6 members like this


Aufrufe: 155 Created: Vor 3 Wochen Updated: Vor 3 Wochen

Der erste Tag im neuen Job als Zahnarztmuffel

Letzte Handgriffe

“Danke, Atzmann”, kommentiert Dr. Kaltenstein, ebenfalls in knapper, militärischer Sprache. “Dann lassen Sie mal sehen”.

Atzmann steht auf, tritt ein paar Schritte nach hinten und verschränkt die Arme hinter dem Rücken und versteift seine Haltung, während Dr. Kaltenstein wieder bei der Patientin platz nimmt und wieder zum Untersuchungsbesteck greift.

“Gute Arbeit, Atzmann”, lobt Dr. Kaltenstein, während er gewissenhaft die aufgebohrten Zähne kontrolliert. “Es scheint, als hätten Sie die Karies sehr großzügig entfernt” (er kichert leise), “aber sie haben schon Recht - besser so, als irgendwo noch Karies zu übersehen”.

Dr. Kaltenstein prüft die aufgebohrten Zähne sorgfältig. Schließlich sagt er: “Sie dürfen Platz nehmen. Wir liegen etwas hinter unserem Zeitplan, weshalb ich es jetzt hier abschließe.”

“Die Kavitäten sind sauber präpariert, so dass wir nur noch die Füllungen legen müssen”, doziert Dr. Kaltenstein.

Anna entspannt innerlich. Zumindest das Bohren war jetzt abgeschlossen, stellt sie erleichtert fest.

“Wir werden die Kavitäten jetzt nur noch reinigen und trocken, und dann kümmern wir uns um die Füllungen. Der 4-5er, den Kollege Atzmann so großzügig aufgebohrt hat, kriegt noch eine Unterfüllung und dann kommt das Amalgam rein.”

Anna horcht auf. ‘Amalgam? Sind das nicht diese silbrigen Füllungen, die man schon von weitem sieht?’. Mit einem unartikulierten Laut aus ihrem offenen Mund versucht Anna eine Frage zu stellen, was Dr. Kaltenstein geflissentlich überhört.

Statt dessen greift er zu seinem Instrumentenhalter und zieht ein gebogenes Instrument heraus. Anna zuckt zusammen, als ein kühler Wasserstrahl ihre aufgebohrten Zähne von innen reinigt. Plötzlich durchzieht es sie wie ein Elektroschock. Mit einem kräftigen Luftstoß trocknet Dr. Kaltenstein die Zähne. Das Wasser verdunstet und hinterlässt einen fiesen Kälteschock an den Zähnen, der nur langsam abklingt.

Der Zahnarzt kümmert sich nicht weiter darum, sondern greift ein Schraubgewinde vom Tray, das er an den hinteren Backenzahn ansetzt. Mit kräftigem Fingerdruck schiebt er die dort eingespannte Metallmatrize - ein breites Metallband, das sich um den Zahn legt - fest auf den Backenzahn. Die Matrize drückt dabei ins Zahnfleisch und schneidet leicht ein.

Dann schraubt er mit kräftigen Drehungen das Gewinde des Matrizenhalters an, so dass sich die Matrize eng um ihren Zahn legt. Er dreht auch weiter, als Anna bereits glaubt, dass die Matrize bereits bombenfest um den Zahn gelegt sein dürfte. Zum Glück bricht der Zahn nicht.

Mit beiläufig routinierten Bewegungen greift er mit einer Pinzette kleine, farbige Holzkeile, die er zusätzlich in Annas Zahnzwischenräume schiebt. Die Zähne sind auf Spannung und es fühlt sich so an, als würden sie etwas auseinander stehen.

Er wiederholt die Prozedur zügig und routiniert für die vorderen zwei Zähne, bis drei Schraubgewinde aus Annas Mund ragen und ihre Lippe beiseitedrücken. Er schließt die Vorbereitung mit zwei großen Watterollen ab, die er fest zwischen Annas Wange und dem Zahnfleisch sowie zwischen Zunge und Zahnfleisch schiebt.

Annas Zähne sind nun vorbereitet. Sie liegen exponiert da, die Watterollen halten Wange und Zunge ab. Im Hintergrund hört sie schon das tiefe Brummen des Amalgammischers.

Die Helferin reicht Dr. Kaltenstein den ersten Amalgamträger, den er zügig, fast hektisch, in den Zahn presst, ihn zurückreicht und sich den nächsten in die Hand platzieren lässt.

Während des Austausches modelliert er mit einem Stopfer das weiche Amalgam, ebenso zügig und hektisch. Das Ganze wiederholt sich einige Male, bis Anna das Gefühl hat, dass die Zähne quasi überquellen. Ein metallischer Geschmack breitet sich aus.

Er modelliert weiterhin leicht fahrig das weiche Metall. Anna kommt es vor, als würde hin und wieder sogar ein Krümel auf ihrer Zunge landen, kann es aber nicht weiter untersuchen.

Dr. Kaltenstein schabt an der Füllung herum, drückt, stopft, modelliert, entfernt überschüssiges Material und wiederholt das alles.

Kurz darauf wirkt er zufrieden und schraubt mit schnellen, routinierten Bewegungen die Matrizenhalter ab. Anna entspannt, als das Blut wieder durch ihr Zahnfleisch pulsiert. Die Stellen, an denen die Matrizen eingeschnitten haben, brennen und jucken ein bisschen, aber kein Vergleich zu den Torturen vorher.

Endlich entfernt die Helferin auch den Retraktor aus dem Mund, der ihren Kiefer die ganze Behandlung über weit aufgesperrt hat. Dankbar bewegt Anna ihren schmerzenden Kiefer und genießt das Gefühl der sich entspannenden Kiefermuskulatur.

“Zubeißen”, befiehlt Dr. Kaltenstein flüchtig, während er ihr ein blaues Papier in den Mund hält. Anna gehorcht und kaut etwas auf dem Wachspapier herum. Anschließend kontrolliert Dr. Kaltenstein die Zähne.

Annas Atem stockt, als sie sieht, wie er den Bohrer nochmal hervorholt. Sie kneift ihre Augen zusammen. Zum Glück spürt sie nichts außer einer leichten Vibration. Dr. Kaltenstein hängt den Bohrer zurück und wiederholt die Prozedur mit dem Wachspapier.

Nach abschließender, hektischer Kontrolle nickt er zufrieden. “Das wär’s!”, sagt er nur knapp, “war doch nicht so schlimm, oder?”, stellt er die übliche rhetorische Frage. Ohne eine Antwort abzuwarten, steht er auf. “Genug für heute, liebe Kollegen”, stellt er fest und verlässt mit eiligem, dynamischen Schritt die Behandlungsstation. Seine Studenten richten sich ebenfalls auf und setzen sich in Bewegung.

Anna liegt noch im Stuhl, als die Helferinnen wortlos beginnen, ihre Fixierungen zu lösen. Der Stuhl fährt in Sitzposition und Anna darf endlich aufstehen. Zittrig, benommen und mit wackeligen Knien steht sie auf und bringt wieder Bewegung in ihre ruhiggestellten Gliedmaßen.

Sie hält sich den Kiefer und bewegt den Unterkiefer vorsichtig, um auch hier wieder volles Gefühl reinzubekommen.

Um sie herum ist der Behandlungssaal schon dunkel geworden, nur noch “ihre” Behandlungseinheit ist hell erleuchtet. Eine Schwester steht bereit, um sie wieder zu ihrer Umkleide zu bringen.

Noch immer benommen folgt Anna schweigend der Schwester. Mit ihrer Zunge betastet sie die großen Metallfüllungen, die ihre Backenzähne unten rechts zieren. Dieser metallische Geschmack wird hoffentlich bald verschwinden. Sie spürt auch irgendwelche Krümel unter ihrer Zunge. Etwas mühsam schiebt sie diese nach vorne und spuckt sie vorsichtig auf ihren Finger. Es sind kleine, dunkel-silberne Krümel, offenbar noch Reste der Zahnfüllung.

Hektisch spukt sie weitere aus und hofft, sämtliche Amalgamreste aus ihrem Mund entfernt zu haben.

Vor allem der vordere der behandelten Backenzähne pocht und juckt leicht, und sofort erinnert sie sich wieder an den Bohrer in ihrem Zahn. Zum Glück ist es vorbei, denkt sie erleichtert.

Die Schwester lächelt sie an: "sie waren sehr tapfer, sie können stolz auf sich sein", bestätigt sie Anna, "ich schließe hier ab, sie finden alleine nach draußen, nicht wahr?". Anna nickt schwach und betritt die Kabine, während die Helferin hinter ihr die Tür schließt.

Erschöpft lässt sie sich auf den Hocker in der Umkleidekabine sinken, bevor sie umständlich ihre Wäsche sortiert und anfängt, sich anzuziehen….. Was für ein Tag….

Comments

Henk de G Vor 3 Wochen 2
zahnfritz Vor 3 Wochen 3
drillgirl21 Vor 3 Wochen 2