Stethoskop Geschichten
Sarah und der große Auftritt Teil 2
Dann fügte Gabi, mit einer Trockenheit in der Stimme, die Sarah frösteln ließ, hinzu: "Ja, es sind zwei runde Elektro-Pads, die in den BH kommen."
Manuela sah Sarah nun direkt an, ihre Stimme war sanft, aber bestimmt. "Nun, tu Gabi den Gefallen."
Sarah sah beide Frauen an, ihre Blicke wanderten von der entschlossenen Gabi zur sanften, aber überzeugenden Manuela. Ein Lächeln huschte über Sarahs Gesicht, als sie Manuela ansah. "Manuela, ich komme morgen sonst mit zur Probe und halte Händchen."
Manuela und Gabi lachten. Sarah zögerte einen kurzen Moment, die Schwere der Situation noch immer spürbar, doch der humorvolle Unterton ihrer Mutter hatte die Anspannung etwas gelöst. "Jao... okay."
Die Entscheidung war gefallen. Ein "Jao... okay" von Sarah hatte die ungewöhnliche Bitte ihrer Tante besiegelt. So fanden sich Gabi, Manuela und eine zögerliche Sarah am nächsten Tag in einem Einkaufszentrum wieder, auf der Suche nach einem ganz bestimmten Kleidungsstück: einem **engen, orangefarbenen Push-up-BH**.
Die Atmosphäre war seltsam. Normalerweise war Shopping mit ihrer Mutter und Tante ein entspanntes Vergnügen, gefüllt mit Gelächter und Plaudereien über Mode und alltägliche Dinge. Doch heute schwebte eine fast surreale Spannung in der Luft. Gabi war entschlossen, Manuela unterstützend, und Sarah... nun, Sarah fühlte sich wie ein Schaf, das zum Scheren geführt wurde, wenn auch aus freien Stücken.
Sie betraten ein Unterwäschegeschäft, dessen sanfte Beleuchtung und zarte Stoffe im krassen Gegensatz zu dem standen, was Sarah bevorstand. Gabi steuerte zielstrebig auf die farbigen BHs zu. "Wir brauchen etwas, das auffällt und gut sitzt", erklärte sie mit der Ernsthaftigkeit einer Regisseurin, die das perfekte Requisit sucht.
Nach einigen Minuten des Suchens hielt Gabi triumphierend einen leuchtend orangefarbenen Push-up-BH hoch. Er sah aus, als wäre er direkt aus einem Obstkorb gefallen – knallig, fast Neon. "Der ist perfekt!", rief sie aus.
Sarahs Magen zog sich zusammen. Sie hatte schon viele BHs getragen, aber noch nie einen in dieser Farbe oder mit dieser speziellen Funktion. Sie nahm ihn entgegen, das Material fühlte sich überraschend weich an, aber die Farbe schien förmlich zu schreien.
"Probier ihn an, Sarah-Maus", sagte Manuela sanft, während sie Sarah in eine Umkleidekabine schob. "Wir warten hier."
In der kleinen Kabine stand Sarah vor dem Spiegel und betrachtete den orangefarbenen Stoff in ihrer Hand. Sie zog ihr T-Shirt aus, dann ihren eigenen, unscheinbaren BH. Mit einem tiefen Seufzer schlüpfte sie in den neuen. Er war tatsächlich **eng**, und die Polsterung hob ihre Brüste in einer Weise hervor, die sie nicht gewohnt war. Es war nicht unangenehm, aber es fühlte sich… fremd an.
Sie zog ihre Jeans wieder hoch, strich über den orangefarbenen Stoff, der nun leuchtend unter dem dunklen Jeansstoff hervorblitzte. Unsicherheit kroch in ihr hoch. Wie würde das aussehen? Wie würde sie sich fühlen, wenn sie auf diesem Stuhl saß, fixiert, in diesem Aufzug?
Mit einem letzten tiefen Atemzug öffnete sie die Umkleidekabinentür und trat heraus. Gabi und Manuela warteten vor dem Spiegelbereich. Der Blick von Sarah fiel auf die beiden Frauen, die sie erwartungsvoll ansahen. Sie war in ihrer Jeans und dem **leuchtend orangefarbenen Push-up-BH**. Er saß, wie Gabi es gewünscht hatte, eng und betonte.
Als Gabi und Manuela Sarah sahen, mussten sie nicht lachen, sondern eher **schmunzeln**, und Manuela sagte trocken: "Wow, das nennt sich Push-up-Effekt."
Gabi nickte zustimmend. "Ja."
Sarah stand sichtlich **unwohl** in dem Vorraum der Umkleidekabinen, die Arme leicht vor ihrem Körper verschränkt, als wollte sie sich ein wenig bedecken. Der grelle Orangeton schien sie förmlich zu umarmen, und sie spürte die Blicke der anderen Kundinnen, die scheinbar beiläufig, aber doch neugierig herschielten.
"Gabi, den nehmen wir, oder?", fragte Gabi, ohne Sarahs Unbehagen wirklich zu beachten oder es bewusst zu übergehen. Ihre Stimme hatte die Gewissheit einer Person, die genau weiß, was sie will.
Sarahs Antwort war ein verzweifeltes Lächeln. "Mir bleibt wohl nix anderes übrig, oder?!"
Gabi, trocken wie immer, antwortete: "Nein. So, zieh dich fix um und lass uns bezahlen. Dann können wir noch schnell zum Schauspielhaus fahren, dann kannst du noch **Probesitzen** auf dem Stuhl."
Sarah machte sich auf den Weg zurück in die Umkleidekabine, während sie innerlich mit sich haderte. *Wieso lass ich mich immer so schnell einlullen von den beiden?*, dachte sie. Es war eine Frage, die sie sich schon oft gestellt hatte, wenn ihre Mutter und Tante ihre gemeinsame Überzeugungskraft einsetzten.
Gabi bezahlte den BH. Es war ein kurzer, unkomplizierter Vorgang, der das Gefühl der Unwirklichkeit nur noch verstärkte. Kaum war die Zahlung erfolgt, machten sich alle drei Frauen auf den Weg zum Schauspielhaus. Die Fahrt verlief in einer seltsamen Stille, unterbrochen nur vom leisen Brummen des Motors und Sarahs inneren Monolog über die bevorstehende "Probe".
Ankunft im Schauspielhaus und die Begegnung mit dem Stuhl
Im Schauspielhaus angekommen, schloss Gabi fröhlich die schwere, knarrende Holztür auf. Ein komplexer Geruch schlug Sarah entgegen: eine Mischung aus **muffigem, alten Stoff**, dem trockenen Aroma von Holz und einem Hauch von Desinfektionsmittel. Es war der unverkennbare, fast ehrwürdige Duft eines Theaters. Die hohen Decken des Korridors und die gedämpfte Beleuchtung durch die wenigen, weit auseinanderliegenden Glühbirnen ließen den Ort gleichzeitig ehrwürdig und ein wenig geheimnisvoll wirken. Manuela folgte ihnen schweigend, ihre Blicke ruhten immer wieder auf Sarah, als wollte sie sicherstellen, dass ihre Tochter nicht plötzlich Reißaus nahm.
Gabi war in ihrem Element. Ihre Augen leuchteten, während sie auf vergilbte **Plakate vergangener Aufführungen** an den Wänden wies, die von verblassten Sternen und kühnen Schriftzügen geziert waren. Sie erzählte lebhaft Anekdoten über misslungene Szenen, vergessene Requisiten und die kleinen Dramen hinter den Kulissen. "Hier ist unser Fundus!", rief sie begeistert und deutete auf eine raumhohe Regalwand, die mit den unterschiedlichsten Kostümen, von glitzernden Abendkleidern bis zu abgetragenen Bauernkitteln, Perücken in allen Farben und obskuren Gegenständen wie einem ausgestopften Raben oder einer rostigen Ritterrüstung vollgestopft war. "Und hier", sagte sie, als sie eine weitere Tür mit einem kunstvoll geschnitzten Theatersymbol öffnete, "ist unser Probenraum!"
Sarah trat zögernd ein. Der Raum war **überraschend groß**, mit einem spiegelnden Parkettboden, der das wenige Licht der hohen Fenster reflektierte, die nur spärlich Tageslicht hereinließen. An einer Seite standen ein paar klapprige Klappstühle, und in der Mitte war eine provisorische Bühne mit Kreide auf dem Boden markiert. Alte Notenblätter und Skripte lagen verstreut auf einem Tisch, zeugten von intensiven Proben. Doch all das registrierte Sarah nur am Rande. Ihr Blick wurde wie magisch von einem einzigen Objekt in der hintersten, leicht schattigen Ecke des Raumes angezogen.
Dort stand er.
Der Stuhl.
Sarah blieb wie angewurzelt stehen, ein **Kloß bildete sich in ihrem Hals**, der so groß war, dass sie kaum schlucken konnte. Es war kein gewöhnlicher Stuhl. Es war ein **Monster aus massivem, dunklem Holz**, fast schwarz glänzend poliert, das extra auf einer leicht erhöhten Plattform stand, um es noch imposanter wirken zu lassen. Die schiere Masse des Holzes verlieh ihm eine bedrohliche Schwere, fast so, als wäre er dafür gemacht, etwas oder jemanden festzuhalten. Entlang der breiten Armlehnen und an den robusten Beinen waren **massive Lederriemen** befestigt, deren messingfarbene Schnallen im Halbdunkel matt schimmerten. Sie wirkten dick, strapazierfähig und, für Sarahs Augen, absolut **bedrohlich**. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie diese Riemen um ihre Handgelenke, ihre Knöchel und vielleicht sogar um ihren Oberkörper gelegt wurden, sie fest an das Holz pressten. Die Vorstellung ließ ihre Haut prickeln.
Daneben, auf einem kleinen, schäbigen Beistelltisch, stand ein **unscheinbarer, grauer Schaltschrank**. Er war kompakt, aber die Präsenz von einigen Knöpfen und einem dunkel bleibenden Display, das an ein digitales Messgerät erinnerte, sprach Bände. Die Implikation war klar: Hier würde die "Muskelstimulation" gesteuert. Es war offensichtlich kein Spielzeug. Und als ob das nicht genug wäre, lag auf dem Schaltschrank ein **schönes, dunkelrotes Stethoskop**. Es sah elegant aus, fast schon zart in seiner geschwungenen Form, aber in diesem Kontext wirkte es wie ein kaltes, klinisches Instrument, das das Ausmaß des Elends, das sie erwarten würde, bestätigen sollte – ein Symbol für die medizinische Härte, die die Szene forderte.
Gabi bemerkte Sarahs Erstarrung und lachte. Es war ein herzliches, unbeschwertes Lachen, das die unheimliche Atmosphäre des Stuhls für einen Moment durchbrach und die Anspannung ein wenig löste. "Keine Angst, komm her!", rief sie, als würde sie ein scheues Tier anlocken, das sie beruhigen wollte. "Das ist nur Requisite! Sieht schlimmer aus, als es ist."
Sarahs Beine setzten sich langsam wieder in Bewegung. Jeder Schritt zum Stuhl fühlte sich an wie ein Schritt in eine unbekannte, beängstigende Zukunft. Die kalte Realität des Theaters und ihrer bevorstehenden Rolle schien sie mit jedem Zentimeter näher an den Stuhl heranzuziehen, dessen bedrohliche Präsenz den Raum zu dominieren schien. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug, ein nervöses Flattern, das von Aufregung und einer guten Portion Furcht gespeist wurde.