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Aufrufe: 375 Created: Vor 6 Monate Updated: Vor 6 Monate

Festivalgewitter mit Folgen

"Können wir loslegen?"

"Dir wird es gleich schnell besser gehen, versprochen. Ich beeil mich auch, damit du es schnell hinter dir hast", sagte Lean mit sanfter Stimme und legte für einen kurzen Moment seine Hand beruhigend auf meine rechte Schulter. "Steck deinen Arm mal noch unter den Schlafsack, dass er etwas wärmer wird. "

Dann wendete er sich den Taschen hinter meinem Kopf zu, in denen das nötige medizinische Equipment verstaut war. Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte er ein Infusionssystem in eine Infusion gestochen, die er nun mit einem Karabinerhaken an der Zeltdecke befestigte und den Schlauch entlüftete. Das Verbindungsstück hängte er in die kleine Öse neben dem Rädchen für die Tropfrate. Pflaster, Leukosilk, einzeln verpackte Tupfer, Hautdesinfektionsmittel und die orangene Viggo legte er neben meiner rechten Schulter auf einem Handtuch ab. Ein zweites Handtuch nahm er und legte es gefaltet neben mich. Dann pumpte er die Blutdruckmanschette etwas auf, die sich seit dem Blutdruckmessen immer noch an meinem Arm befand, welcher weiterhin im Schlafsack vergraben war. Es graute mir schon vor dem Moment, wo ich den Arm wieder raus in die Kälte legen musste. Lean desinfizierte sich derweilen die Hände und ich konnte den stechenden Geruch des Desinfektionsmittels riechen. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, gleich war es soweit. Hatte ich mir das gut überlegt? Ich versuchte Leans Worten Glauben zu schenken, dass es gar nicht so schlimm sein würde. Lean riss mich aus meinen Gedanken: "Ich bin soweit, können wir loslegen?", fragte er, wobei sein Tonfall eher nach einer Aussage, als einer Frage kling.

Etwas zögerlich befreite ich meinen Arm aus dem Schlafsack. Lean legte meinen Unterarm auf das neben mir platzierte Handtuch. Seine Hände waren kalt vom Desinfektionsmittel. Er strich mit seinem rechten Zeigefinger über die, durch die Stauung hervorstehende "Anästhesistenvene" an meinem rechten Handgelenk. Ich fing an zu zittern, vor Kälte und vor Nervosität. Lean sprühte Desinfektionsmittel auf mein Handgelenk. Durch die plötzliche Kälte zuckte ich leicht zusammen.

"Ganz ruhig Sophia. Tut mir leid, ich hab dich gar nicht vorgewarnt, dass es kurz kalt und nass wird", versuchte er mich zu beruhigen, während er mit dem Tupfer über die Vene strich. "Wird nochmal kalt", gab er diesmal bescheid, bevor er erneut Desinfektionsmittel auf meine Haut sprühte.

Mein Puls wurde schneller und meine Atmung flacher, was auch Lean nicht entging. Wieder berührte er mich sanft an meiner Schulter: "Atmen Sophia, atmen."

Ich nahm einen zittrigen tiefen Atemzug.

"Sehr gut", sagte Lean, während er dabei war die Braunüle aus der Verpackung zu nehmen.

"Lean, ich hab Angst", gab ich mit zittriger stimme zu, als mein Blick auf die sich nun in Leans rechter Hand befindende dicke Kanüle fiel. Ein innerer Anteil von mir wollte am liebsten den Arm wegziehen und wieder im Schlafsack verstecken.

Als hätte Lean es geahnt nahm er nun mit seiner linken Hand meine rechte fest in seine und machte routiniert mit seinem Procedere weiter. "Ich weiß Sophia, aber vertrau mir, gleich ist es geschafft. Nicht hinsehen", sagte er mit ruhiger Stimme und ich merkte, wie er die Haut an meinem Handgelenk spannte. Ich hatte meinen Kopf etwas nach links gedreht und schloss die Augen. Ich zitterte am ganzen Körper und mein Puls raste.

"Ganz ruhig Sophia. Jetzt einmal ganz tief einatmen!", sagte Lean bestimmend.

Zittrig nahm ich einen tiefen Atemzug, Leans Griff wurde noch einmal fester und dann spürte ich auch schon den Schmerz an meinem Handgelenk und zuckte leicht zusammen, mehr vor Schreck und Nervosität, als wegen des eigentlichen Schmerzes. Der Schmerz ließ schnell nach und ich spürte nur noch das unangenehme Gefühl, wie Lean den Plastikschlauch weiter in meine Vene schob. Mir wurde etwas flau im Magen. Würde ich nicht schon auf dem Boden liegen, wäre ich wahrscheinlich spätestens jetzt ohnmächtig geworden.

"Geschafft Sophia, atmen! Tief und ruhig atmen, dann geht es dir gleich wieder besser", gab Lean mir zur Aufgabe, während er die Luft aus der Blutdruckmanschette entweichen ließ und anschließend die Pflaster fixierte und die Infusion anschloss.