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Der erste Tag im neuen Job als Zahnarztmuffel

Die Tücken der Probezeit

Nach ihrer Vorstellung in der Abteilung und einer kurzen Einführung wurde sie direkt mit ihrer ersten Aufgabe betraut.

Das Erlebnis von heute morgen war fast vergessen, und Anna ist jetzt doch froh, die Stelle hier in dieser Firma bekommen zu haben. Sie wird die klinischen Studien betreuen und arbeitet sich gerade in ihr neues Projekt ein. Eine Menge Unterlagen, die es zu lesen und zu sichten gibt.

Gedankenverloren fährt sie mit der Zunge über ihre Zähne und wird sofort an den Termin von heute Morgen erinnert - die neuen Füllungen fühlen sich noch etwas fremd an, die betroffenen Zähne sind noch etwas gereizt und damit schmerzempfindlich. ‘Das wird vergehen’, tröstet sie sich. Wieder vertieft sie sich in die aktuelle Studienauswertung.

“Frau Keller?”. Anna wird aus ihrer Konzentration gerissen, als sie ihren Namen hört. Sie blickt auf und erkennt die Schwester von heute morgen. Sie steht plötzlich vor ihrem Schreibtisch, Anna hatte sie nicht kommen sehen. Anna wird heiß und kalt.

“Frau Keller, ich soll sie nochmal zur medizinischen Abteilung begleiten.”

Fassungslos und verärgert fragt Anna: “Muss das jetzt wirklich sein? Was wollen die denn noch von mir?”.

“Mehr kann ich ihnen nicht sagen, ich soll sie nur abholen.”.

Missmutig mustert Anna die Schwester: “Was soll das jetzt schon wieder?”, ärgert sie sich, “und was ist, wenn ich nicht mitkomme? Ich habe hier wichtigere Sachen zu tun, als irgendwelche medizinischen Untersuchungen zu absolvieren.”.

“Hm, das müsste ich der Administration melden”, erklärt die Schwester entschuldigend, “vielleicht nicht so günstig in der Probezeit.”

Ihre Büronachbarin mischt sich ein: “gehen sie ruhig, sowas hat hier immer Vorrang”.

Anna ist überrumpelt, was bleibt ihr jetzt noch übrig? Hastig sammelt sie ihre Handtasche und das Handy ein und folgt der Schwester auf den Korridor. Nach außen zeigt sich Anna verärgert, in Wahrheit versucht sie aber nur, ihre Nervosität zu überspielen. Mit schnellen Schritten marschieren beide zur medizinischen Abteilung.

“Worum geht es denn jetzt?", setzt sie nochmal sachlich an. “Fehlen noch irgendwelche Untersuchungen?”.

“Tut mir leid, ich weiß es nicht.”, entschuldigt sich die Schwester, “es hieß nur, Herr Doktor hat jetzt mehr Zeit für sie.”.

Annas Bauch verkrampft sich. Was soll denn noch kommen? Dann geht ihr ein Licht auf - da sie ja die klinischen Studien betreuen wird, soll sie jetzt vielleicht die Ärzte dort kennenlernen. Klingt logisch, diesmal also nicht als Patientin, sondern als Fachabteilungsvertreterin.

Sie drückt ihre Brust durch und folgt der Schwester.

Die Hoffnung verfliegt spätestens jetzt, als sie sich wieder in einer der Umkleidekabinen befindet. “Was soll das eigentlich?”, patzt sie die Schwester an, “ich habe doch alle Untersuchungen heute früh schon machen lassen.”

“Das kann ich nichts sagen, ich weiß es nicht.”, erklärt die Schwester. “Ich habe nur die Anweisung, Sie abzuholen und zu der Station zu bringen. Also bitte machen sie keine Schwierigkeiten und ziehen sie sich um. Bitte machen Sie keine Szene, wir wollen schließlich beide keinen Ärger.”, fügt sie leise an. Sie schiebt Anna in die Kabine und schießt die Tür von außen.

Verärgert betrachtet Anna das gefaltete OP-Hemdchen. Das kann doch nicht deren ernst sein, denkt sie wütend. So ein tolles Jobangebot und dann sowas!

Sie bleibt zögernd stehen und mustert das gefaltete OP-Hemd. Was tun? Alles hinschmeißen? Oder diese blöde Untersuchung hinter sich bringen? Immerhin arbeitet sie im medizinischen Sektor, da kann man es ein Stück weit nachvollziehen.

Wirklich alles hinschmeißen? Sie war doch so stolz auf das Jobangebot.Was sollte sie ihren Kommilitonen erzählen? Oder ihren Eltern? Dass sie hingeschmissen hat wegen der ärztlichen Einstellungsuntersuchung?

Anna seufzt und fängt an, die Bluse aufzuknöpfen. Was auch immer noch kommen soll, schlimmer als die Zahnbehandlung heute früh wird es ja wohl kaum sein.