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Artenvielfalt

3. Im Wartezimmer

Das Wartezimmer war gepflegt, aufgeräumt und wie eine typische Wartezone eingerichtet. Die Stühle mit Ihren komfortablen und blau bezogenen Sitzschalen standen an den weißen Wänden nebeneinander. In der Mitte des Raumes stand ein größer ovaler Couchtisch, auf dem verschiedene Zeitschriften lagen. Bei vielen davon drehte es sich um Sport. Sabrina nahm sich eine davon und fing an, in der Zeitschrift zu blättern. In dem Moment öffnete sich die Glastür des Wartezimmers und eine der anderen Mitarbeiterinnen von der Annahme erschien im Raum. Sofort überkam Sabrina ein Gefühl von Aufregung, das sie bei Arztbesuchen immer hatte. Aber dieses Mal war es irgendwie intensiver. Von ihrer Mitte ausgehend, wie aus ihrem Herzen heraus, überrollte es in einer Welle den Rest ihrer Körpers.

Es war dieser Moment, bei dem man sich fragte, ob man jetzt dran kommt; ein kurzer Moment, der einem klarmachte, dass es ab hier kein Zurück mehr gibt. Der Schreck währte nur von kurzer Dauer. Denn die Mitarbeiterin wandte sich sofort dem Mann zu, der mit seinem Handy beschäftigt war. Sie übergab ihm einen Zettel, den sie mitbrachte. „So, Herr Maurer, hier ist ihr Rezept.“ Sie hielt es dem Mann selbstsicher entgegen.

„Dankeschön“, bedankte sich der Mann, stand auf und verließ mit der Mitarbeiterin das Wartezimmer, so dass jetzt nur noch die die junge Frau, Sebastian und Sabrina im Wartezimmer saßen. Sabrina schaute zu ihr hinüber. Sie war wieder mit der Zeitschrift beschäftigt. Dann blickte sie rüber zu Sebastian. Er schaute sie bereits an und lächelte kurz, als sich ihre Blicke trafen. „Wusste gar nicht, dass du dich auch angemeldet hattest!“ sagte er. Sabrina zögerte kurz. „Ja“, sagte sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. Es lenkte sie ein wenig ab, dass Sebastian sie ansprach. Das Gefühl der Nervosität, das sich soeben mit dem Erscheinen der Mitarbeiterin einstellte, legte sich etwas. „Du auch hier?“ „Ja“, erwiderte Sebastian. „Mein Trainer hat es uns allen empfohlen. Heute bin ich dran.“

Sabrina wusste, dass Sebastian Fußball spielte. Er war stämmig gebaut, groß, schlank und hatte dunkles Haar. Sebastian sah eigentlich ganz gut aus, dachte sie. Komisch, dass ihr das vorher nie auffallen wollte. Nie hatte sie sich wirklich für ihn interessiert. Warum eigentlich nicht, kam es ihr in den Sinn. „Mal gucken, was gleich so kommt“, fügt Sebastian hinzu.

Die junge Frau mit der Zeitschrift schaute kurz auf und registrierte die Unterhaltung. Es schien, wie als wenn sie interessiert war, blieb aber still. Das kurze Gespräch mit Sebastian beruhigte Sabrina etwas. Sie schaute sich ein wenig um, registrierte ein modernes Acrylbild an der Wand und vergaß beinahe, dass sie selbst eine Zeitschrift in der Hand hielt. Wie er sich jetzt wohl fühlt, dachte sie. Ob es für Sebastian genau so unangenehm sein wird wie für sie? Sabrina war sich nicht sicher. Sebastian machte zumindest den Eindruck, dass das alles hier gar nicht so schlimm zu sein scheint. Sie blätterte ein paar Seiten im Magazin, ohne wirklich darin zu lesen. Denn sie war eigentlich viel zu aufgeregt.

Durch die Milchglastür des Wartezimmers erkannte Sabrina, dass sich erneut jemand der Tür näherte. Gespannt schaute sie hin und vergaß das Drumherum. Dieses Mal aber reagierte Sabrinas Körper etwas entspannter. Die Tür öffnete sich, und es erschien Frau Schenke von der Anmeldung. „Sebastian, kommst du bitte einmal mit?“ Frau Schenke blieb in der Tür stehen. Sebastian legte die Zeitschrift beiseite und stand auf. „Ja, ich komme“, sagte er. Beim Aufstehen lächelte er Sabrina kurz an und begab sich dann zur Tür, wo Frau Schenke auf ihn wartete. Sie machte ihm ein wenig Platz, ließ ihn vorbei und schloss hinter sich die Tür. Sabrina hörte gerade noch, wie sie zu Sebastian sagte, dass er zum Untersuchungszimmer 3 gehen sollte. Dann wurde es wieder etwas stiller.

Sabrina bemerkte, dass die junge Frau, mit der sich nun allein im Wartezimmer befand, zu ihr herüberschaute und lächelte. „Auch zur sportmedizinischen Untersuchung hier?“ fragte sie. „Ja“, antwortete Sabrina wieder etwas zögerlich. „Das erste Mal?“ Sabrina nickte. „Dann ist das jetzt bestimmt alles noch sehr aufregend“, ergänzte die Frau. Sabrina hatte eigentlich gar keine Lust sich über die bevorstehende Untersuchung zu unterhalten. „Es ist schon meine dritte“, sagte die Frau. „Ich bin Heike.“ Heike lächelte freundlich zu ihr herüber. „Sabrina.“ Heike schien ihr sympathisch. Sie wirkte sehr selbstbewusst und hatte diese Ausstrahlung, vor der Sabrina immer Respekt hatte. Modisch zielstrebig, mutig und offen. Eine Frau, die bestimmt schon viel erlebt, aber auch geschafft hatte, dachte sie. „Warum bist du hier?“ fragte Sabrina sie. „Ich lass mich seit ein paar Jahren regelmäßig durchchecken.“ Eine Antwort, mit der Sabrina ganz und gar nicht gerechnet hatte. Sie wird ein wenig unsicher, aber auch neugierig zugleich. Sich so oft einem Arzt auszuliefern, war ihr fremd. Es vergingen einige Sekunden.

„Was wird denn bei so einer sportmedizinischen Untersuchung alles gemacht?“ fragte Sabrina. Heike und legte ihre Zeitschrift an die Seite, die sie die ganze Zeit in der Hand hielt. „Erst musst du zu einer kleinen Eingangsuntersuchung. Die ist in etwa vergleichbar mit einer Untersuchung beim Hausarzt. Da ziehst du dich erst bis auf die Unterwäsche aus, dann wirst du gemessen, sie nehmen dein Gewicht und messen zum Beispiel auch Puls und Blutdruck. Anschließend untersucht dich der Arzt kurz körperlich. Er horcht zum Beispiel die Lunge und dein Herz ab, dann wirst du noch abgetastet.“ Sabrina merkt, wie ihr das Blut ins Gesicht schießt. Mit solcher Offenheit und so vielen Details hatte sie nicht gerechnet. Dennoch schöpfte sie Vertrauen und fragte weiter. „Und was passiert bei den weiteren Untersuchungen?“ „Bei der eigentlichen Sportuntersuchung kommt nachher ein EKG. Damit wird dein Herz nochmal genauer untersucht. Du bekommst Elektroden auf die Brust, und dann wird die Leistung gemessen. Dabei sitzt du auf einem Sportgerät und trittst in die Pedalen.“

Sabrina überlegt kurz und erinnert sich an das Fitness-Center. Dort saß sie mal auf so einem Ding, dachte sie. Ihr fiel ein, dass es auch recht anstrengend war. Eine angenehme Untersuchung wird das wohl nicht werden, schoss es ihr durch den Kopf. In diesem Moment sah sie, wie sich ein Schatten der Wartezimmertür näherte.

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Seany Vor 2 Jahre  
Arzthelfer Vor 2 Jahre 2  
Seany Vor 2 Jahre 1  
Sunfun Vor 2 Jahre 1