Der erste Tag im neuen Job als Zahnarztmuffel
Die Vorbereitung
Die Helferinnen schenken Anna keine Beachtung, während sie routiniert verschiedene Instrumente und Utensilien bereitlegen. Metall klirrt leise auf den Tabletts, Plastikverpackungen rascheln, und zwischendurch summt ein elektrisches Gerät kurz auf. Es ist, als wäre Anna gar nicht anwesend – sie wird nicht angesehen, nicht angesprochen. Stattdessen legen sie ihre professionelle Nüchternheit beiseite und unterhalten sich im lockerem Plauderton über Belanglosigkeiten.
Dann jedoch schnappt Anna einen Gesprächsfetzen auf, der sie alarmiert.
„Sag mal, was ist eigentlich aus diesem Müller geworden? Der, der sich hier so aufgespielt hat und meinte, er wäre der Chef?“
Die andere lacht leise, fast spöttisch. „Ach, der? Der arbeitet schon lange nicht mehr hier. War nicht kooperativ.“ Sie betont das letzte Wort genüsslich und kichert dabei.
Dann scheinen die beiden Assistentinnen fertig zu sein, plötzlich sind sie irgendwo im Hintergrund verschwunden.
Anna spürt, wie ihr ein Schauer über den Rücken läuft. Nicht kooperativ? Die Art, wie die Helferin es sagt – zu beiläufig, zu amüsiert –, lässt sie frösteln. Sie wagt es kaum, sich zu rühren, und ihr Blick huscht unwillkürlich zu den schimmernden Instrumenten auf dem Tablett.
Sie sitzt reglos in dem zurückgelehnten Behandlungsstuhl. Ihre Hände liegen auf den kühlen Armlehnen, aber sie wagt es nicht, sich zu bewegen. Das PVC-Lätzchen fühlt sich schwer auf ihrer Brust an, der enge Klettverschluss an ihrem Nacken verstärkt das Gefühl des Ausgeliefertseins. Ein steriler, leicht chemischer Geruch liegt in der Luft, vermischt mit der unangenehm vertrauten Note von Desinfektionsmittel und zahntechnischen Materialien.
Vor ihr auf einem kleinen Instrumententisch liegen die Werkzeuge bereit. Silberne Spiegel, Sonden mit scharfen Spitzen, eine Pinzette – daneben ein Tray mit aufgereihten Bohrern in verschiedenen Größen. Einige davon schimmern matt im Licht der Deckenlampe, andere sind winzig klein, mit geriffelten Spitzen, als seien sie eigens dazu gemacht, sich durch harte Oberflächen zu fräsen. Anna spürt, wie ihr Magen sich verkrampft. Allein der Anblick lässt eine dumpfe Erinnerung in ihr aufsteigen: das Vibrieren des Bohrers, der unangenehme Druck, das unverkennbare Geräusch, das sich in den Kiefer bohrt und bis in den Schädel hallt.
Sie schluckt schwer. Ihre Kehle ist trocken. Ihr Blick wandert zur Decke, als könnte sie dort etwas finden, das sie beruhigt – doch alles, was sie sieht, ist die sterile weiße Fläche, unterbrochen von der großen Lampe, die noch dunkel ist, aber jeden Moment angehen könnte.
Sie muss einen klaren Gedanken fassen. Sie darf sich nicht in diese Angst hineinsteigern. Was soll sie sagen, wenn der Arzt kommt? Ruhig bleiben, sachlich argumentieren. Sie ist keine Patientin. Sie gehört hier nicht hin. Vielleicht ein bestimmtes, aber höfliches Auftreten? Oder doch lieber defensiv bleiben, nicht zu forsch?
Ihre Finger umklammern die Armlehnen fester. Sie kann das schaffen. Sie muss nur einen Moment finden, in dem sie Kontrolle zurückgewinnen kann.
Das Gespräch der beiden Helferinnen übe…