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Aufrufe: 462 Created: Vor 7 Monate Updated: Vor 7 Monate

Festivalgewitter mit Folgen

"Es fühlt sich furchtbar an, bitte mach, dass es aufhört."

Ich öffnete meine Augen und nahm erneut einen tiefen Atemzug nach dem anderen. Als ich das Tropfen der Infusion sah, wagte ich einen Blick zu meinem Handgelenk. Unter dem durchsichtigen Braunülenpflaster ragte der nicht gerade dünne Plastikschlauch aus meiner Haut raus. Mein Schwindel wurde wieder stärker. Als ich meine Augen schloss hatte ich das Gefühl es dreht sich alles.

"Lean, mir ist schwindelig", brachte ich leise hervor.

"Das hört gleich auf. Versuch die Augen offen zu halten und einen Punkt an der Zeltdecke zu fixieren. Ich gebe dir jetzt Glucose über den Zugang und auch in die Infusion, das sollte auch helfen, dass es dir schnell besser geht."

In meinem Blickfeld tauchte eine Spritze mit klarer Flüssigkeit in Leans Hand auf, die er gerade entlüftete. Anschließend spürte ich einen kontinuierlichen Druck an meinem Handgelenk. Erst jetzt nahm ich eine seltsame Kälte in meinem Unterarm wahr.

"Weiter tief atmen Sophia!"

Das hatte ich schon wieder ganz vergessen. Ich nahm mehrere tiefe und nun auch wieder ruhigere Atemzüge.

"Sehr gut."

Lean war mit dem Injizieren fertig und zog erneut eine Spritze Glucose auf, die er nun in die Infusionsflasche spritzte. Er drehte die Infusion noch weiter auf, sodass die einzelnen Tropfen kaum noch zählbar waren.

Das seltsame Kältegefühl nahm zu. Es fühlte sich an, als würde sich alles in mir zusammen ziehen, angefangen an meinem Handgelenk bis in meine Schulter und meinen Brustkorb. Es wurde jede Sekunde schlimmer. In meinem Handgelenk war es mittlerweile ein richtig unangenehmer Schmerz. Reflexartig legte ich meine linke, verbundene Hand auf mein rechtes Handgelenk, was wieder Schmerzen in meiner Schnittverletzung verursachte.

"Was ist los, Sophia?", fragte Lean besorgt, der in der Zwischenzeit damit beschäftigt war, den entstandenen Müllberg zu beseitigen.

"Die Infusion ist zu kalt. Es fühlt sich furchtbar an, bitte mach, dass es aufhört", antwortete ich mit Tränen in den Augen, weil das unangenehme Gefühl mittlerweile so stark geworden war.

Lean hatte sofort in Infusion zugedreht. "Shit, das tut mir so leid, das habe ich gar nicht auf dem Schirm gehabt. Das ändern wir sofort."

Lean legte seine mittlerweile warmen Hände einen Moment auf meinen rechten Unterarm: "Oh Gott, der ist ja wirklich ganz kalt. Leg ihn mal vorsichtig wieder in den Schlafsack."

Lean öffnete den Karabiner und nahm die Infusion von der Zeltdecke und steckte sie sich von unten unter sein T-shirt.

"Da müssen wir wohl etwas improvisieren. Ich hoffe das bringt etwas. Wir warten mal einen kurzen Moment, bevor ich sie weiterlaufen lasse. Wird es denn besser, seit sie nicht mehr läuft?"

"Ja, wird langsam besser, der Schmerz lässt etwas nach ."

"Das tut mir so leid, da habe ich wirklich nicht dran gedacht, Ich vermute es sind so 15 Grad draußen, das muss wirklich ein unangenehmes Gefühl sein, die im Schuss in den Kreislauf fließen zu haben."

"Ist bestimmt gleich besser. Der Zugang selbst war wirklich nicht so schlimm, wie ich dachte. Danke."

"Nicht dafür. Ich leg schon mal ein paar Sachen raus, damit ich mir deine Hand gleich nochmal anschauen kann. Hast du in Ruhe starke Schmerzen?"

"Okay. Nein, in Ruhe ist es gut auszuhalten."

Lean ließ mir auch wirklich keine Minute, um mich etwas beruhigen zu können. Bei dem Gedanken, dass er gleich wieder die Wunde an meiner Hand berühren würde, wurde meine Atmung wieder angespannter.