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Der alte Zahnarztstuhl

Teil II – Routinekontrolle

Mara konnte die Gedanken an den Zahnarzt nie ganz abschütteln. Selbst Monate nach ihrem letzten Besuch tauchten sie plötzlich auf – ein Geruch, ein Geräusch, ein Bild in einem Film, ein beiläufiges Wort über Bohrer oder Füllungen –, und schon spürte sie das alte, vertraute Ziehen im Magen. Es war eine seltsame Mischung aus Angst und Faszination: Sie war sicher, dass sie diese Praxis um keinen Preis wieder betreten wird. Aber gleichzeitig konnte sie sich kaum der Vorstellung entziehen, wieder in diesem Stuhl zu sitzen, das Licht über sich, die Instrumente glänzend aufgereiht.

Dann fiel ihr Blick auf ihr Bonusheft. Sie blätterte es durch und stellte mit einem leichten Schock fest, dass noch ein Stempel fehlte. Ohne ihn würde sie später bei einer größeren Behandlung auf horrende Eigenkosten sitzen bleiben. Der Gedanke ließ ihr Herz schneller schlagen. „Ach nein… ich muss wirklich hin“, murmelte sie, während ein Knoten aus Sorge und Zögern sich in ihrem Bauch festsetzte.

Sie versuchte, bei den Zahnarztpraxen in ihrer Umgebung einen Termin zu bekommen – bei Zahnärzten in der Nähe, die nicht die „alte Praxis“ waren. Der Gedanke an diese alte Praxis schnürte noch immer ihren Hals zu und ließ immer noch ihr Herz heftig schlagen.

Der Telefonmarathon endete im Frust: überall das selbe - Monate Wartezeit. Kein kurzfristiger Termin verfügbar. Jeder Anruf ließ die Angst ein bisschen steigen, das Gefühl, gefangen zu sein, wuchs.

Mara wurde heiß und kalt, als sie feststellte, dass sie dieses Jahr keinen Termin mehr kriegen würde. Schließlich griff sie zum Telefon. Hände leicht zittrig, Herz pochte, ein seltsames Kribbeln auf der Haut. Die Stimme am anderen Ende meldete sich, und nach kurzem Austausch war der Termin fix. Die alte Praxis – vertraut, altmodisch, einschüchternd – hatte einen Termin für sie frei.

„Nur eine Kontrolle“, wiederholte sie wie ein Mantra zu sich selbst, während sie auflegte. „Es ist nichts Schlimmes, es ist nur Routine.“ Ein flüchtiges Aufatmen, und zugleich ein merkwürdiges Ziehen in der Magengegend. Angst, ja – aber auch eine seltsame Spannung, die sie kaum leugnen konnte. Die Praxis hatte sie zurück, ob sie wollte oder nicht.