Die besondere Praxis
Überraschung im Wartezimmer (Lasses Sicht)
„Komisch,“ flüsterst Du mir im Wartezimmer für Kassenpatienten von der Seite zu. „Hier hab ich noch nie auf meinen Termin gewartet. Naja, immerhin ist es nicht so voll.“ Ursprünglich war abgemacht, dass ich Dich heute zu Deinem routinemäßigen Kontrollbesuch begleite und war auf das Wartezimmer für Privatpatienten der Zahnarztpraxis eingestellt. So hast Du es mir jedenfalls erzählt und nun musste ich am Empfang meine Versichertenkarte abgeben und sitze nun nervös auf dem schwarzen Kunstlederstuhl und frage mich, was gleich auf uns zukommt.
„Sooo Herr Bloom, Sie dürfen dann schonmal mitkommen!“ Im Türrahmen steht eine bereits mit Mundschutz vermummte Helferin. Ihr dominanter Tonfall reisst mich abrupt aus meinen Gedanken. Ich!? Denke ich nur. Wir schauen uns kurz an „Auf geht’s!“ Du grinst mich breit an.„Svenja, Du auch,“ nickt sie Dir zu, nun aber in deutlich freundlicherem Ton. „Zimmer 4! Einmal bis zum Ende durch!“ kommandiert die Helferin in meinem Rücken, als ich durch die Tür auf den Praxisflur trete. Der Gang über den langen Flur der großen Praxis kommt mir endlos vor, bis ich schließlich den Raum betrete. Die Milchglastür steht weit offen. “Herr Blom, Sie dürfen einmal auf dem Stuhl Platz nehmen!" werde ich aufgefordert, als ich im Türrahmen stehenbleibe und mich im Behandlungszimmer umsehe. Im selben Moment schiebt mich eine Hand zu der modernen Behandlungseinheit in der Mitte des Raumes. „Svenja, Du kannst es Dir hier auf dem Muttistuhl bequem machen," erklärt sie Dir und zeigt auf einen gemütlichen Sessel in der Ecke. Ihr lächelt Euch an. „Aber…“ fange ich mit trockenem Mund meinen Satz an und setze mich schweigend auf den Behandlungsstuhl mit dem anthrazitfarbenen Polster und ziehe die Beine nach. Augenblicklich klappt die Helferin auch schon die rechte Armlehne hoch. Du machst es Dir derweil auf Deinem Sessel bequem und beobachtest, wie sie meine rechte Hand nimmt und auf der Armlehne platziert. „Nichts aber!“ Sie lässt ihre Hand auf meiner liegen und fixiert mich mit ihrem Blick. Elegant schreitet die Helferin ums Fußende herum, ohne mich aus den Augen zu lassen. Ihr fester Blick genügt bereits, um mich nicht nur zum Schweigen zu bringen sondern regelrecht einzuschüchtern. Wie ferngesteuert lege ich meine linke Hand auf die andere Armlehne… „Na also, geht doch!“ freut sie sich. Ich schlucke und versuche, meine feucht gewordenen Hände trocken zu reiben. “Nun zu Dir!" sie dreht sich in Deine Richtung, geht zu der Schrankzeile an der Wand, um etwas zu holen. Sie trägt eine gut sitzende, weiße Praxishose und diese modernen Sportschuhe, in weiß-lila. Offenbar trägt sie die nur hier in der Praxis, denn sie sehen aus, wie frisch aus dem Karton. Die Farbe der Schuhe passt perfekt zu ihrem lila Poloshirt, bei dem sie die oberen Knöpfe offengelassen hat. Mir fällt spontan ihre Oberweite auf. Den Mundschutz trägt sie inzwischen unter dem Kinn.
Ich sehe mich weiter um. Der Behandlungsstuhl, auf dem ich platziert wurde, wirkt viel moderner als in der Praxis, in der wir zuletzt waren. Ein großer Monitor hängt am Arm für die Behandlungslampe über mir, die ebenfalls sehr futuristisch gestaltet ist. An der Wand am Fußende ist ebenfalls ein großer Bildschirm angebracht, auf dem ein beruhigender Bildschirmschoner mit Unterwasseraufnahmen läuft. Die Einheit für die Turbinen und Winkelstücke ist noch weit weggeschwenkt. Anders als üblich hängen hier die Schläuche nicht nach unten sondern sind mit einer Schwinge darüber angebracht. Das Polster ist erstaunlich weich, hier können auch längere Sitzungen stattfinden, denke ich. Die Kopfstütze ist nicht ganz so weich, dafür aber wie eine Mulde anatomisch geformt. Ich lege meinen Kopf kurz hinein, hebe ihn dann aber wieder, um in Deine Richtung zu sehen. Die Helferin überreicht Dir gerade ein Tablet und ein kleineres Gerät, das wie ein Smartphone aussieht. „Das ist für die Kontrolle!“ erklärt sie, während sie Dir einen Hocker für die Beine hinschiebt. „Und der hier ist für die Gemütlichkeit!“ lächelt sie. „Mach es Dir bequem, es könnte bei Lasse ja ein wenig länger dauern heute! Wir bringen Dir nachher auch gerne etwas zu trinken…“
„Wie, länger dauern?“ Meine Frage wird ignoriert.
Als Du das Tablet öffnest, erschrickst Du kurz. Auf dem Bildschirm erscheint automatisch die Szenerie, die Du vor Dir siehst. Nur aus einer höheren Perspektive. „Ah, ich sehe schon, Du machst Dich bereits mit der Technik vertraut…“ Auf dem großen Monitor sehe ich nun auch das Bild der Kamera aus der Ecke - Ich sehe mich auf dem Behandlungsstuhl. „Wenn Du Fragen hast, immer raus damit!“ „Ja,“ beginnst Du neugierig und hältst das Smartphone-ähnliche Gerät hoch: „Wofür ist das hier?“ “Damit kannst Du ein paar Funktionen steuern,“ erklärt sie nüchtern. "Öffne es mal, dann siehst Du es schon." Während Du Dich mit der App beschäftigst, die sich automatisch öffnet, lächelt sie mich an. „Ich bin übrigens Nadine.“ Mir wird heiß und kalt - das ist also Nadine, von der Svenja mir in letzter Zeit öfter erzählt hat…
Sie kommt um den Behandlungsstuhl herum und steht nun hinter mir, wie ich auf dem Monitor beobachten kann. Allerdings sehe ich nicht, was sie macht, während sie hinter der Kopfstütze hantiert. "So Lasse… ich habe gehört…" Ich schrecke auf, als ihre Worte mich aus meinen Gedanken reissen. "…dass Du es mit der Zahnpflege nicht ganz so genau nimmst...." Du musst augenblicklich breit grinsen! "…und das gefällt unserer Frau Dr. Steen gar nicht… " Ich spüre ihre Hand auf meiner Stirn, unsanft drückt sie mich in das Polster der Kopfstütze. Mir wird heiß und kalt. "Mund auf!" herrscht mich Nadine an und ich leiste ihrem Befehl sofort Folge. Mit geschickten Handgriffen setzt sie mir einen Lippen-Wangenspreizer ein, der ihr und Dir den Blick auf meine Zähne freigibt. "Drück mal auf das Kamerasymbol in der App!" ruft sie Dir zu, als sie um den Stuhl herum geht und aus einer weiteren Schublade etwas hervorholt. Du suchst nach dem Kamerasymbol und öffnest das Menü. "Damit kannst Du zwischen den drei Kameras umschalten und siehst auf dem Tablet alles ganz genau," erklärt sie weiter. "Nimm mal Kamera 3" Du drückst auf die Kamera 3…
Auf dem Tablet springt das Bild um auf eine Kamera, die in der Behandlungslampe integriert sein muss und die direkt auf meinen Mund ausgerichtet ist. „Oha!“ entfährt es Dir. Auch ich sehe das Bild auf dem Monitor, der am Behandlungsstuhl angebracht ist. „Zoom mal ran!“ fordert Nadine Dich auf. „Wo? Hier?“ Du probierst einen Button aus.
Die Kamera beginnt, heran zu zoomen, immer näher und näher. Fasziniert beobachtest Du, wie die Aufnahme immer größer und detaillierter wird. Auch ich sehe, was Du siehst und beginne nervös mit der Zunge an meinen Zähnen entlang zu fahren. Immer mehr Speichel entsteht, den ich umständlich versuche, zu schlucken. Ich will den Kopf wegdrehen, damit die Kamera etwas anderes sieht - vergeblich. Nadine grinst. "Na Lasse, was ist los? Gefällt Dir das etwa nicht?" Sie wendet sich von mir ab und überlässt mich meinem Schicksal. "Darf ich mal?" fragt sie Dich, als sie Dir das Tablet kurz aus den Händen nimmt. Sie wischt ein paar Mal, dann präsentiert sie Dir ein Menü. "So, hier wären ein paar Auswahlmöglichkeiten, mit denen Du Lasse noch mehr Freude bereiten kannst. Und uns auch..." Sie zwinkert diabolisch.
"Ich lasse Dir gleich ein bißchen Zeit für die Auswahl." Du nimmst das Tablet wieder an Dich und liest Dir die Checkliste durch…
das ist wirklich eine besondere Praxis …