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Festivalgewitter mit Folgen

'Dormicum, wie bitte? Was zur Hölle ging hier vor?´

"Okay, und was ist der weitere Plan? Vermutlich willst du das Nähen oder?", fragte Nick plötzlich etwas besorgt.

"Ja genau, das ist der Plan. Beugesehnen intakt, pDMS intakt. Spricht eigentlich nichts dagegen, dass wir das einmal gut spülen und dann mit ein paar Stichen nähen. Ein Transport in die Klinik würde nach dem Chaos viel zu lange dauern, da wären die 6 Stunden schnell um. Warst du denn erfolgreich?", fragte Lean ihn.

Wovon redete er? Irgendwas war hier faul.

Nick hatte in der zwischenzeit die erste Infusion gegen das Paracetamolfläschchen getauscht und die Tropfrate etwas verringert.

"Ja, da hast du wohl recht. Ne Lean, sorry, Sanstation war aussichtslos und von den anderen habe ich niemanden erreichen oder finden können. Aber Dormicum haben wir noch oder?", fragte er Lean.

'Dormicum, wie bitte? Was zur Hölle ging hier vor?´, fragte ich mich verängstigt.

Panisch sah ich Lean an: "Lean, was habt ihr bitte mit Dormicum vor? Was soll das hier werden?" Schlagartig war ich wieder hellwach und in Alarmbereitschaft. Ich konnte meinen Puls in mir pulsieren spüren.

Lean legte besänftigend seine Hand auf meine linke Schulter: "Hör zu Sophia, long Story short, wir haben kein Lokalanästhetikum mehr und Nick hat leider auch keins mehr auftreiben können. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, entweder ich nähe es ohne Betäubung und ohne Sedierung, oder wir lassen dich kurz wegdämmern, damit du von den Schmerzen nicht so viel mitbekommst. Das ist deine freie Entscheidung. Aber wie sensibel die Handinnenfläche ist, hast du ja schon mehrfach heute Abend zu spüren bekommen." Lean warf mir einen verständnisvollen, aber ernsten Blick zu.

Ohne drüber nachzudenken sprudelte es aus mir raus: "Auf gar keinen Fall lass ich mir von euch Dormicum spritzen, no way. Da halte ich lieber die Schmerzen aus."

'Fuck, fuck, fuck. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Und ist das mein Ernst, dass ich lieber die Schmerzen aushalte?' Ich merkte, wie in mir richtig Panik aufstieg. Einerseits hatte ich viel zu große Angst davor mich von diesen zwei fremden Bundeswehrsoldaten sedieren zu lassen und ihnen dann wirklich schutzlos ausgeliefert zu sein, auch wenn ich zumindest Lean mittlerweile soweit vertraute, dass ich ihm keine bösen Absichten unterstellte, nach all dem, was er schon für mich getan hatte. Aber es machte mir trotzdem Angst dann so vollkommen die Kontrolle abgeben zu müssen. Andererseits hatte ich auch höllische Angst vor den Schmerzen, die ein Nähen ohne Betäubung mit sich bringen würde. Ich hätte am liebsten einfach angefangen zu weinen, vor Verzweiflung und vor Erschöpfung. Meine Atmung war inzwischen schnell und flach geworden und mein Puls in die Höhe gestiegen.

"Atmen Sophia! Ruhig und tief eeeeeeinatmen und auuuusatmen. Sehr gut. Du musst das auch nicht jetzt entscheiden. Wir können ohne anfangen und du kannst dich dann jederzeit umentscheiden. Und wie gesagt, wir halten dich hier nicht fest. Ich bring dich auch irgendwo hin, wenn du das lieber möchtest. Oder wir geben dir erstmal nur eine ganz geringe Dosis zur Beruhigung, aber so dass du noch bei vollem Bewusstsein bist. Es geht um dich. Du darfst entscheiden."

Ich nahm die tiefen Atemzüge, zu denen Lean mich angeleitet hatte und konnte wieder etwas klarere Gedanken fassen. Dass er mir die Wahl lies, wie und auch wo es nun weitergehen sollte, besänftigte mich zumindest ein bisschen. Auch wenn mir sowohl der Gedanke an eine Sedierung, als auch ein Nähen ohne jegliche Schmerzdämpfung weiterhin Angst machten, war ein Ortswechsel das letzte, was ich wollte. Ich fühlte mich viel zu erschöpft, um jetzt aufzustehen geschweige denn, raus in die Kälte zu müssen. 'Der letzte Vorschlag klang tatsächlich ganz gut. Nur ein bisschen was zur Beruhigung. Vielleicht hilft das ja auch die Schmerzen besser durchzustehen, auch wenn ich weiß, dass Dormicum eigentlich keine schmerzlindernde Wirkung hat.'