich dazu bewegt habe, die Untersuchungsposition einzunehmen (manchmal erledige ich das bei der auf dem Gynstuhl Patientin einfach mit, manchmal muss ich aber auch um den Wechsel in die besonders peinliche Knie-Ellenbogenlage bitten), beobachte ich oft kleine Kontraktionen im Analgebiet, zugleich atmen die Patientinnen heftig und vergewissern sich, dass es nicht wehtun wird. Meistens hilft es aber schon, wenn ich behutsam Gleitmittel auf den Anus tupfe. Das ist ja eine ganz sanfte und fast schon zärtliche Berührung, und viele Patientinnen schaffen es dann, lockerzulassen. Bei anderen muss ich mit leichten Klapsen auf den Po nachhelfen.
In der Regel gibt es dann noch einmal ein Aufbäumen und Stöhnen, wenn der Finger eindringt. Das wird dann eher zum Seufzen, wenn ich das Rektum nach allen Seiten hin austaste. Dann oft noch einmal ein Erschrecken, oft auch ein zweiter, hoffnungsloser Verhandlungsversuch, wenn das kühle Metall des Analspekulums oder Proktoskops die Analrosette berührt. Gerade bei größeren Spekula zieht sich der Po der Patientin dann nochmal zusammen, vielen fällt es auch schwer, ruhig in der angewiesenen Untersuchungsposition zu bleiben. Strenge Ermahnungen oder Erziehungsklapse erzeugen dann oft Tränchen und Schluchzen, was doch gar nicht nötig ist.
Wenn ich den Patientinnen beruhigend zurede und sie lobe, werden sie aber ruhiger. Damit beginnt für sie meist eine zweite, angenehme und entspannte Phase nach den Ermahnungen zu Beginn. Wenn immer noch Stöhnen kommt, dann klingt es jetzt eher wohlig. Der Po ist schön locker, nimmt auch größere Instrumente willig auf und wehrt sich nicht gegen die medizinisch erforderliche Spreizung durchs Spekulum. Und oft bekomme ich zum Abschluss der Untersuchung aus ganzem Herzen die Rückmeldung, dass es doch gar nicht so schlimm war und das Spekulum vielleicht ein wenig gedrückt, aber nicht wehgetan hat. Ich lasse es mir nie nehmen, behutsam die Gleitmittelreste aus der Pofalte zu tupfen und die Patientin mit ein paar angenehmen Massagegriffen zu belohnen. Gern biete ich zum Abschluss auch noch eine wohltuende Aufbauspritze oder ein beruhigendes Zäpfchen an, was auch erstaunlich viele Patientinnen wählen, die am Anfang große Angst hatten.
Wichtig ist einfach die liebevolle ärztliche Konsequenz beim Durchsetzen und Durchführen dieser für die Patientin besonders peinlichen Untersuchung verbunden mit großer Vorsicht und Behutsamkeit beim Durchführen der diagnostischen Maßnahmen in dieser hochempfindlichen Region. Und natürlich sollte jeder Arzt stringent darauf achten, dass die Patientinnen sich regelmäßig zur Folgeuntersuchung anmelden.