Der erste Tag im neuen Job als Zahnarztmuffel
Die Diskussion
Anna wird jäh aus ihren Gedanken gerissen.
“Folgen Sie mir bitte”, schon von weitem erkennt Dr. Kaltensteins Stimme.Es scheint, als spräche er zu einer Gruppe von Menschen.
Die Stimme nähert sich: “Bei der nächsten Patientin liegen multiple kariöse Läsionen vor, sie benötigt dringend eine Behandlung.”. Anna errötet, irgendwie ist es ihr doch peinlich.
Zügig nähert er sich mit einer Gruppe Medizinstudierender, die an seinen Lippen kleben, und bereitwillig jeden seiner Witze mit einem zustimmenden Lachen bestätigen. “Die Patientin geht offenbar nicht gerne zum Zahnarzt, wie man sieht”. Ein Kichern geht durch die Runde, während Dr. Kaltenstein an der Seite des Behandlungsstuhls platz nimmt.
“Guten Tag, Frau Keller”, begrüßt er sie mit einer lauten, mechanischen Stimme und kontrolliert die Utensilien vor sich auf dem Tray. Währenddessen prüft er die Akte und wendet sich seinen Studenten zu: “Bei dieser Patientin müssen noch einige Zähne behandelt werden, wollen wir gleich beginnen.”. Ohne Anna anzuschauen, sagt er: “die Patientin lehnt sich bitte an”.
Er legt seine Hand auf Annas Schulter und schiebt diese leicht nach hinten.
“Hören Sie, Herr Dr. Kaltenstein”, setzt Anna an, “ich…”
Weiter kommt sie nicht. Dr. Kaltenstein scheint weiterhin nur an seinen Studenten interessiert zu sein und überhört ihren Einwurf vollständig.
Dafür reagiert die Helferin, die links neben Anna Platz genommen hat. Sie wirft ihr einen vorwurfsvollen Blick zu: “Bitte lehnen sie sich zurück!”, zischt sie Anna leise zu, als hätte sich Anna gerade einen großen Fauxpas geleistet. Sie drückt Annas Oberkörper sanft aber bestimmt in die Lehne, Anna ist so eingeschüchtert, dass sie es geschehen lässt.
Der Zahnarzt schiebt mit dem Spiegel Annas Unterlippe nach unten. “Bitte öffnen”, ordnet er an, und Anna gehorcht.
“Was für eine Baustelle”, witzelt Dr. Kaltenstein in Richtung seiner Studenten, “ich hoffe, die Patientin hat etwas Zeit mitgebracht” und zieht mit einem routinierten Handgriff die Behandlungseinheit mit den Bohrern näher an sich heran.
Diesmal will Anna sich nicht so einfach abspeisen lassen. Sie schiebt mit ihrer Hand den Unterarm des Zahnarztes weg, damit er diesen Spiegel aus ihrem Mund nimmt. Sichtbar verärgert zieht der Zahnarzt den Arm weg und legt den Spiegel zurück auf den Tray.
“Herr Doktor Kaltenstein”, beginnt sie ernst und bestimmt, “bevor etwas gemacht wird, möchte ich die Behandlung mit Ihnen besprech….”.
Viel weiter kommt sie nicht. Dr. Kaltenstein hat sich bereits von ihr abgewandt, ist aufgestanden und hat sein Wort an seine Studenten gerichtet: “Manchmal hat man auch unkooperative Patienten”, lacht er und fährt fort, “aber das wäre ja nicht das erste Mal”. Das Wort “unkooperativ” durchzieht Anna wie ein kalter Schauer.
Mit gedämpfter Stimme befiehlt er in Richtung Assistentin: “fixieren bitte”, während er gleichzeitig aufsteht und die Behandlungseinheit verlässst. “Bitte folgen Sie mir”, erklärt er den Studenten, “wir untersuchen den nächsten Patienten, während die Patientin hier noch vorbereitet wird.”
Damit ist er verschwunden.
Frustriert und wütend lässt Anna den Kopf sinken. ‘Das gibt’s doch nicht!’, denkt sie sich, und überlegt, was sie als nächstes tut.
Ich finde es gut soweit und hoffe das b…