Der Nachbar ist Zeuge

Akt 4

Sandrine muss nicht lange warten, bis ihre weißbeschürzte Tante zurück in das Wohnzimmer tritt. Was diese, neben dem Deckel für die Schüssel, auf einem kleinen Edelstahltablett wie eine Monstranz vor sich herträgt, würde Sandrines verzweifelt gedachte Frage beantworten – könnte sie es nur in nach vorn gebückten Haltung sehen.

Nun, darauf liegen, metallisch Ton in Ton, zwei in Aluminiumfolie gehüllte Formen, die an junge Fichtenzapfen erinnern. Der eine Zapfen ist etwas länglicher, gestreckter, geduldig sich an einem Ende zu einer konturierten Spitze verjüngend. Der andere ist kürzer, gestauchter, hinten voll und bauchig, vorne eher stumpf als spitz. Frau Winterschwang nennt die von ihr zunächst liebevoll als Prototypen modellierten und nach vielem Versuch und Irrtum optimierten glitzernden Brüder – sie hat das Alter dafür – "Pat und Patachon". Wir erkennen auch hier ihren Hang zur Gründlichkeit.

Nicht nur die Ingridenzien sind für sie entscheidend, nicht nur die fein austarierte Rezeptur, die das Resulat langen Suchens war, wobei sie Wert auf die richtige Balance von für die Handhabung wichtige Festigkeit und die für kontinuierliche Abgabe der Wirkstoffe wichtige Schmelzzeit legte. Nein, ganz nach dem Prinzip "function follows form" wollte sie, dass schon das Antlitz bei potentiellen Rezipienten (vielmehr Rezipientinnen) seine erste Wirkung tut und der Akt des Einführens, die Überwindung des Schließmuskels seine Zweite. Erst an dritter Stelle, aber trotzdem unbestritten wesentlich, steht dann die eigentlich Funktion dieser Zapfen: Das Lösen und Abführen.

Wenn ich hier aus meiner Gucklochwarte von "Zapfen" spreche, dann erregt das bestimmt die Neugierde. Wie groß sind diese hausgemachten Suppositorien? Tatsächlich lässt sich bei ihnen die Verkleinerungsform "Zäpfchen" wahrlich nicht anwenden. Vielleicht kommt der Vergleich mit einer halben Zigarre ("Pat") und einem kleinen Buttplug ("Patachon") ihnen am nächsten.

Nachdem der Deckel seine Schüssel gefunden hat, und während Frau Winterschwang die beiden Gesellen nun bedächtig routiniert aus ihrer Aluminiumhülle befreit, so wie man früher Bonbons ganz nebenbei aus dem Papier gewickelt hat, redet sie wie ausgetauscht fast im Plauderton auf ihre Nichte von oben herab ein.

"Du hast Dich angestrengt, das ist löblich und das will ich Dir anrechnen. Ich weiß ja, wie schwer das alles für Dich sein muss. Du kommst zu mir, bist von der Reise erschöpft, Du fieberst ein wenig und dann erlebst Du für Dich unverständliche Dinge. Aber glaube mir, ich will nur Dein Bestes, wir wollen doch beide Dein Bestes, nicht wahr? Du bist doch meine kleine Nichte Sandrine, und Deine Eltern haben mich beauftragt, mich um Deine besonderen Probleme zu kümmern."

Doch lassen wir uns nicht täuschen. Der leise Plauderton ist nur Fassade, dahinter steckt weiterhin die Strenge und Unnachgiebigkeit einer Frau, die eine Mission zu glauben hat. Schon liegen die beiden beige-speckigen Brüder auf dem Tablett bereit, schon hat sie ihren rechten Zeigefinger mit Vaseline präpariert.

"Du hast es versucht, ja, das kann ich Dir nicht absprechen. Aber hast Du es mit aller Kraft versucht? Oder gibt es in Dir Widerstände, die es zu überwinden gilt? Ich gebe Dir jetzt eine weitere Chance: Du bekommst ein Zäpfchen, ein Spezialzäpfchen aus meiner Hausapotheke, das wird Deine Hemmnisse hoffentlich auflösen. Und dann versuchen wir es noch einmal über der Schüssel. Hast Du das verstanden?"

Sandrine, für uns aus unserer Warte weiterhin nur klaffender Po und rosige Vagina, antwortet piepsig: "Ja, Tante, ich habe das verstanden."

"Dann schau einmal, ich lasse Dir die Wahl", redet Frau Winterschwang weiter und hält ihrer Nichte das Edelstahltablett vor die Nase.

Die Augen Sandrines müssen sich weiten, im Angesicht dessen, was ihr, der rekalen Novizin, der Neophytin auf diesem Gebiet präsentiert wird. Davon gehen wir aus, hören wir sie doch ihr Erschrecken. "Aber… aber… die sind ja so groß… aber… das ist ja unmöglich…" Es ist ein Erschrecken, welches sie die angekündigte anschließende Prozedur über der Schüssel für den Augenblick vergessen lässt.

Die Tante fährt dazwischen: "Ob etwas unmöglich ist oder nicht, hast Du nicht zu entscheiden. Du sollst Dich nur zwischen den beiden da entscheiden – sonst mache ich das!"

Für Sandrine muss es die Wahl zwischen Pest und Cholera sein. Jedes der beiden Zäpfchen übersteigt ihre Vorstellungskraft, jedes sieht aus wie ein speckiger, bedrohlicher Wüstling, der unnachgiebig in sie eindringen soll. Schon wieder sind wir Zeuge, wie sich vor Angst und Verzweiflung ihre bräunliche Hinterpforte zusammenzieht, wie die junge Frau versucht, ihren Po zu senken, um Klaffendes zu schließen. "Was ist das für eine Wahl, wenn ich keine Wahl habe?", ist vielleicht ihr einzig rationaler Gedanke, um dann wieder in Panik zu verfallen und schließlich zu hauchen: "Das… das Längliche… bitte…"

Ganz anders Frau Winterschwang. Ihr steht der Triumph und die Befriedigung in das Gesicht geschrieben: Die Zäpfchen wirken bereits durch ihren äußeren Anschein, durch "ihre Aura", wie sie es nennen mag. Denn ja, auch wir haben gehört, wie die Nichte "bitte" sagte.

"Dann hoch mit Deinem Hintern und ihn fleißig rausgestreckt!", ruft die Tante und ergänzt unheilsvoll: "Jetzt wirst Du lernen, warum Dein Hinterausgang auch Hintereingang heißt."

Was folgt, ist das weitere Aufspreizen der nach Geheiß "fleißig" herausgestreckten Pobacken mit Daumen und Zeigefinger der linken und der salbende Finger der rechten Winterschwangschen Hand – übrigens handschuhlos, aber wie nun schon gewohnt gründlich, nicht nur mit kreisenden Bewegungen den Strahlenkranz des vorgesehenen Penetrationszieles bedenkend, sondern die fettige Masse auch mit leisem Druck durch den Sphingter ihrer Nichte schiebend. Was folgt, ist Sandrines Gejammer, ihre Tränen auch, ihr Schniefen und ihr Zucken, ihr Zittern und ihr Winden und ihre Hände, die die Rücklehne ihres Marterstuhles umfassen. Was folgt ist die Spitze des Zäpfchens, der der armen Sandrine ein Zapfen ist, was folgt ist "Aaah, das ist zu groß...! und "Aiii, ist das kaaaalt!". Was folgt ist Druck und Gegendruck, ist Dehnung und Überwindung, ist Aufgabe und Aufnahme. Was folgt, sind die psalmosierenden Worte der Tante, die die Lektion begleiten.

Einmal, der halbe Weg ist endlich geschafft, hält Frau Winterschwang inne. Wir sehen, wie der fettig-glänzende "Pat" öbszon aus Sandrines Anus ragt, dann, kurz bevor er in ihrem Darm verschwindet, noch einmal Pause. Ein für uns hübsches Spiel beginnt: Die zum weiten O geöffnete Rosette ist vom Beige des Suppositoriums gefüllt. Ohne den Gegendruck des autoritären Finger schiebt es sich langsam wieder aus Sandrine heraus. Wir wissen, sie kann gar nichts dagegen tun, die Natur will es so, sie will dem Eindringling den Einlass verwehren. Frau Winterschwang, offenbar erfahren genug, kennt den Zeitpunkt, wann aus dem Herausschieben ein Herausschießen wird und drückt den kakaobuttrigen Zapfen wieder zurück.

Wir ahnen, was die Tante mit dem künstlichen Verlängern des Einführens bezwecken will. Ihre Nichte soll den Kontrollverlust schon zu Beginn der abführenden Prozedur spüren. Eine Prozedur, die darauf angelegt ist, unweigerlich zum Crescendo, zum völligen Verlust der Beherrschung des eigenen Körpers zu führen.

Aber noch ist es nicht so weit. Denn erst jetzt verschwindet der Invasor endgültig, wird verschluckt von Sandrines Anus, nicht ohne vom energischen Zeigefinger der Tante bis in das tiefe Innere des Darms und von einem spitzen Schrei der Nichte begleitet zu werden. Wundern wir uns über Frau Winterschwang, die bei dieser Handlung offenbar ihren Sauberkeitszwang vergessen hat? Ja, das tun wir. Aber kaum ist der Finger aus dem Loch herausgezogen, sagt sie: "Ich gehe mich jetzt von Deinem widerlichen Schmutz säubern. In der Zeit kann sich die Wirkung unserer Medizin in Dir entfalten. Du bleibst derweil in dieser Position und wirst über Deine Situation nachdenken. Keinen Mucks will ich hören, und wehe, Du hälst Dich nicht zurück! Hast Du verstanden?"

"Ja, Tante."

Oftmals ist dieses Wörtchen "ja" leichtfertiger ausgesprochen, als man es einhalten kann. Nachdem Frau Winterschwang fort ist, um Hygiene an sich selbst walten zu lassen und wohl auch, um diesem Akt die richtige Länge bis zum Höhepunkt zu geben, breitet sich wieder Stille im Nachbarraum aus. Nichts scheint zu passieren, nur die Uhr tickt vernehmlich und ab und zu knarzt das braune Leder, wenn unsere nackte Hauptdarstellerin ihr Gewicht von einem Knie auf das andere verlagert.

Fangen wir, die Zuschauer, uns an, zu langweilen? Stumpfen wir ab, haben wir uns sattgesehen an der Blöße der Protagonistin? Oh nein! Ich für meinen Teil hinter dem Guckloch, ich der Nachbar und Zeuge des unerwarteten Bühnenstücks bin so aufmerksam, wie zu Beginn. Zumal das Knarzen des Leders nun häufiger und lauter wird und die gerade noch folgsame Nichte beginnt, zu seufzen, erst leise, dann lauter und aus dem Seufzen ein Stöhnen wird.

Wir wissen: Die Wirkung hat eingesetzt! Die von Frau Winterschwang ausgebrachte Saat geht auf.

Noch kann Sandrine den einsetzenden Drang aushalten, noch wagt sie es nicht, sich stärker zu bewegen, hat ihre Tante ihr doch befohlen, "so" auszuharren. Aber dann lässt ein Krampf sie aufbäumen, eine ihrer Hände wandert unwillkürlich zu ihrem hinteren Löchlein, dann noch ein Krampf, dann noch einer. Wir verfolgen den Kampf dieser heroischen Frau gegen sich selbst, wollen sie anspornen und wissen doch, dass sie ihn nicht gewinnen kann. Wir haben Mitleid, fiebern mit ihr, spüren ihr Rumoren in uns selbst, ihren Drangsal, ihr mächtig und mächtiger werdendes Bedürfnis, sich zu öffnen und sich zu befreien. Noch ein Krampf, noch ein Zittern. Ihr Körper hebt und senkt sich, wir sehen, wie sehr es sie anstrengt, wie sehr sie um ihre Kontrolle kämpft. In ihr herrscht brennendes Verlangen, aufzugeben, abzugeben, brennend nicht tief im Gedärm, sondern nah am Ausgang, wo das eingeführte Medikament löst und wirkt und Verdichtetes unhaltbar macht. Dann ein Ruf, sie ruft nach ihrer Tante, wie sie nach ihrer Mutter rufen würde – doch es ist zu spät. Eine zähflüsse Vorhut hat ihren Darm verlassen. Es ist Weniges nur, aber für die hereinstürzende Frau Winterschwang ist das Wenige schon zu viel.

"Waaaaaas erlaubst Du Dir!", schreit sie und hebt den Deckel von Schüssel.

Ist es theatralisch? Ist es ernst?

"Wie kannst Du es nur wagen, hier irgendetwas ohne meine Erlaubnis zu tun?"

Aber ach, was Sandrine vorhin noch so beschämte, ist nun auch nicht durch das – gespielte – Entsetzen der Tante aufzuhalten. Ein paar Mal drückt es, ein paar Mal öffnet sich die Pforte, ein paar Mal pladdert und platscht Weiches und Festes unter den heruntergestreckten Pobacken in die wartende Porzellanschüssel. Dann ist allem Anschein nach dieses Creszendo vorbei.

"Ich wollte es nicht tun", heult Sandrine. "Ich wollte es wirklich nicht." Und sie heult, weil sie vor ihrer aufgebrachten Tante Angst hat, und wir glauben, auch weil ihr die nächste Stufe der Herabwürdigung durch diesen Kontrollverlust gewahr wird.

"Und warum hörst Du jetzt einfach auf? Das ist doch nicht alles, was Du in Dir hast!", unterbricht die Weißbeschürztes sie mitleidlos, jetzt ihre rechte Hand an ihrem Po und ihn unmerklich zurück in Position über die Schüssel dirigierend.

"Ich durfte doch nicht, ich dachte… ich…"

"…aber gehalten hast Du Dich nicht dran, oder willst Du etwas anderes behaupten mit all diesen… diesen Spuren an Dir? Also weiter jetzt!"

Doch es gibt kein weiter. Frau Winterschwang, wir durften ihren Gedanken ja folgen, hat es prognostiziert. "Pat" hat sich in Sandrine verausgabt und konnte trotz seiner Größe nichts Endgültiges ausrichten. Für die arme Nichte, genauer: für ihren armen Darmausgang, der sich wie befohlen anstrengt, ist es ein aussichtsloses Unterfangen – bis unsere Regisseurin das Drama abbricht.

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Rotzhodern Vor 4 Monate  
Rotzhodern Vor 4 Monate