Neue Stadt, neuer Job, alte Probleme. Woran ich dies merkte? Beim letzten Familientreffen gab es gefühlt nur ein Thema, über das gesprochen wurde. Zahnarzt. Kronen, Brücken, Implantate, was war das Beste? Als sich meine Tanten darüber unterhielten, saß ich nur daneben, mit einem gelegentlichen Nicken und der Hoffnung, dass sie mich nicht darüber befragten. Innerlich schrie ich, sie sollen endlich das Thema wechseln und als sie es dann taten, atmete ich leise auf. Doch wieder zuhause wurde ich erneut damit konfrontiert, sei es in der Werbung oder als Banner auf irgendwelchen Internetseiten.

Weshalb ich nun hier hockte, vor meinem Laptop. Der Cursor blinkte im noch leeren Balken der Suchmaschine.

>Ich muss es nun angehen. Ich wohne seit mehr als vier Jahren hier und auch davor war ich schon länger nicht mehr beim Zahnarzt gewesen. Oh man, warum muss es nur so schwer sein?<

Mit leicht zittrigen Fingern tippte ich den Namen meiner Stadt ein und daneben Zahnarztpraxis für Angstpatienten. Unzählige Seiten wurden mir angezeigt, doch ich klickte schnell das erste Ergebnis an und wurde prompt auf eine Website mit lächelnden Personen weitergeleitet. Ich wollte es nur schnell hinter mich bringen, bevor mich der Mut verließ. Mein Herz klopfte jetzt schon wild in meiner Brust und ich hatte die Praxis noch gar nicht betreten. Zu meiner Erleichterung konnte ich direkt auf der Seite einen Termin vereinbaren, ohne zuvor eine Nummer ins Telefon tippen zu müssen, was mich wieder Überwindung gekostet hätte. Ich brauchte nur meinen Namen, Geburtsdatum und E-Mail-Adresse für eventuelle Rückfragen anzugeben und konnte in zwei Wochen eine Zeit für den Termin auswählen. Da ich in dieser Woche noch arbeiten musste, konnte ich diesen nur spät am Nachmittag wahrnehmen.

>Puh, ich habe es wirklich getan. Ich habe mich überwunden und einen Termin vereinbart.<

Die zwei Wochen vergingen gefühlt wie im Flug und nun stand ich vor dem großen Gebäude, in dem sich die Zahnarztpraxis befand. Bevor ich noch einen Rückzieher machen konnte, trat ich schnell ein und fuhr mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock hinauf. Vor der Tür sah ich dann, dass es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelte mit gleich vier Namen daran.

>Da hätte ich wohl doch erst einmal die Website ansehen sollen, aber jetzt ist es zu spät. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm und alle Ärzte sind nett und verständnisvoll.<

Ich nahm einen tiefen Atemzug, klingelte und drückte beim Summen die Tür auf. Sofort empfing mich dieser typische Zahnarztgeruch, der meinen Herzschlag nochmals beschleunigte. Etwas zögerlich ging ich auf den Empfangstresen zu, hinter dem mich eine freundlich lächelnde Dame begrüßte. “Guten Tag, haben Sie einen Termin?”

“Ja, um 17 Uhr. Alina Meyer mein Name”, antwortete ich ihr und schob gleichzeitig meine Versichertenkarte über den Tresen. Während die Helferin routiniert am Computer arbeitete, schaute ich mich um. Die Praxis war modern eingerichtet, in beruhigenden Farben und mit großen grünen Topfpflanzen in den Ecken. Rechts vom Empfangstresen befand sich eine Milchglastür, die als Wartezimmer gekennzeichnet war und auf der linken Seite ging ein langer Gang ab, der, nach den unverkennbaren Geräuschen zu urteilen, zu den Behandlungsräumen führte.

>Hoffentlich bleibt es heute bei der Kontrolle und es muss nicht gleich gebohrt werden.<

“Frau Meyer, da Sie neu bei uns sind, bitte ich Sie zuvor diesen Bogen auszufüllen.” Mit einem Lächeln schob die Empfangsdame mir ein Klemmbrett mit einem Kugelschreiber über den Tresen, zudem meine zuvor abgegebene Versichertenkarte.

Ich nickte verstehend, steckte die Karte zurück in meinen Geldbeutel und betrat mit der ablenkenden Aufgabe das Wartezimmer. Dieses war gut gefüllt, was bewies, dass es sich um eine gute Praxis handeln musste. Ich grüßte die anwesenden Personen und setzte mich auf einen der freien Plastikstühle.

>Modern, aber bequem.<

Da ich eine Viertelstunde zu früh und noch viele Patienten vor mir dran waren, konnte ich mir beim Ausfüllen Zeit nehmen. Gewissenhaft beantwortete ich jede der gestellten Fragen. Bei der Frage, wann ich zuletzt beim Zahnarzt war, musste ich kurz überlegen.

>Wann war das nochmal gewesen? Auf jeden Fall vor meinem Umzug. Ich glaube, es war, nachdem ich mir die Weisheitszähne beim Kieferchirurg hab ziehen lassen, nachdem meine Zahnärztin mich abermals gerügt hatte, ich solle dort endlich einen Termin vereinbaren. Danach bin ich nicht mehr hingegangen. Das muss vor 5 oder 6 Jahren gewesen sein.<

Danach kamen nur noch Fragen, welche man mit Ja oder Nein ankreuzen musste und ausgerechnet am Schluss machte der Kugelschreiber schlapp.

>Das Ja, bei Angst vor der Behandlung wird man schon erkennen können, hoffe ich.