6 members like this


Aufrufe: 1844 Created: 2020.11.23 Updated: 2020.11.23

Bella Italia

Teil 1

Gina arbeitet in einer großen Mailänder Modefirma im gehobenen Management und ist viel unterwegs. Gerade hat sie sehr erfolgreich einen Deal in Bari abgeschlossen und fährt gut gelaunt in ihrem Alfa Romeo die weite Strecke Richtung Heimat. Leider ist sie erst am Nachmittag weggekommen, musste sich zunächst durch den Berufsverkehr Baris kämpfen und befindet sich nun im nördlichen Apulien. Übermütig fährt sie mit offenem Verdeck und singt laut die Lieder aus dem Autoradio mit. Langsam wird es etwas kühl und Gina spürt auch aufkommende Müdigkeit. Daher beschließt sie bei einem Nest namens Torremaggiore von der Autostrada abzufahren und hier zu übernachten. "Wenn ich morgen zeitig losfahre, kann ich am frühen Nachmittag in Mailand sein und noch ein paar Stunden arbeiten", denkt sie bei sich.

Gina checkt in einer Pension ein - miserable Unterkunft, ist aber nur für eine Nacht - entledigt sich ihres Businesskostüms und geht ins Bad. Mittlerweile fühlt sie sich müde und auch etwas schlapp und kränklich. "Vermutlich hätte ich besser das Verdeck zugemacht. Ich weiß doch genau, dass ich den Zug nicht allzu gut vertrage. Immerhin haben wir doch erst Anfang Mai."

Gina hat keine Kleidung zum Wechseln mit, da sie nicht mit einer Übernachtung gerechnet hatte. Sie wäscht ihre Unterwäsche mit Seife im Waschbecken aus und hängt sie auf. Sie kramt in ihrer Handtasche, wo sie zumindest eine Not-Zahnbürste und eine Not-Strumpfhose findet. Sie legt die verpackte Strumpfhose für den nächsten Morgen bereit, danach putzt sie sich die Zähne.

Nach dem Duschen fühlt sie sich etwas besser und betrachtet sich zufrieden im Spiegel. Die langen, blonden (okay, da wurde natürlich mit Farbe etwas nachgeholfen) Haare, die gebräunte Haut, die langen Beine, der flache Bauch, die festen Brüste. Die 32-Jährige ist mit sich zufrieden - das beinah tägliche Fitnessprogramm nach der Arbeit scheint sich auszuzahlen. Plötzlich muss sie husten, ja, sie bekommt einen regelrechten Hustenanfall. Ihr ist auch ziemlich kalt und sie spürt ihren Hals. "Ich hole mir lieber etwas aus einer Apotheke. Eine Verkühlung oder so etwas kann ich momentan gar nicht brauchen." Gina blickt auf die Uhr. Es wird gleich acht Uhr abends. Kein Problem, das Alltagsleben in dieser Gegend läuft mindesten bis 21 Uhr. Vorher macht sicher kein Laden dicht. Mangels Alternativen zieht Gina also die neue Strumpfhose ohne etwas drunter an und muss auch auf einen BH verzichten. Noch schnell das Kostüm angezogen und los geht es.

Als Gina auf der Straße nach einer Apotheke fragt, wird sie freundlich darauf hingewiesen, dass in Torremaggiore nur der Arzt selber eine Apotheke in seiner Praxis habe. Man bekommt Medikamente also nur bei ihm. Es sei aber kein Problem, denn der Arzt ordiniere jeden Tag bis 21 Uhr und das Gebäude sei gleich um die Ecke. Als Gina dort ankommt, ist sie doch recht verwundert, denn das Gebäude gleicht eher einer Baracke. Seit Jahrzehnten ist hier nichts renoviert oder gar modernisiert worden. Gina tritt ein und wird von einer dicklichen, älteren, aber durchaus freundlichen Krankenschwester empfangen. "Sie brauchen etwas gegen Husten und Halsschmerzen? In Ordnung, der Doktor wird Sie gleich empfangen. Sie sind offenbar ohnehin die letzte Patientin." Gina setzt bereits zum Protest an. Sie wolle doch eigentlich nur ein paar Halswehtabletten und einen Hustensaft - doch da geht die Tür auf und eine männliche Stimme ruft autoritär: "Der Nächste, bitte". Die Schwester bedeutet ihr mit den Augen, dass sie eintreten möge und Gina denkt: "Was soll's?"

Der Arzt, den Gina antrifft, passt haargenau zu dem Gebäude. Sicher 70 Jahre alt, antiquierte Krankenkassenbrille, strenger Scheitel. Er wirft einen Blick auf Gina und fragt unvermittelt: "Was fehlt dir?" Wieder ist die Mailänderin überrascht. Von einem Fremden geduzt wurde sie schon lange nicht mehr. Aber dieser alte Herr gehört wohl zu der Sorte Menschen, die jeden, der deutlich jünger aussieht als sie selbst, einfach duzen. "Naja, Dottore, ich spüre ein Halskratzen und habe etwas Husten und dachte ...". "Mach dich oben herum frei!" unterbricht sie der Arzt. Die Anweisung ist knapp und unmissverständlich. Gina traut sich nicht zu widersprechen und knöpft ihren Blazer auf. In dem Moment bemerkt sie, dass sie keinen BH trägt. Es ist ihr sehr peinlich, aber nun hat sie schon einmal begonnen. Sie legt den Blazer auf die Behandlungsliege. Einen Augenblick später steht sie mit entblößter Brust vor dem Arzt. Dieser nimmt die Situation aber gelassen und meint nur. "Setz dich." Gina nimmt das Abgebot gern an und setzt sich auf einen Hocker. So fühlt sie sich auch weniger auf dem Präsentierteller. Der Arzt beginnt sie abzuhören, am Hals abzutasten und am Rücken und auf der Brust abzuklopfen. Im Gegensatz zum kalten Stethoskop sind die Hände des Arztes warm und gar nicht so unangenehm. Die Handgriffe der Untersuchung wirken geübt und gekonnt. Der Arzt, mag er auch etwas museal wirken, versteht etwas von seinem Handwerk und man kann ihm wohl vertrauen. Gina schließt die Augen. "Huste, jetzt!" kommt die Anweisung. Ein bisschen kommt sich Gina vor, wie wenn sie noch ein Kind wäre. Man muss tun, was der nette Onkel Doktor sagt. Aber Gina ist heute eine erwachsene Frau und über sich selbst erstaunt, dass ihr die ungewohnte Situation und die professionelle, eher sanfte Untersuchung ein recht behagliches Gefühl bereitet. Ihre Brustwarzen sind hart geworden.

"Da ist eine Lungenentzündung im Anmarsch. Vielleicht können wir sie noch aufhalten. Ich werde dir Penicillin geben. Zweimal am Tag. Fünf, sechs Tage wird die Kur schon dauern." Gina - jäh aus ihren Gedanken gerissen - öffnet die Augen wieder. Der Arzt dreht sich um und beginnt etwas zu schreiben. Dann ruft er die Schwester und reicht ihr den Zettel. Diese nimmt ihn wortlos entgegen und verlässt den Raum wieder. "Danke, Dottore", sagt Gina anständig. Sie überlegt kurz, ob sie ihn auch duzen soll, verwirft den Gedanken aber schnell wieder. "Ich könnte derzeit wirklich keine Lungenentzündung brauchen. Gut, dass Sie die Symptome erkannt haben. Wissen Sie, ich komme aus Mailand ..." Gina taut etwas auf und beginnt ein wenig zu erzählen. Dabei steht sie auf und geht zur Liege, wo ihr Blazer liegt. "Ich nehme an, ich kann mich wieder anziehen?", sagt sie dann beiläufig. "Oben herum schon. Du kannst inzwischen aber auch schon deinen Rock ablegen und dich auf die Liege begeben." erklärt der Arzt wie selbstverständlich.

"Was soll das???" schießt es Gina durch den Kopf. In diesem Moment öffnet sich die Tür und die Krankenschwester betritt wieder den Raum. In ihrer Hand hält sie ein Tablett mit einer großen Spritze. Gina bekommt weiche Knie und beginnt eins und eins zusammenzuzählen. Während sie von einem Penicillin-Saft ausgegangen war, meinte der Arzt wohl Penicillin-Spritzen. Was hat er gesagt. Zweimal am Tag, fünf oder sechs Tage lang. Wie benommen lässt Gina sich auf die Liege gleiten. "Nanu, du bist so blass. Es geht dir wohl doch schlechter, als du denkst?" meint der Arzt und es ist beinahe etwas Väterliches, Sorgenvolles in seiner Stimme. Der Mann hat etwas an sich, dass bei Gina eine eigenartige Wirkung auslöst. Wie ein Kind, traut sich die taffe Blondine plötzlich nicht zu widersprechen. Daher protestiert sie auch jetzt nicht, sondern stammelt nur: "Ich denke gerade, dass ich mir dann wohl für ein paar Tage ein Zimmer nehmen muss, damit ich zweimal täglich vorbeikommen kann."