Shirika


Aufrufe: 948 Created: 2007.07.07 Updated: 2007.07.07

Windelwochenende

Kapitel 3 - Marisa

Pah, soweit kommt es noch dass ich mir in die Hosen pinkel, dachte ich. Was denken sich die Herren? Ich werde sehen, wie weit ich komme. Ich werde jedes Zimmer in diesem Haus abklappern. Irgendwo muss es ja ein Klo geben.

Ich ging von Tür zu Tür. Alles fand ich. Von einem Masageraum, bis zur Küche hatte ich je­den Raum gefunden, aber kein Zimmer, dass etwas wie eine Toilette beinhaltete. Mittler­weile kniff ich mir schon die Beine zusammen. Es wurde immer dringender. Und ich war mir nicht mehr so sicher, die Windeln immer noch ausschlagen zu wollen.

Doch heute war nicht mein Tag. Der Pollenflug war sehr stark gewesen und es kribbelte schon einige Zeit in meiner Nase. Es war nur noch eine Sache von wenigen Sekunden, bis ich niesen musste. Und wenn dies geschah, dann blieb mir nichts anderes übrig, als die Windel in Anspruch zu nehmen. Und schon passierte es. Mit einem lauten „Hatschie“ konnte ich den Druck in meiner Blase nicht mehr halten. Ich hörte, wie mein Urin in die Windel schoss und spürte, wie es warm und feucht in der Windel wurde. Ich hielt mich an dem Geländer der Veranda fest.

Ich merkte, wie sich die Windel voll saugte und immer dicker wurde. Durch die Gummiho­se, die man mir angezogen hatte, drückte das Fleece, der Windel gegen meinen Kitzler. Unwillkürlich verspürte ich den drang dort hin zufassen. Ich konnte die weiche und gut ge­füllte Windel, durch die Hose, ertasten. Jeder Druck den ich von außen mit meiner Hand ausübte machte mich erregter. Ich knetete immer mehr, bis ich zum Höhepunkt kam. Ich hielt mich mit einer Hand am Geländer fest und mit der anderen massierte ich die Windel. Ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass mir nicht auffiel, dass mir jemand bei dem Ganzen zu sah. Ein Räuspern unterbrach das unerwartete Abenteuer. Ich erschrak zu Tode und sah dem Zuschauer ins Gesicht.

„Nicht doch. Ich tu ihnen nichts“, sagte einer der Herren von vorhin mit sanfter Stimme. Verlegen versuchte ich mich seiner Blicke zu entziehen. Ich merkte, wie mir immer heißer wurde. Bestimmt war ich so rot wie eine Tomate.

„Ich wollte nach ihnen sehen und fragen, ob sie eine Toilette gefunden haben.“, sprach der Herr weiter. Ich vermutete, dass er nicht mitbekommen hatte, dass ich eben gerade einen Mörder Orgasmus hatte, geschweige denn, dass ich eine nasse Windel trug.

„Nein, ich muss sie enttäuschen, ich habe keine Toilette gefunden.“, sagte ich. Ich traute mich wieder ihn anzusehen. Er hatte wunderschöne dunkel graue Augen. Er grinste mich an. Hatte er es etwa doch bemerkt?

„Das ist schade. Ich dachte sie hätten vielleicht mehr Glück gehabt als ich.“, erklärte er. Glück schon, dachte ich mir, aber nicht beim Suchen. Ich grinste bei meinem gedanklichen Wortspiel.

„Aber wie ich sehe, sind sie erleichtert,...“, sagte der nette Herr vor mir. Erleichtert? Was sollte das jetzt?

„Wie meinen sie das?“, fragte ich skeptisch.

„Naja, vorhin waren sie sehr Wortkarg und jetzt haben sie schon mehrere ganze Sätze von sich gegeben. Daher vermute ich, dass sie einen Weg gefunden haben, sich zu erleich­tern.“, erklärte er. Hmm, ob er es doch wusste?

„Ja, ich habe einen Weg gefunden, aber ich wüsste nicht, was sie das etwas angeht.“, sagte ich schroff. Er sah mich irritiert an.

„Ich wollte ja auch keine Einzelheiten darüber. Ich wollte lediglich sagen, dass sie mir entspannt besser gefallen.“, er grinste. Was war dass denn für eine Anmache?

„Hören sie mal Herr,...“, ich hatte seinen Namen vergessen.

„Ich heiße Markus.“, sagte er und war gespannt, was ich zu sagen hatte.

„Also gut Markus. Ich sage es ihnen nur ein einziges Mal. Ich bin nicht hier um eine Män­nerbekanntschaft zu machen. Ich wollte nur einen Urlaub machen. Nicht mehr und nicht weniger. Und wenn ich gewusste hätte, was mich hier erwartet, dann wäre ich erst gar nicht her gekommen.“, erklärte ich ihm leicht schnippisch.

„Ach so ist das. Gefällt es ihnen hier nicht? Ich meine dieses Haus hat doch alles, was man sich vorstellen kann. Einen Pool, einen wundervollen Garten, super gutes Essen, eine Sauna und vieles mehr. Alles was das Herz begehrt.“, schwärmte er und lehnte sich an das Geländer und lies seinen Blick über den Garten schweifen.

„Alles was das Herz begehrt!?“, wiederholte ich ungläubig.

„Also noch vor zehn Minuten, war mein größter Wunsch eine Toilette. Es gibt hier also doch nicht alles, was das Herz begehrt!“, stellte ich fest.

„Ist das denn so wichtig?“, fragte er mich und sah mir tief in die Augen.

„Ist es wichtig, dass man sich den Stress macht eine Toilette zu suchen, obwohl man eine Windel an hat?“, wollte er wissen. Ich überlegte. Eigentlich hatte er ja Recht. Ich bin hier um mich zu entspannen und habe doch wieder nur Stress gehabt. Und warum? Weil ich den Sinn hinter diesem Haus nicht verstanden habe. Und die Einfachheit nicht erkannt habe.

„Sie haben Recht.“, sagte ich. Er sah mich grinsend an. Er ging von der Veranda in den Garten.

„Ach, und was ich ihnen noch sagen wollte,...“, sagte er und drehte sich noch ein mal zu mir um. Gespannt wartete ich.

„In einer vollen Windel haben sie einen tollen Hintern.“, sagte er und führte seinen Weg fort. Er hatte es bemerkt. Und wieder lief ich rot an.

Ich war so irritiert, dass er das zu mir sagte, dass ich total vergaß ihm einen Konter hinter­her zu rufen. Aber war das nötig? Ich überlegte kurz. Nein, eigentlich nicht. Langsam aber sicher begriff ich, dass ich mir selbst mehr Stress machte, als alle Anderen um mich her­um. Wieso sollte ich mir die Arbeit machen, ihn wegen eines Satzes dumm an zumachen? Man kann es doch einfach so stehen lassen. Er findet meinen Hintern toll. Das ist doch schon mal etwas.

Und so stand ich auf der Veranda und dachte über mein Verhalten nach, dass ich so an den Tag legte. Und wie ich mein Leben ruhiger gestalten könnte. Und langsam kam die Er­kenntnis, dass dieser Urlaub mehr war, als nur Erholung.

Doch wie ich so am nachdenken war, fiel mir auf, dass ich in meinen Gedanken immer wieder bei Markus landete. Dieser Mann war anders. Er war tiefsinnig. Er hatte etwas an sich, dass mir bisher noch bei keinem aufgefallen war. Und ich entschied mich nicht dafür zu schämen, dass er mich beobachtet hatte. Nein, eher dankbar zu sein. Ohne ihn wäre mir nie bewusst geworden, dass ich meine Sichtweise grundlegend ändern musste. Er­staunlich, wie falsch man doch liegen kann. Ich seufzte Gedanken verloren.

Er hatte Recht. Hier gab es alles was das Herz sich wünschte. Erst jetzt bemerkte ich die Schönheit des Hauses und des umliegenden Gartens.

Mein Horizont hatte sich erweitert. Ein Eichhörnchen kletterte vom Baum, sprang über den Rasen und kletterte an nächsten Baum wieder hinauf. Sein Fell hatte eine schöne rotbraune Farbe.

Und zum ersten mal bemerkte ich, dass Ruhe nicht gleich Stille bedeutete. Ich war zum ersten mal seit langem ruhig. Ich sagte kein Wort. Aber still war es dennoch nicht. Ich hör­te die Bäume in der Sommerpriese rauschen und die Vögel zwitschern. Ich hörte den klei­nen Bach plätschern, der sich durch den Garten schlängelte und vom Westflügel drang lei­se klassische Musik an mein Ohr. Ich atmete, mit geschlossenen Augen, tief ein. Ich roch das Gras und auch die Blüten, die es überall in diesem Garten gab. Ich machte die Augen wieder auf und erkannte, dass ich vieles verpasst hatte in meinem Leben. Vorlauter Arbei­ten und Funktionieren habe ich verlernt zu Leben. Und das Leben zu genießen, womit ich nicht nur mein Leben meinte. Ich meinte auch auf die Anderen zu achten. Vor allem die Flora und Fauna zu genießen und zu respektieren. Einfach einen Moment innehalten und der Schönheit der Natur Ehre zu erweisen um sie zu beachten.

Ich zog meine Schuhe und Socken aus und ging mit nackten Füßen auf den Rasen. Das hatte ich das letzte Mal in meiner Kindheit gemacht. Es war ein schönes Gefühl, wie die Grashalme zwischen meinen Zehen kitzelten. Ich war glücklich. Ich lief über den Rasen und verspürte die Lust am Rennen. Meine Schritte wurden schneller, bis ich schließlich über den Rasen rannte. Im Rennen machte ich meinen Pferdeschwanz auf. Meine Haare wehten in der lauen Sommerpriese. Ich lachte und jauchzte, wie ein kleines Kind. Ich ließ mich schnaufend ins Gras fallen und lag auf dem Rücken mit Händen und Füßen weit vom Körper weg in der Sonne. Sie blendete mich aber es störte mich nicht. Ich genoss die wär­me auf meiner Haut. Ich pfiff auf vermeintliche Grasflecken. Ich war endlich wieder ich. Das lebensfrohe Mädchen von früher. Ich fühlte mich, wie Heidi als, sie von Frankfurt, nach langer Zeit, wieder auf die Alm konnte zu ihrem Großvater.

Ich hatte verlernt zu hören, zu riechen, zu sehen, zu fühlen und vor allem zu lachen. Ich hatte verlernt zu leben!!

Was dieser Markus doch in mir ausgelöst hatte. Er hat mir die Tür zu mir wieder geöffnet. Er war ein ganz besonderer Mensch. So einen Menschen traf man nicht alle Tage.

Ich überlegte mir, ob es vorhin richtig war, so mit ihm umzugehen.

Ich entschloss mich ihn zu suchen, um mich für meine Taktlosigkeit zu entschuldigen. Es war nicht nett ihn so anzufahren. Ich stand auf und ging so, wie ich war, auf die Suche nach ihm.